Die schöne Betrügerin
dumme, nur allzu empfängliche, wahnwitzige Idiotin. Sie hatte gewusst, welche Wirkung James auf sie ausübte, doch sie hatte unbedingt glauben wollen, dass sie bei diesem Spiel die Oberhand behalten würde.
Es hat dir sehr gut gefallen.
Phillipa setzte sich auf und zog sich den Hut über die Augen. Sie war nicht in Stimmung, auf ihre widerstreitenden inneren Stimmen zu hören. Sie wusste genau, worin ihr Problem bestand…
Was auch immer James mit ihrem Vater vorhatte, sie hatte eine Schwäche für diesen Mann.
Endlich kamen sie am Ashton Square an. Phillipa wollte sich nicht von einem Lakaien schultern lassen, also beschloss sie »aufzuwachen«, als die Kutsche vor dem Cunnington Haus zum Halten kam. Sie stand eine Weile mit James auf dem Bürgersteig, während er Collis mit ein paar aufmunternden Worten nach Hause verabschiedete. Er missverstand ihr Schweigen offensichtlich als Katzenjammer, denn er geleitete sie mitfühlend ins Haus.
»Ich habe Denny gesagt, dass er nicht zu warten braucht. Kommen Sie mit in mein Zimmer. Da bewahre ich meine Geheimmedizin für den trinkenden Mann auf.«
»Nein, ich -«
»Ich dulde keinen Widerspruch, Phillip. Sie haben ja keine Ahnung, was Ihnen morgen blüht. Kommen Sie, los.« Er lächelte, aber sie sah ihm an, dass er nicht nachgeben würde. Er geleitete sie hinauf in sein Schlafzimmer.
Das riesige Himmelbett sah in Phillipas schuldbewussten Augen wie das Banner ihres mangelhaften Charakters aus.
Verräterin
, schrie das Bett,
du willst ihn immer noch haben.
Ja, das wollte sie wohl. Sie stand reglos in der Mitte des großen luxuriösen Raumes und wagte nicht, das Bett anzusehen, in dem sie so gerne mit James gelegen hätte.
Eine zerknitterte Halsbinde landete neben ihren Füßen auf dem Teppich. Ihre Augen weiteten sich, aber sie hob den Blick nicht – auch nicht, als sie seine Manschettenknöpfe in einer Kristallschale klingeln hörte.
»Verdammt, hab einen verloren«, murmelte er mehr zu sich selbst, doch sie vernahm es sehr wohl. Sollte sie ihm sagen, dass sie ihn in dem letzten ihr verbliebenen Schleier gefunden hatte, nachdem sie vor ihm die Flucht ergriffen hatte?
Vielleicht besser nicht.
Er zog die Stiefel aus und warf sie ans Ende des Betts. Sie starrte ihn an. Einer lag über dem anderen, als umarmten sie sich. Sie machte die Augen zu. Sie sah überall nur Liebende.
»Bitte.« Er hielt ihr ein Glas vor die Nase. Sie griff automatisch danach. Die Flüssigkeit wirbelte unappetitlich im Glas herum. Das Zeug sah aus, als hätte jemand eine Handvoll Gartendreck – Laub, Insekten und dergleichen – in abgestandenes Wasser gerührt.
Es schmeckte weit schlimmer. Sie hielt das Glas weg und sah James zum ersten Mal direkt an. »Nein.«
»Machen Sie schon, Flip. Es sind Kräuter und so. Nichts Schlimmes. Ich lasse den Trunk von der Haushälterin auf meinem Landsitz machen, Mrs. Bell. Sie hat mich aufgezogen. Sie würde mich nie vergiften.«
Er drehte sich weg, zog sich das Hemd über den Kopf und warf es auf den Stapel Kleidung, als wäre sie nicht da. Dann streckte er sich, drehte sich in die eine und die andere Richtung. Phillipa schluckte, als sie die roten Kratzer sah, die ihre kurz geschnittenen Fingernägel auf seinen Schultern hinterlassen hatten.
Und sein Körper… war im Kerzenschimmer sogar noch schöner als im Mondlicht, denn seine goldene Haut schien vor animalischer Kraft zu glühen. Hypnotisiert vom Schattenspiel seiner Muskeln nahm sie einen großen Schluck des Gebräus.
Und spuckte es gleich wieder aus – auf die makellose Tagesdecke, die auf seinem riesigen Bett lag.
Sie versuchte mit brennender Zunge Luft zu holen und mit brennenden Augen zu sehen, während James leise vor sich hin fluchte.
»Verdammt. Denny wird stinksauer sein.«
Das perfekte Echo Robbies kindlicher Ängste. Das war viel. Phillipa fing gegen ihren Willen an zu lachen. Halb hysterischer Protest, halb schiere Erschöpfung mit vielleicht einem Rest verwirrender Erregung – sie lachte, bis sie nicht mehr sprechen konnte.
Sie stolperte zum Frisiertisch und ließ sich auf den Stuhl fallen, dann legte sie die Arme auf die Tischplatte, grub den Kopf in die Arme und lachte bis zum Gehtnichtmehr.
Als sie schließlich wieder fähig war, keuchend nach Luft zu schnappen, fiel ihr auf, dass es im Zimmer sehr still war. Sie warf einen Blick in den Spiegel der Frisierkommode. James lehnte an einem der Bettpfosten, die Arme vor der nackten Brust verschränkt. Sie holte tief Luft.
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