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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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können auch an Ort und Stelle miteinander sprechen. Bei dem
ganzen Trubel sind wir ja quasi ungestört.«
    »Also gut«, entgegnete Moni Weiß. »Was möchten Sie wissen?«
    »Melanie Rosskämper war in Ihrem noch laufenden Kurs als Teilnehmerin
eingeschrieben. Wie verhielt sie sich denn im Kurs? Welchen Eindruck hatten Sie
von ihr?«
    »Als Künstlerin oder als Mensch?«
    »Beides«, antwortete Ferschweiler.
    »Nun ja, handwerklich hatte sie als Künstlerin ganz gute
Voraussetzungen. Eigentlich. Aber sie war nicht sehr kreativ.«
    »Das klingt bei vielen anderen an der Akademie ganz anders.«
    »Na sicher, die haben ja auch alle eine rosarote Brille auf, was Frau
Rosskämper betrifft. Nein, ohne Frage, sie hatte Talent. Vieles von dem, was
sie mir gezeigt hat, bevor sie in meinen Kurs kam, war wirklich gut. Sie hatte
Biss und ein gutes Gespür für die tiefen Stellen, wenn Sie verstehen, was ich
meine.«
    Während de Boer wissend nickte, musste Ferschweiler nachhaken.
    »Nein, ich weiß nicht, was Sie meinen. Könnten Sie es mir erklären?«
    »Na, sehen Sie«, immer noch lächelte die Künstlerin – Ferschweiler
fühlte sich an die Mona Lisa erinnert –, »sie hat die Tiefen der menschlichen
Seele auszuloten versucht: die unterschiedlichen Ängste, die viele von uns
heute haben, das Leiden an den kleinen Dingen des Alltags, der Schmerz, der die
meisten von uns als permanentes Gefühl, wenn nicht körperlich, so doch seelisch
begleitet und quält. Und da hatte sie gute Ansätze, da war sie wirklich auf dem
richtigen Weg. Aber ihr fehlte das Eigene, sie war, um das Kind einmal beim
Namen zu nennen, nur eine Nachahmerin. Sie schuf nichts aus sich selbst heraus,
obwohl alles in ihr schlummerte.«
    »Sie meinen also, Frau Rosskämper war so eine Art Freiherr von Guttenberg
im Bereich der Kunst?« Ferschweiler fiel kein besserer Vergleich ein.
    »Ja, durchaus.« Moni Weiß schien das gewählte Beispiel nicht zu
irritieren. »Man muss die Kategorien natürlich fein säuberlich trennen. Auch
Melanie Rosskämper schöpfte aus fremden Quellen, obwohl sie eigentlich eine
konkrete Vorstellung von dem hatte, was sie eigentlich ausdrücken wollte. Aber
ihr fehlte eben die für den Ausdruck des Innerlichen nötige Sprache. Was das
angeht, war sie völlig unbegabt. Melanie Rosskämper hängte ihr Fähnlein immer
nach dem Wind, der in den jeweils von ihr besuchten Seminaren wehte. War sie
etwa bei dem bekloppten Breesich, dann machte sie mit dem Vorschlaghammer
Kunst. Und auch bei ihren anderen Dozenten verhielt es sich ähnlich: Stets
imitierte sie deren Handschriften, wohl immer in der Hoffnung, auf diesem Wege
viel Beachtung und Lob zu erhalten.«
    »Und«, Ferschweiler war neugierig, »erhielt sie dieses Lob dann auch?«
    Als Moni Weiß antwortete, konnte er einen leichten Anflug von
Sarkasmus in ihrer Stimme erkennen.
    »Tja, Herr Kommissar. Natürlich. Was denken Sie? Sie haben sie ja
gesehen. Hätten Sie einer Frau wie ihr widerstehen können, wenn sie Ihnen ein
eindeutiges Angebot gemacht hätte?«
    Ferschweiler wurde rot. Tatsächlich hatte er sich bereits genau
dieselbe Frage gestellt.
    »Sie meinen also, wenn ich Sie richtig verstehe, Frau Weiß, dass
Melanie Rosskämper sich Lob, Zustimmung und Unterstützung bei der Vermarktung
ihrer Kunst durch Sex quasi erkauft hat?« Ferschweiler war froh, wieder in die
Offensive gehen zu können.
    »Genau. So würde ich es sagen. Sie war eine Person, die mit ihrem
Körper in gewisser Weise Geschäfte gemacht hat.«
    »Aber das tun Sie auch, Frau Weiß«, mischte sich de Boer, der bisher
voller Ehrfurcht vor der renommierten Künstlerin geschwiegen hatte, in das
Gespräch ein. »Auch Sie nutzen Ihren Körper für Ihre Kunst. Und die verkauft
sich doch sehr gut.«
    Moni Weiß’ Lächeln wandelte sich vom sarkastischen hin zum mitleidigen.
    »Aber natürlich nutze ich meinen Körper auch für meine Kunst. Und
natürlich möchte ich auch von meiner Kunst leben können. Aber mal ehrlich, Herr
Kommissar«, sie schaute Ferschweiler tief in die Augen, »wenn ich meinen Körper
bemale und ihn dann abfotografiert in einer Ausstellung entfremdet präsentiere:
Ist das das Gleiche, wie wenn ich mit meinen Sammlern und Kollegen ins Bett
gehe? Sicher nicht, oder?«
    De Boer blickte betreten zu Boden. Er schien seinen unüberlegten
Vorstoß zu bereuen.
    »Und was mich am meisten aufgeregt hat«, jetzt lächelte Moni Weiß
nicht mehr, ihr leuchtend rot geschminkter Mund hatte sich wie zu

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