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Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wäre.
    Sie folgte ihnen.
    Drinnen war es dämmrig und ruhig.
    Vor dem Altar brannten dicke weiße Kerzen auf schönen Silberkandelabern. Die Frauen waren wohl zum Beten in einer Seitenkapelle verschwunden, während sie langsam nach vorne ging.
    Ein Bild im Chor zog ihren Blick an, Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm, kein Säugling, sondern ein schön gestalteter kleiner Junge, dessen nackte Beine aus dem Gewand ragten. Darunter stand in einer hohen Vase ein Kräuterbusch. Drapiert um eine stolze blaue Königskerze entdeckte sie Johanniskraut, Beifuß, Rainfarn, Schafgarbe, Kamille, Thymian, Baldrian, Eisenkraut – und Wermut.
    Abermals jene hässliche Bitternis auf ihrer Zunge.
    Und in ihrem Herzen.
    Alles war plötzlich wieder so gegenwärtig, als sei es erst gestern geschehen – die Angst, die Hoffnung, der Schmerz, die Scham, der Ekel, die Trauer, die Leere …
    Genau davor hatte sie davonlaufen wollen.
    Und spürte es in dieser unbekannten Kirche nur noch umso deutlicher.
    Philippine sank auf die Knie und bedeckte das Gesicht mit beiden Händen.
    »Nicht weinen!«, hörte sie plötzlich eine Frauenstimme sagen und spürte eine zarte Berührung an der Schulter. »Sie kann alle Wunden heilen. Einen blinden Jungen sehend machen. Eine Gelähmte zum Gehen bringen. Verzweifelten neuen Lebensmut einhauchen. Schon seit Jahrhunderten vollzieht sich das hier an diesem besonderen Platz. Du musst nur daran glauben!«
    Eine der Frauen, so dachte sie zunächst, die zu ihr gekommen war, um sie zu trösten, und nickte nur kurz zur Bestätigung, weil sie sich nichts mehr als das wünschte.
    Doch als Philippine sich nach einer Weile umdrehte, war sie ganz allein.
     
    *
     
    Taus, 22. August 1556
     
    Wir sind dem Verderben entronnen – und waren ihm doch schon so nah. In meinem Kopf überschlägt sich noch immer alles, beinahe wie unser Wagen es getan hat, der uns fast zur Falle geworden wäre.
    Aber wir sind entkommen, sonst könnten meine bebenden Hände in diesem Gasthof zu Taus die Feder nicht führen und zu Papier bringen, was geschehen ist.
    Ein Wunder, wie ich glaube.
    Das ich dem Gnadenbild des Regensburger Kirchleins verdanke?
    Die Gottesmutter steht uns bei, wenn wir in Not geraten. Ich hatte beinahe vergessen, daran zu glauben.
    Doch heute bin ich eines Besseren belehrt worden.
    In Fürth, einem kleinen Flecken, machen wir Rast, weil wir hungrig und vor allem sehr durstig sind. Es gibt nur ein schäbiges Wirtshaus auf unserer Route, vor dem Babette zurückschreckt, und zum ersten Mal auf unserer Reise gebe ich ihr recht.
    Doch Peter und sein Vater drängen zum Einkehren.
    Wir sind nicht die einzigen Gäste. Am Nebentisch trinkt ein finsterer Geselle, der immer wieder zu mir herüber stiert. Später sehe ich ihn mit dem Wirt tuscheln. Dann serviert uns dessen Tochter Eintopf und Bier. Das fettige Zeug, in dem viele Flachsen dümpeln, bringe ich nicht hinunter, und trotz meines Durstes stoße ich den Humpen nach dem ersten Schluck weg. Das Gesöff ist trübe, schmeckt bitter und widerlich. Ich mag es nicht trinken und halte mich an Wasser, das ebenfalls abgestanden und brackig ist. Jörg, der Brauer, teilt meine Ansicht, ist aber so ausgedörrt, dass er nach seinem sogar auch noch meinen Humpen leert.
    Sein Blick ist glasig, als wir aufbrechen, sein Gang wacklig.
    Meinen Vorschlag, sich auszuruhen, lehnt er ab.
    Mit Peters Hilfe erklimmt er den Kutschbock. Die Pferde scheinen seine Unsicherheit zu spüren und gehorchen nicht wie gewohnt, was ihn aufbringt. Er, sonst die Ruhe selbst, beginnt zu schreien und zu krakeelen, als sei ein böser Geist in ihn gefahren – und plötzlich weiß ich, woraus die winzigen Stückchen bestanden, die wie winzige Flocken im Bier geschwebt sind: Bilsenkraut!
    Ich schreie ihm zu, dass wir anhalten müssen, bis das Gift aus seinem Körper ist, er aber will nicht auf mich hören und drischt wie ein Verrückter auf die armen Tiere ein.
    Auf einmal ein Ruck, dann ein dumpfes Geräusch. Jemand muss vom Bock gefallen sein.
    Peter schreit auf, spitz und hilflos wie ein Kind.
    Die Kutsche gerät in eine Furche und legt sich quer. Babette fällt auf mich und begräbt mich unter ihrem stattlichen Gewicht. Ich schreie auch und strample, versuche, mich zu befreien, da wird die Tür aufgerissen, und das Gesicht des Finsterlings aus der Kneipe erscheint.
    Er hält ein Messer in der Hand. Wenn wir uns wehren, wird er uns die Kehle durchschneiden, brüllt er.
    Babette reißt er den Beutel vom

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