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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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Señora Elena Maria Velazquez, meine geliebte Mutter. Ihr habt genau das richtige Parfüm für sie kreiert, querida. Sie ist wirklich die Güte und Freundlichkeit in Person.“
    „Veilchen und Rosen“, sagte Julietta. „Und die andere?“
    „Sie hat mich geboren, hier in der Serenissima. Veronica Rinaldi war ihr Name.“
    „Rinaldi?“ Den Namen hatte sie schon einmal gehört, das wusste sie. Aber wo? Venedig war ein Dickicht von Romanzen, Klatsch und Komplotten, die sich über Jahrzehnte verfolgen ließen. Selbst alte Geschichten waren immer wieder gegenwärtig, nutzten immer irgendwie und irgendjemandem. „Sie war keine Kurtisane, mehr eine …“ Plötzlich erinnerte sich Julietta. „Sie wurde ermordet … von einer Diebesbande … im Karneval. Nach einem Fest im Palazzo von Ermano Grattiano.“
    „Ja. Ermordet von Dieben“, erwiderte Marcos barsch.
    Seine Worte waren voller Schmerz und Rage. Wut, die sie verstand … oh ja, bei allen Heiligen, sie verstand diese Wut nur zu gut. Die geliebte Mutter auf grausame, brutale Weise zu verlieren riss einem die Welt in Fetzen. Man kam nie darüber hinweg. Der Verlust war ein bleibendes Wundmal, genau wie die Scharte am Rumpf dieses Schiffes.
    Sie langte nach seiner Hand, um ihn zu trösten und um mehr zu erfahren. Doch er wandte sich ab und starrte aus dem Bullauge.
    Julietta trank den Rest ihres Weins aus. Ein wenig ratlos blickte sie auf das Bild, aber die blauen Augen und das schelmische Lächeln verrieten ihr auch nicht mehr über das traurige Ende der Veronica Rinaldi.
    „Ihr müsst sehr jung gewesen sein“, versuchte Julietta es erneut.
    „Ich war sechs.“ Sie hörte, wie er sein Glas leerte.
    „War Ermano ihr Liebhaber?“
    „Natürlich. Aber einer von vielen. Meine Mutter war schön, geistreich und voller Lebensfreude, sie war die begehrteste Frau in der Stadt. Er musste sie haben, um jeden Preis.“
    Das konnte sich Julietta vorstellen, sehr gut sogar. Ermano wollte immer das Beste für sich, wollte immer das haben, was er noch nicht besaß. „Was geschah nach ihrem Tod? Wie kamt Ihr nach Spanien?“
    „Ich sah die Mörder, aber die Mörder sahen mich nicht. Ich versteckte mich hinter einem Paravent, und als sie sich nach dem brutalen Verbrechen die Juwelen genommen hatten und gegangen waren, bin ich geflohen. In blinder Panik bin ich hinaus in die Nacht gerannt, bis ich in der Nähe des Arsenals ein Boot fand, in dem ich mich verkroch. In diesem Boot wurde ich am nächsten Morgen in die Lagune gerudert und reiste als blinder Passagier auf einem Schiff, dessen Ziel Barcelona war. Das Schiff gehörte Juan Velazquez. Er hatte Mitleid mit mir und brachte mich zu seiner Frau. Sie konnten leider keine eigenen Kinder bekommen und nahmen mich an wie ihr eigenes. Ich denke immer an Veronica, obwohl …“
    Unvermittelt schlug er mit der flachen Handgegen die Wand. „Ich war ein Feigling! Ein Drückeberger! Unglaublich, sie einfach so daliegen zu lassen. Ich hätte ihre Mörder sofort verfolgen müssen.“
    „Nein!“, widersprach Julietta heftig, eilte zu ihm und griff nach seinem Arm. Marcos versuchte, sich ihr zu entziehen, aber sie ließ ihn nicht los. „Ihr wart doch noch ein Kind. Was hättet Ihr denn tun können?“
    Marcos starrte sie an, ohne sie richtig zu sehen. Die Vergangenheit hatte ihn eingeholt. „Ich hätte sie rächen müssen.“
    Julietta schüttelte den Kopf. „Sie hätten Euch auch getötet. Es war richtig, fortzulaufen. So konntet Ihr heranwachsen und der Mensch werden, der Ihr jetzt seid.“
    „Ein Feigling?“
    „Nein! Ein Mann, der fähig ist, maurische Piraten in die Flucht zu schlagen und ein Schiff so gut zu führen, wie es die Treue Eurer Mannschaft Euch gegenüber offensichtlich beweist, der kann nur ein Mann sein, der außerordentliche Stärke und Mut besitzt.“ Sie sah ihn verschmitzt lächelnd an. „Außerdem brauchte es gewiss Mut, sich mit mir einzulassen.“
    Er schenkte ihr ein kaum merkliches Lächeln, und in seinen Augen glimmte beinahe die alte Entschlossenheit auf. „Ich hätte ihren Tod rächen müssen, Julietta. Aber ich, ihr Sohn, habe sie in Grattianos Haus in ihrem Blut liegen lassen.“
    Und wo war Ermano, als das geschah?, überlegte Julietta. Warum hatte er seine Gespielin nicht gerächt? Warum hatte Marcos nie erwähnt, dass er Ermano schon von früher kannte? Doch bevor sie Antworten auf ihre Fragen suchte, musste sie Marcos von diesem Abgrund von Schuld und Schmerz fortlocken. Sie wusste

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