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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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hübscher als alle anderen, meine ich.“
    Während er sprach, blieb seine Miene unbewegt, sein Mund zeigte nicht einmal die Andeutung eines Lächelns. Welche Dame er wohl meinte? Plötzlich überkam brennende Eifersucht Julietta. „Aha, Signore? Habt Ihr in der Zwischenzeit doch eine Dame gefunden, die ein Geschenk Eurer Bewunderung anzunehmen bereit ist?“
    „Leider noch immer nicht“, gestand er und lehnte sich dabei mit federnder Leichtigkeit über den Ladentisch. Sie verstand plötzlich, woher er seinen Beinamen hatte. Seine Bewegungen glichen wahrhaftig denen eines Löwen, geschmeidig und wunderschön, doch gefährlich. „Aber sicherlich bald, hoffe ich.“
    „Wenn Ihr ein Geschenk für sie sucht, dann …“
    „Wenn ich nur wüsste, was ihr gefallen würde.“ Schnell und doch unendlich behutsam griff er nach Juliettas Hand und strich mit der rauen Innenseite seines Daumens sacht über ihren einfachen Silberring. „Aus Juwelen scheint sie sich nichts zu machen.“ Sein Blick glitt über den einfachen schwarzen Mantel, der am Haken neben der Tür zum Lagerraum hing. „Und für edle Pelze schwärmt sie auch nicht.“
    Fast hätte Julietta ungläubig aufgelacht. Sie? Sie wollte er beeindrucken, während alle Damen in der Stadt wetteiferten, ihm Blumen zu Füßen zu legen, und mit ihm das Bett teilen wollten? Doch er schien es tatsächlich ernst zu meinen. Ruhig und entschlossen sah er sie an.
    Was ging hier vor? Welche leichtsinnigen, geheimen Wünsche tief in ihrem Herzen auch lauerten, so war sie doch bestimmt kein leichtfertiges, einfältiges Mädchen, das glaubte, er würde es begehren. Aber da war erneut dieses eigenartige Gefühl von Dunkelheit, als er ihre Hand berührte. Etwas ging zwischen ihnen vor. Etwas, das sie unbedingt ergründen wollte.
    Julietta zog ihre Hand zurück, beugte sich dann aber näher zu ihm herüber, bis sie den sauberen Duft von Seeluft, der ihn umgab, riechen konnte. „Karneval ist eine ganz besondere Zeit. Man sagt sogar, es sei eine magische Zeit“, flüsterte sie. „Masken machen die Menschen frei, lassen sie die Wahrheit hinter den offensichtlichen Dingen erkennen. In dieser Zeit erfüllen sich Wünsche und Hoffnungen. In den geheimnisvollen Nächten des Karnevals, Signore, findet Ihr vielleicht, wonach Ihr sucht. Und das, wonach Ihr Euch immer gesehnt habt.“
    Schweigend blickten sie einander an. Nicht gefühlvoll, sondern hart und durchdringend. Julietta wusste nicht, wie sie dazu gekommen war, so etwas zu sagen. Ihre Mutter hatte immer behauptet, dass sie zu verschwiegen sei, zu viel nachdenken würde und nicht leidenschaftlich sei. Manchmal, meine Tochter, hatte sie gesagt, musst du einfach dein Herz sprechen lassen.
    Das war leichter gesagt als getan. Juliettas Mutter hatte stets ihr Herz sprechen lassen. Und was hatte es ihr gebracht? Doch Julietta wusste, dass sie selbst gerade eben genauso gehandelt hatte. Karneval war eine ganz besondere Zeit. Dann war ihr wirkliches Leben – die geheime Kammer, Ermano Grattiano, ihre Vergangenheit in Mailand – alles war dann für kurze Zeit vergessen. Hinter einer Maske war alles möglich.
    „Meint Ihr das wirklich, Madonna?“, fragte Marcos ernst.
    Julietta nickte.
    „Gebt Ihr mir dann die Ehre, mich zur großen Eröffnungsfeier nach dem Festumzug auf der Piazza San Marco zu begleiten?“ Er beobachtete sie genau, sein Blick aber war unergründlich.
    Lass dein Herz sprechen, Julietta! „Ja, Signore, ich werde Euch zur ersten Karnevalsfeier begleiten.“

6. KAPITEL
    Eine dichte Menschenmenge schob sich an den Ufern des Canale Grande entlang, eine lebendige, fließende Masse, arm und reich, in Samt und Leinen, maskiert und unmaskiert. Der süßlich modrige Gestank, der stets von den Kanälen aufstieg, der Geruch der vielen Menschen, der Duft von vielen verschiedenen Parfüms vermengten und verflochten sich mit dem Lachen, dem Stimmengewirr und der Musik zu einer schwülen Wolke, die schwer über ganz Venedig lag. Es war der Tag, an dem die Karnevalszeit endlich eröffnet wurde. Kein Venezianer wollte dieses Schauspiel missen.
    Auch Julietta wollte sich die Zeremonie nicht entgehen lassen. Mühsam bahnte sie sich ihren Weg durch das Getümmel. Sie nutzte ihre ungewöhnliche Körpergröße, um über die Menschenmenge hinwegzuschauen und einen idealen Standort zu finden, von dem aus sie den Festumzug beobachten konnte, bevor dieser außer Sichtweite draußen in der Lagune verschwand. Bianca hielt sich dicht hinter

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