Die schoenen Hyaenen
Schneidersitz ließ sie sich auf dem Boden neben dem Telefon nieder.
»Danke, daß Sie gewartet haben, Mr. McLain.«
»Nennen Sie mich Michael. Sind Sie allein?«
Sharleen befand sich ja tatsächlich allein in dem leeren Zimmer. Dean schlief nebenan. Also bejahte sie die Frage. Offenbar ging es ja um Berufliches.
»Gut. Was halten Sie von einem Abendessen mit mir?« »Ja, natürlich gern. Wann denn?«
»Wie wär's mit heute abend?«
»Ich hab schon gegessen.« Es war inzwischen neun Uhr. Normale Menschen aßen um fünf oder sechs Uhr. Sie wollte Mr. McLain keine Abfuhr erteilen. Doch konnte sie überhaupt ausgehen und Dean alleinlassen?
»Wie sieht es denn mit einem Drink aus?«
»Alkohol trinke ich nicht. Aber wenn es Ihnen recht ist, können wir ja einen Kaffee zusammen trinken.«
»Sehr gut. Ich hole Sie in zwanzig Minuten ab.«
»Sagen wir lieber eine halbe Stunde. Ich muß mich noch umziehen.«
Sharleen blieb nach dem Gespräch regungslos sitzen. Das kann doch nicht wahr sein, dachte sie. Michael McLain ruft doch keine fremden Mädchen aus dem Nichts heraus an und lädt sie ein. Andererseits gingen die Uhren in Hollywood anders, und sie war nun ein Star.
Endlich sprang sie auf und lief über den glatten Parkettboden ins Schlafzimmer. Jetzt achtete sie nicht darauf, ob sie Dean weckte. Sie mußte etwas Passendes anziehen. Aus einer der noch unausgepackten Umzugsschachteln zog sie eine rauchblaue Seidenbluse und weiße Jeans.
Im Badezimmer verwendete sie etwas flüssiges Make-up, wie es ihr Marc von der Maske gezeigt hatte, stäubte ein wenig Rouge über die Wangenknochen, bürstete ihr Haar und band es in einem Pferdeschwanz mit einem blauen Seidentuch zusammen.
Als sie wieder ins Schlafzimmer zurückkehrte, wachte Dean auf. »Was ist denn, Sharleen?«
»Schlaf weiter, Liebes. Ich muß mal kurz weg. Geschäftlich.«
»Du arbeitest zuviel«, murmelte Dean und schlief schon wieder ein.
In der warmen Nacht überlief Sharleen ein wohliger Schauer. Sie stand auf ihrem eigenen Besitz. Sie hatten sich ein hübsches Haus mit Garten und Swimmingpool gekauft. Momma, dachte sie, ich habe jetzt sogar eine Verabredung mit deinem Lieblingsfilmstar.
Sharleen setzte sich auf einen Stuhl hinter dem schmiedeeisernen Gitter vor der Haustür. Von hier aus konnte sie die Auffahrt überblicken. Lenny hatte das Haus für sie ausgesucht. Es gefiel ihr und Dean sehr. Sie winkte Bert, dem Mann vom Sicherheitsdienst dieses Viertels zu. Ein Wagen näherte sich, ein prachtvolles Fahrzeug: schwarz und mit Chrombeschlägen, die wie echtes Silber gleißten.
Bert ging auf den Wagen zu, sprach mit dem Fahrer, tippte an die Mütze und winkte ihn weiter.
Michael McLain stieg vor dem Haus aus. Er ergriff Sharleens Hände. »Sie sind also Sharleen Smith.«
»Ja, und Sie Michael McLain.« Sie blickte in die berühmten blauen Augen des Filmidols.
Der Fahrer hielt Sharleen die Tür auf, und sie stieg ein. »Wohin fahren wir denn?« fragte sie, obwohl es ihr gleichgültig war. Sie wäre McLain überall hin gefolgt.
»Sind Sie noch immer am Kaffee interessiert?«
»Ja. Kennen Sie da etwas?«
»Genau das richtige. In West Hollywood.«
»Dort war ich noch nie.«
»Die Geschäfte auf der Melrose Avenue sind völlig anders als die im übrigen L.A. Jetzt sind natürlich fast alle geschlossen. Aber wir können einen Schaufensterbummel machen.«
Sharleen konnte sich noch nicht recht vorstellen, daß Michael McLain sich in der Öffentlichkeit mit ihr zeigen wollte.
Er plauderte locker: »Sie werden in den Boutiquen das Schickste und Modernste finden. An sich brauchen Sie das alles gar nicht. Sie sind auch so schon hinreißend.«
Das Kompliment verwirrte sie. Sie lachte verlegen.
Er fragte nach der Show, ihren Kolleginnen und was sie gemacht hatte, bevor sie die Rolle bekam. Es wäre eine richtig nette Unterhaltung gewesen, hätte Sharleen nicht so nervös darauf geachtet, weder von Dean, noch ihrem Daddy oder Lamson zu sprechen.
Michael hatte nicht übertrieben, als er die Geschäfte lobte. Hier konnte man auch den ausgefallensten Geschmack befriedigen. Sharleen kam aus dem Staunen nicht heraus.
Sie gingen in ein Café, in dem »man« sich traf. Michael begrüßte die Besitzerin mit Namen. Sie wurden zu einem Ecktisch im rückwärtigen Teil des Cafés geleitet. Michael bestellte Cappuccino. Für Sharleen war das etwas Neues. »Alle starren Sie an«, stellte sie fest.
»Nein, Sharleen. Ich bin hier bekannt. Man starrt Sie an«,
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