Die schoenen Hyaenen
Nähe. Du bist wie Gift für mich. Genau wie sie.«
15.
Es gibt nur eine Sache, die schlimmer ist als ein Fernsehflop wie der von Neil Morelli, und das ist ein Hit. Hollywood haßt Verlierer, aber es haßt und beneidet die Gewinner noch mehr.
Marty DiGennaro war auch vorher schon einer der Großen gewesen. Doch nun war er noch größer und mußte ständig bessere Sendungen produzieren, und zwar solche, die seinem Ruf gerecht wurden. Bisher hatte er alle zwei Jahre einen Film gemacht. Das Fernsehen zwang ihn, jede Woche eine Folge seiner Serie herauszubringen, also jede Woche eine Art Film.
Marty war daran gewöhnt, mit Problemen fertigzuwerden. Doch mit einem so schnell wachsenden massiven Interesse an einem Projekt, an dem er noch arbeitete, hatte er sich nie auseinandersetzen müssen. Normalerweise schalteten sich die Medien, die Publizisten, Kritiker und Geldgeber erst in die Arbeit ein, wenn sie vollendet war. Nun umschwärmten sie ihn dauernd.
Dieses gottverdammte Interesse, wie er es nannte, konnte er nicht aufhalten oder bremsen. Er hatte ein Drehbuch als Saisonausklang fertig. Doch er wußte schon jetzt, daß ihm das keine Luft verschaffen würde. Er mußte die neue Saison wieder groß eröffnen.
Er hatte gehofft, einen Hit zu landen. Der Wunsch war in Erfüllung gegangen. Er hatte bei den Drehbüchern freie Hand haben wollen. Auch das war ihm zugebilligt worden. Doch der Druck machte ihn fertig.
Am schlimmsten war die Sache mit Lila. Er, Marty DiGennaro, hatte ja einen Namen. Ihm waren einige Oscars verliehen worden. Nun brachte sein mit Risiken und Bedenken behafteter Einstieg in die Welt des Fernsehens nicht nur Achtungserfolge, sondern auch landesweite Anerkennung und unglaublich hohe Gewinne für den Sender. All das bewirkte absolut nichts bei Lila Kyle, der Frau, die er zu einem Star gemacht hatte. Er versorgte sie mit den besten Texten, gab ihr die wirksamsten Szenen. Seit dem missglückten Treffen zum Abendessen fehlte jeder Kontakt.
Wenn Lila etwas bemängelte, gab Marty nach. Wenn sie um etwas bat, bekam sie es von ihm. Sie hätte Grund genug gehabt, ihm zu danken. Doch das tat sie nicht.
Es gab nicht einmal einen anderen Mann in ihrem Leben. Sally hatte das für Marty recherchiert. So wußte Marty, daß sie sich mit Michael McLain getroffen hatte. Doch die Verabredung endete früh. Seither nichts. Sally war ihr zwei Wochen lang überallhin gefolgt. Ergebnislos. Marty dachte daran, daß sie lesbisch sein könnte. Doch Freundinnen hatte sie ebensowenig.
Galt ihre ganze Aufmerksamkeit der Arbeit? Doch das schloß ein Sexleben nicht aus. Irgendwelche religiöse Bedenken wären bei Lila total ausgeschlossen gewesen. Hatte sie also nur Angst vor AIDS? So häßlich bin ich doch nicht, argumentierte Marty frustriert. Ich habe Geld, halte mich fit, bin feinfühlig, selbstlos im Bett, sogar großzügig.
Natürlich wußte Lila, daß Marty es in der Hand hatte, ihre Karriere so schnell zu zerstören, wie er sie aufgebaut hatte. Doch auch das schien Lila nicht zu stören. Sie hatte ihm sogar gesagt, sie sei hinter April Irons' Neuverfilmung her. Mehr noch: Sie hatte ihn gedrängt, ihr die Hauptrolle zuzuschustern. Keine Schauspielerin hatte ihn je so behandelt. Schauspielerinnen schliefen mit ihren Produzenten. Das war Gesetz in Hollywood. Es hatte keinen Sinn, nach dem Grund für diese Regel zu fragen. Man mußte sie sich nur zunutze machen.
Bei Lila ging das nicht. Aber das stachelte Martys Begierde nur noch mehr an.
16.
Der normale Fernsehzuschauer macht sich keine Vorstellung von dem ungeheuren Druck, unter dem wöchentlich gesendete Produktionen stehen. Stars und Personal verbringen weitaus mehr Zeit miteinander als mit ihren Familien. Wenn sie nicht gerade schlafen, sind sie fast ständig zusammen. So werden Ängste, Konkurrenzneid, Eifersucht, Unsicherheiten und Intrigen, kurz alles, was ein Mensch unter Druck hervorbringt, potenziert. Verglichen mit einer Produktion dieser Art wirkt der US-Senat richtig erwachsen.
Natürlich brechen Fehden aus. Man hört von dem schlechten Benehmen der Stars bei den Aufnahmen. Solche Geschichten gibt es haufenweise. Die Frauen benehmen sich wie Kinder, die Männer wie Babys. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß die Streitereien unter Frauen bei den Medien auf mehr Interesse stoßen als die unter Männern.
Manchmal fällt es nicht schwer, die Wogen zu glätten. Man muß nur dem Star seinen Willen lassen. Gibt es nur einen echten Star, kann man leicht
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