Die Schoene und der Milliardaer
ihn zukam und ihm eine Mappe zusteckte. Ondrassy-von-Neumann hatte die Fotos bereits gesehen. Unmissverständlich zeigten sie eine Frau aus seiner Familie. Das konnte nur seine verschwundene Nichte Sonya sein. Den Bildern, die er bereits aus der australischen Presse und dem Internet kannte, waren ein paar neue hinzugefügt, die Sonya auf der Flucht vor Paparazzi zeigten. Auch sie belegten, wo sie Zuflucht gefunden hatte.
Im Gegenzug händigte er dem Mann einen dicken Umschlag mit Geld aus. Das hatte sein Informant sich verdient. Denn nun wusste er, dass Sonya in Sydney lebte und sich mit Nachnamen Erickson nannte. Er hatte wirklich Glück gehabt, dass ihr Verlobter eine bekannte Persönlichkeit gewesen war. Sonst hätte es noch länger gedauert, sie zu finden. Fast professionell hatte sie ihre Spuren verwischt. Es nötigte ihm fast Bewunderung ab. Aber das änderte nichts an seinen Plänen.
Er war Ungar, und obwohl Amerika ihm und seiner Familie Glück gebracht hatte, zog es ihn zurück zu seinen Wurzeln. Deshalb hatte er viel Geld in sein Heimatland flieÃen lassen, der Familienstammsitz mit dem von ihm restaurierten Schloss befand sich wieder in seiner Hand. Alles war unter Dach und Fach.
Er war der Ondrassy-von-Neumann-Erbe. Das Oberhaupt der Familie. Katalin und Lilla waren tot. Nur Sonya lebte noch aus der Linie des älteren Bruders seines Vaters. Er war milder geworden mit den Jahren, auch reicher. Wenn sie ihm freiwillig die Madonna überlieÃ, würde er ihr nichts tun. Zehn Millionen Dollar sollten genügen, um ihr die Entscheidung leichter zu machen. Sie wusste ja, dass es dumm wäre, sich ihm zu widersetzten. Sie würde einsehen, dass sie einen guten Handel machte, und einwilligen. Alles andere wäre unvernünftig. Immerhin gehörten sie zu einer Familie.
Er war Graf Ondrassy-von-Neumann. Den Titel betrachtete er als noch immer in Kraft. Sonya sollte es ja nicht wagen, Anspruch auf den alten Familiensitz zu erheben und sich Gräfin zu nennen. Gegen ihn hatte sie keine Chance. Katalins wahre Identität lieà sich nicht mehr feststellen. Alle Hinweise darauf waren ausgerottet wie die Pest. Wie ihr Vater, der alte Graf, der dumm genug gewesen war, in seinem Schloss auszuharren, bis sowjetische Soldaten ihn verschleppten, galt auch sie als Kriegsopfer. Geheiratet hatte sie Jahre nach ihrer Flucht unter irgendeinem bürgerlichen Namen. Lilla war die Tochter eines einfachen Mannes. Unter diesen Umständen musste er sich eigentlich wundern, dass jemand in Katalins Enkelin überhaupt eine Nachfahrin der Ondrassy-von-Neumann vermutete.
In dem Moment, als sie die Tür ihrer Wohnung hinter sich zuschlug, klingelte das Telefon. Sonya war noch auÃer Atem. Sie war auf dem Rückweg vom Supermarkt von dem Wagen eines Fernsehsenders verfolgt worden, darin eine Frau und ein Mann, die nach ihr Ausschau gehalten hatten, um ihr Fragen zu stellen. Gehetzt wie ein Tier fühlte sie sich.
âDu musst sofort aus deiner Wohnung verschwinden.â
Das war David. Wenn er sie anrief, dann um ihr Anweisungen zu geben. Es tat weh, so behandelt zu werden. Aber auf Umgangsformen schien er verzichten zu wollen. Und Freundlichkeiten erwartete sie längst nicht mehr von ihm.
âIch gehe nirgendwohinâ, sagte sie. âDie Medien jagen mich, sobald ich mich auf der StraÃe sehen lasse. Hast du schon mit deinen Eltern gesprochen?â Ein Foto von den Wainwrights nach ihrer Landung in Sydney war heute auf den Titelseiten der Blätter abgebildet. Einen Kommentar hatte das Ehepaar verweigert. Doch es wirkte tief erschüttert.
David seufzte. âKeiner von beiden möchte dich auf der Beerdigung sehen, Sonya.â
âUnd du?â Seine Antwort war wichtig, denn wenn er auch Nein sagte, musste sie ihn sich endgültig aus dem Herzen reiÃen.
âDu hast das Recht zu kommen. Das Problem ist, dass du Aufsehen erregen würdest.â
âZu schadeâ, sagte sie kalt. âMarcus hätte gewollt, dass ich bei seiner Beerdigung nicht fehle. Er liebte mich. Hast du das vergessen?â
âHör zu, Sonya. Ich bin schrecklich müde. Meine Eltern machen mir deinetwegen die Hölle heiÃ.â
âDu fügst dich also? Ich verstehe.â Ihr Herz wurde schwer.
âDenk das bloà nicht. Ich kann gut mit der Hitze umgehen. Aber das Ganze ist, das musst du doch zugeben, ausgesprochen scheuÃlich. Allein, was die Medien
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