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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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mußte von sich aus das Thema anschneiden. Doch sie ermahnte sich auch, nicht gleich loszupoltern, die Ruhe zu bewahren. Sie haßte Streit. Einige Male hatten sie sich heftig gestritten. Jedesmal hatte es damit geendet, daß Sam Türen knallend davonging und sie fürchtete, ihn nie wiederzusehen.
    Er griff nach der Zeitung.
    »Sam, ich muß mit dir über gestern abend sprechen.« »Was ist mit gestern abend?«
    »Das weißt du genau, Sam. Es geht um die Parodie. Du hast mich verletzt.«
    Er sah sie verständnislos an. »Ich? Von was redest du überhaupt? Ich versuche eine Show auf die Beine zu stellen und habe eine Rolle besetzt.«
    Warum können ansonsten völlig normale Männer keine Entschuldigung zustande bringen? Warum geben sie nie ihre Fehler zu? »Du mußtest mich nicht auf diese Weise lächerlich machen. Wolltest du mich kränken?«
    Energisch setzte Sam seinen Becher ab. »Moment mal, Mary Jane. Ich habe nur eine Parodie als Showeinlage gebracht. Wenn du deine Rolle nicht magst, spielt sie eine andere. Du machst doch die Mücke zum Elefanten. Wie kommst du darauf, ich hätte dich gedemütigt?«
    Unglaublich! Es tangierte ihn gar nicht. Das fachte ihren Zorn an. »Ich wurde auf Grund meines Aussehens lächerlich gemacht. Sag bloß, daß das nicht stimmt. Und sag mir auch, daß so was nicht entwürdigend ist.«
    »Nun nimm dich mal zusammen, Mary Jane! Ich brauchte ein >Vorher< und ein >Nachher<. Der klassische Gag. Du warst gerade da und konntest das >Vorher< machen. Du bist schließlich nicht für die Jill ausgesucht worden, weil du aussiehst wie Claudia Schiffer.«
    Das schmerzte wie ein Hieb in die Magengrube. Sam nahm die Zeitung wieder zur Hand. »Ich lasse mir jedenfalls nicht den Schwarzen Peter für dein Aussehen zuschieben. Ich habe dir schon oft gesagt, daß du mir gefällst. Hundertmal haben wir das durchgekaut. Du solltest dich allmählich zu deinen eigenen Gefühlen bekennen und sie nicht auf mich projizieren.«
    »Ich projiziere gar nichts, Sam. Ich bin gekränkt. Alle haben mich entweder ausgelacht oder bedauert. Beides finde ich scheußlich.« Mary Jane begriff, daß diese Unterhaltung ein schlimmes Ende nehmen würde. Sie fand es unerträglich, daß Sam alles auf ihr ablud.
    Sam stand mit seinem Kaffeebecher vor der Küche. »Weißt du, was dein Problem ist? Du bist paranoid.« Er verschwand im Schlafzimmer.
    Mary Jane folgte ihm. »Paranoid? Was soll das heißen, Sam? Willst du behaupten, daß das, was du gemacht hast, nicht gefühllos war?«
    Sam verdrehte die Augen und schaute genervt an die Zimmerdecke hoch. »Okay, Mary Jane, du bist jetzt nicht paranoid. Jetzt bist du nämlich hysterisch. In dieser Stimmung kann ich nicht mit dir reden.« Er zog sich in aller Ruhe an. »Ich komme wieder, wenn du dich abgeregt hast.« Er stopfte sein T-Shirt in die Jeans und nahm seine schwarze Lederjacke aus dem Schrank. Er ging zur Tür. »Krieg dich erst mal wieder ein.«
    »Du Mistkerl!« schrie Mary Jane. »So machst du es doch immer! Ständig verdrehst du die Tatsachen. Erst verletzt du mich, aber am Ende bin ich eine Furie, die dich vertreibt.«
    »Auch ich habe meine Gefühle«, erklärte er, öffnete die Tür und knallte sie dann so heftig hinter sich zu, daß der Schlüssel aus dem Schloß fiel.

9.
    Lila schlug die Augen auf. Sie versuchte, im Dämmerlicht des Gästezimmers die Uhrzeiger zu erkennen. Viertel nach elf vormittags! Das Zimmer glich einem Zelt aus Tausendundeiner Nacht. Eine Orgie in Seide. Es fehlte weder an Kamelsätteln noch Messinglampen.
    Lila rührte sich nicht. Sie versuchte sich zu besinnen. Entsetzen überfiel sie wie eine Woge. Also verdrängte sie die Erinnerungen.
    Die Tage und Nächte verschmolzen scheinbar zu einem einzigen brennenden Schmerz, unterbrochen von tiefen Schlafphasen, die Lila wie eine Gnade empfand. Erst als sie den Kopf bewegte, merkte sie, daß ihr Kissen feucht war. Sie hatte in der Nacht geweint. Mühsam versuchte sie sich darüber klarzuwerden, ob es Dienstag oder Mittwoch war.
    Wie lang bin ich eigentlich schon hier? fragte sie sich. Sieben, vielleicht acht, nein, neun Tage! Vor neun Tagen war sie aus dem Haus ihrer Mutter zu Tante Robbie gerannt. Plötzlich hatte sie Kevin wieder vor Augen, wie er sich über den Tisch beugte. Rasende Kopfschmerzen meldeten sich schlagartig zurück. Die quälten Lila seit Tagen. Sie dachte an die tierischen Laute aus Kevins Mund, sah wieder alles vor sich. Übelkeit stieg in ihr hoch. Sie schluckte hastig, um

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