Die schoenen Hyaenen
Ihnen?« fragte Ara ernst. »Sie ist von Ihrem Talent und Ihrem Durchhaltevermögen in diesem Beruf überzeugt? Seltsam. Daran erinnere ich mich nicht. Doch mein Gedächtnis ist auch nicht mehr optimal. Wissen Sie, ich respektiere Theresas Meinung. Früher entdeckte sie Talente mit traumwandlerischer Sicherheit. Ihr verdanke ich es, daß ich manchen späteren Star unter Vertrag nehmen konnte. Über Theresa habe ich Marilyn kennengelernt und James Dean. Wenn Theresa findet, daß Sie das Zeug zu einem Star haben, will ich meine Meinung überdenken. Zwar unterstelle ich, daß ihr Urteil durch ihre mütterlichen Gefühle gefärbt sein konnte. Doch sie ist kein Dummkopf. Ich bin alt und habe mich in letzter Zeit nicht mehr wohlgefühlt. Darum will ich mich ganz aus dem Geschäft zurückziehen. Aber vielleicht könnte ich doch noch einmal...«
Lila begann sich zu entspannen. Der Alte schien auf ihre Lügen hereinzufallen. Und wenn er sie nur ein einziges Mal zu Aufnahmen schickte, wußte sie, daß sie gewonnen hatte. Lächelnd bestätigte sie: »Meine Mutter steht hundertfünfzig Prozent hinter mir. Wir haben stundenlang über die Vor-und Nachteile diskutiert, und sie hat mir klargemacht, auf was ich mich einlasse.«
»Dann entschuldigen Sie mich kurz. Ich muß mal telefonieren.« Ara griff nach dem Telefonhörer.
Lilas Herz klopfte zum zerspringen. So einfach war es also. Wen mochte er anrufen? Coppola? Sherry Lansing? Barry Levinson?
Dann hörte sie ihn sprechen: »Guten Morgen, Estrella. Hier spricht Ara Sagarian. Kann ich mit Miss O'Donnell sprechen?« Er lächelte Lila spitz an.
Lila atmete flach. Verdammter Mist!
»Theresa, meine Liebe! Wie geht es Ihnen? Seit meinem lästigen Krankenhausaufenthalt haben wir uns nicht mehr gesehen. Ich möchte Ihnen noch einmal danken, daß Sie mich besucht haben. Nein, nein. Überhaupt nicht. Raten Sie mal, wer mir in diesem Augenblick, dank Ihrer Vermittlung, gegenübersitzt!« Ara lauschte einen Augenblick. Dann fuhr er fort. »Nein. Lila, Ihre Tochter. Danke, daß Sie sie mir geschickt haben, meine Liebe. Ich kann ihr wahrscheinlich helfen. «
Lila beobachtete Ara genau. Seine Miene verzog sich, wurde ernst, undurchdringlich. Theresa hatte viel zu sagen. Und Lila schoß das Blut ins Gesicht. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Was um Himmels willen brockte ihr die Puppenmutter da ein? Es war ein Fehler gewesen, auf Robbies Rat zu hören.
»Tut mir leid, daß ich Sie belästigt habe, meine Liebe. Offensichtlich habe ich da etwas mißverstanden. Wir sehen uns sicher bei der Emmy-Verleihung, nicht wahr?« Er machte eine Pause, nickte. »Gut. Ohne Sie hat die Party auch keinen Glanz.«
Ara legte auf und erhob sich. Er hinkte zu seinem Schreibtisch, fischte aus der obersten Schublade ein Röhrchen und nahm einen Tablette mit einem Schluck Wasser. Dann erst wandte er sich wieder Lila zu.
»Sie hätten eigentlich wissen müssen, Miss Kyle, daß ich nicht von gestern bin. Sie hätten mich beinahe ins Messer laufen lassen. Ihre Mutter hat Sie also nicht zu mir geschickt, und sie ist obendrein entschieden gegen Ihre Berufswahl. Sie glaubt auch, daß Sie gefühlsbedingte Probleme haben, die ein Leben in der Öffentlichkeit ausschließen. Außerdem weiß sie, daß Sie keine Spur Talent und keine Erfahrung haben. Darum hat sie Sie gebeten, aufs College zu gehen und sich einen anderen Beruf auszusuchen. Doch das alles stört mich nicht so sehr wie die Tatsache, daß Sie mich angelogen haben.«
»Mr. Sagarian, lassen Sie mich das bitte erklären«, flehte Lila verzweifelt.
»Dazu besteht kein Anlaß. Ich sehe bereits klar und werde Ihnen aus zwei Gründen nicht helfen. Einmal haben Sie eine sehr alte und für mich gewinnbringende Beziehung mit meinem größten Star gefährdet. Und zweitens haben Sie mich unterschätzt.«
Ara zog wieder sein Taschentuch aus der Hosentasche, da der Speichelfluss stärker wurde. »Aus diesen Gründen müssen Sie noch von Glück sagen, Miss Kyle, wenn ich Sie nicht aus meinem Büro werfe und Ihnen ein für alle Mal Ihre Zukunft zerstöre.« Er drückte auf einen Knopf. »Miss Bradley, bringen Sie Miss Kyle bitte zum Fahrstuhl. Wir sind fertig.«
Ara Sagarian griff nach dem Telefonhörer. Lila schenkte er keinen Blick mehr.
In der Fahrstuhlkabine begann Lila Kyle zu weinen.
25.
Wenn man untertauchen will, geht das nirgendwo leichter als in New York. Mary Jane glitt sang- und klanglos aus ihrem bisherigen Leben und wurde zu einer Geistererscheinung.
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