Die Schmiede der Dämonen (Colton Sharman. Engelskrieger) (German Edition)
heraus. Er findet Tiere ehrlicher. Ganz genau konnte er mir das nie erklären .«
Jetzt bogen die beiden von der schmalen, unasphaltierten Straße in die Heide ab. Finlay warnte Melissa vor aus dem Boden ragenden Steinen, die in der Dunkelheit schlecht zu sehen waren. In einiger Entfernung blökten die Schafe leise vor sich hin.
» Aber er hat natürlich recht. Tiere sind ehrlicher. Sie sind nicht zur Lüge fähig .«
»Dafür aber können sie aber auch nichts Neues schaffen .«
»Ist das so wichtig ?«
»Ich finde schon. Ohne sie hätten wir nicht die ganze, wunderbare Kultur .«
»Armut, Kriege, Eifersucht und Gewalt … Auf manche Sachen kann ich ganz gut verzichten !«
»Der alte Konflikt zwischen Gut und Böse. Wie banal der manchmal einem erscheint .«
»Und auf welcher Seite stehst du, Finlay ?«
Finlay lachte leise. »Wenn ich das so genau wüsste. Durch meine Arbeit habe ich manche Situation erlebt, die äußerst zwiespältig war und ich habe eigentlich immer mitgemacht .«
»Skrupel?«
»Seit einigen Jahren, ja !«
In diesem Moment erschien die Herde vor ihnen. An ihrem Rande ragte eine große, dunkle Gestalt in den mondhellen Himmel.
»Finlay ?« , tönte die tiefe Stimme des Hirten durch die Nacht.
»Und Melissa !« , sagte Finlay.
»Was ist passiert? Warum ist die Feuerwehr unterwegs? Ist irgendetwas mit dem Hotel? Es sieht aus, als würde es brennen .«
»Das ist richtig. Das Hotel brennt .«
»Und Peter und Laura?«
»Ich habe nichts von ihnen gehört .«
»Wer sind Peter und Laura ?« , wollte Melissa wissen.
»Die Besitzer. Sehr nette Menschen !« , sagte Finlay.
»Verdammt! Kannst du mich rüber bringen ?« , sagte Colton fast gleichzeitig.
»Tut mir leid, Colton. Mein Wagen springt immer noch nicht an. Ich habe den Wackelkontakt in der Lichtmaschine noch nicht reparieren lassen können. Vielleicht kann dich Melissa fahren ?«
Wieder einmal hatte Melissa das Gefühl, dass Finlay ihr etwas verschwieg. Sie mochte den alten Mann äußerst gerne und glaubte auch nicht, dass er ein falsches oder bösartiges Spiel spielte. Und trotzdem: als er vorschlug, dass Melissa Colton begleiten sollte, hatte er nicht nur die bequeme Fahrgelegenheit im Sinn. Aus irgendeinem Grund schien er zu wollen, dass sie beide besonders viel miteinander zu tun hätten.
»Melissa ?« , fragte Colton.
»Gerne .« , sagte sie und ärgerte sich gleichzeitig darüber, dass sie so schnell nachgegeben hatte. Sie hätte vielleicht aus Finlay noch einige Informationen herauspressen können. »Was ist mit deiner Herde ?«
»Tyr und Hafgan können auf sie aufpassen. Lass uns gehen .« Colton sprach mit einer solchen Bestimmtheit, und zugleich lag in seiner tiefen Stimme ein solcher schmelzender Ton, dass Melissa gar nicht hätte widersprechen können.
Der Hirte gab seinen Hunden einige knappe Befehle, dann schritt er durch die Dunkelheit davon, in Richtung Dorf, ohne auf die anderen zu warten. Melissa und Finlay folgten ihm etwas langsamer.
Kapitel 4
Eine Viertelstunde später saßen Melissa und Colton in dem kleinen Austin und hoppelten über die schlecht geglättete Straße, die kaum mehr als ein Feldweg war. Colton hatte beim Einsteigen sichtbare Mühe. Seine langen Beine passten nur schlecht zwischen den Sitz und das Armaturenbrett. Sein breiter Rücken bedeckte die ganze Lehne. Er fühlte sich sichtbar unbequem und wenn ein Schlagloch ihn in die eine oder andere Richtung warf, räusperte er sich missfällig.
In Wirklichkeit war er tief besorgt. Nicht erst, seit Melissa aufgetaucht war, fühlte er in sich einen hartnäckigen Drang, etwas äußerst Aggressives, das er nicht benennen konnte und das er von sich auch eigentlich nicht kannte. Wenn er zurück dachte, musste es ungefähr im März begonnen haben, vielleicht auch schon etwas früher. Es war wie eine kleine Wucherung oder ein Geschwulst, das sich nach und nach immer mehr Platz verschaffte und alles andere um sich herum verdrängte. Colton hatte sich selbst nie als aggressiv erlebt. Er mochte die ruhigen Tage ohne Hektik, die friedlich weidenden Schafe und das lange Nachdenken über die Texte, die er las. Dass er jetzt eine ganz andere Seite an sich entdeckte, ja, entdecken musste, beunruhigte ihn allerdings nicht so sehr, als dass er das Gefühl hatte, diese Veränderungen seien eine Reaktion. Eine Reaktion auf das, was in den letzten Wochen in der Umgebung passiert war. Sicherlich, sie waren alle beunruhigt, alle Menschen, die in der
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