Die schönsten Dinge
Lücke hat mich um den Verstand gebracht.«
»Klingt doch nach einem perfekten Paar. Was ist passiert?«
»Meine Mutter hatte in ihrem Schmuckkasten einen Anhänger, den sie nie getragen hat. Sie hatte immer viel Schmuck, Ringe, Ketten, Ohrringe. Dieser Anhänger hatte nicht einmal eine schöne Farbe. Er war klar, wie Glas. Wie ein groÃes Stück Glas. Ich dachte, sie würde ihn gar nicht vermissen. Also habe ich ihn Andrea geschenkt.«
»Und?«
»Andrea war begeistert. Ich durfte sie küssen, und ich kam mir vor wie im Himmel. Zu Hause war es weniger himmlisch.«
»Fanden Ihre Eltern nicht, der Anhänger gegen einen Kuss sei ein fairer Tausch?«
»Nachdem die Polizei gekommen war, sie alle Angestellten verhört und die Sicherheitsleute alle Schlösser überprüft hatten, war ich völlig panisch. Ich glaube, ich habe sogar ins Bett gemacht. Bevor ich es ihnen gebeichtet habe, habe ich ernsthaft überlegt, ob ich weglaufen und zum Zirkus gehen soll. Andreas Eltern waren sehr verständnisvoll. Andrea nicht. Sie wollte den Anhänger nicht zurückgeben. Meine Mutter hat ihr als Ausgleich etwas Passenderes in einem Kaufhaus besorgt, aber sie hat nie wieder mit mir geredet.«
»Autsch.«
»Wissen Sie, als meine Mutter starb, haben meine Schwestern fast allen Schmuck bekommen. Nur ein paar Teile habe ich aus sentimentalen Gründen behalten. Darunter die Kette. Das Haus, na ja, Sie haben es ja gesehen. Das bin ich nicht. Es kommt mir nicht so vor wie mein Haus, aber oben habe ich ein Arbeitszimmer, das mir gehört. Dort bewahre ich alles Wichtige auf. Die Kette habe ich behalten, weil sie mich daran erinnern soll, dass Dinge wie Juwelen und Geld nicht wichtig sind.«
»Immerhin hat die Kette Ihrer Mutter gehört. Waren Ihre Eltern nicht wütend?«
»Nicht besonders. Sie dachten, ich wollte groÃzügig sein, auÃerdem war ich ziemlich durch den Wind. Ich war das Nesthäkchen, ich hätte mir alles erlauben können. Wenn sie gedacht hätten, ich hätte gestohlen und dann deswegen gelogen, wären sie wahrscheinlich strenger gewesen.«
»Sie fanden Stehlen und Lügen schlimm?«
Er lacht. »Ist es das etwa nicht?«
»Kommt darauf an«, sage ich. Ich weiÃ, dass ich mich auf dünnes Eis begebe, aber vielleicht verrät er sich. »Robin Hood ist im Film immer der Held. Er ist sexy und mutig. Der Sheriff von Nottingham ist immer der Bösewicht und hässlich dazu. Und Marian will natürlich lieber Robin. Robin Hood ist nur ein Dieb und Lügner mit guter Publicity, also ist wohl alles relativ.«
»Offenbar.« Grinsend kneift er die Augen zusammen. »Ich wusste gar nicht, dass Sie Lügner mögen. Sexy und mutig, so, so.«
Das ist fast schon ein Geständnis. Bald habe ich ihn. »Mit mir hat das nichts zu tun. Das ist fiktionale Geschichte.«
Einen Moment lang habe ich den Eindruck, er will noch weiter gehen. Aber stattdessen sagt er: »Jetzt Sie. Etwas Flapsiges.«
Vorhin habe ich dieses dumme Spiel mit Vertraulichkeiten noch für eine gute Idee gehalten, aber jetzt fällt mir nichts Flapsiges ein, egal, ob wahr oder erfunden. »Ãhm. In meinem Zimmer sitzen noch alle Teddys aus meiner Kindheit.«
»Langweilig«, sagt er. »Neurotisch, nicht flapsig.«
»Einmal habe ich mich an der Kasse für zwölf Teile oder weniger mit dreizehn Teilen angestellt. Und es war mir völlig egal.«
»Sie Rebellin.«
»Sie haben recht. Im Flapsigsein bin ich längst nicht so gut wie Sie.«
»Stimmt. Ich bin der König unter den Flapsigen.«
Nach kurzem Schweigen sage ich: »Wahrscheinlich kein Wunder, dass Sie mit der Zeit so gut geworden sind. Zumindest, nachdem Ihnen die ersten Mädchen gesagt haben, sie würden Sie mögen, aber eigentlich nur die Kette wollten.«
Er leert seinen Plastikbecher, senkt den Kopf und fährt sich mit einer Hand über den Nacken. Dann legt er den Kopf zurück und blickt in den Himmel. »Mädchen, die mich mögen, sind nicht billig, so was dürfen Sie nicht glauben«, sagt er schlieÃlich. »Eine Kette reicht nicht immer. Manchmal wollen sie einen Urlaub. Ein europäisches Auto. Und sie mögen mich nicht nur. Sie lieben mich, meist auf den ersten Blick.«
Plötzlich sehe ich Daniel Metcalf als jungen Mann vor mir, umschwirrt von Frauen wie Greta, die ihm Komplimente
Weitere Kostenlose Bücher