Die Schokoladendiät
des Nachttischchens brachte ebenfalls nichts Auffälliges zutage. Soweit sie sagen konnte, gab es im Haus keine Beweise dafür, dass Toby noch spielte. Hieß das, dass er wirklich aufgehört hatte? Oder hatte er einfach neue, noch heimlichere Strategien entwickelt?
Nadia verließ das Haus und beeilte sich, zu Lewis und Autumn in den Park zu kommen. Ihr Sohn war gerade ganz aufgeregt, weil eine ältere Dame ihm eine harte Brotkruste gegeben hatte, mit der er die Enten füttern konnte. Es war ihm in ihrer Abwesenheit prächtig gegangen, und Nadia erkannte, wie gut Lewis mit all den Veränderungen in seinem Leben zurechtkam. So leicht ließen Kinder sich nicht unterkriegen, und Nadia glühte vor Stolz, als ihr Sohn sie anlächelte. Sie saß mit Autumn auf einer Bank, von der sie einen guten Blick auf den See hatten.
«Wie ist es gelaufen?», wollte Autumn wissen.
«Gut», antwortete Nadia. «Glaube ich.» Dann lächelte sie Autumn matt an. «Im Haus war nichts, was darauf hinweisen würde, dass Toby noch spielt. Vielleicht hat er es wirklich geschafft, die Spielsucht unter Kontrolle zu kriegen.»
«Das ist gut», sagte Autumn.
Nadia verschränkte die Arme vor der Brust und starrte über den See. «Ja.»
«Gehst du zu ihm zurück?»
«Ich weiß nicht», antwortete Nadia ehrlich. Sie wandte sich ihrer Freundin zu. «Was soll ich nur machen?»
Autumn legte ihr den Arm um die Schultern und lächelte sie an. «Ich finde, um Lewis’ willen solltest du im Zweifelsfall zu Tobys Gunsten entscheiden.»
Nadia stieß einen Seufzer aus, der in der kalten Luft stehen blieb. Sie schaute zu ihrem Sohn hinüber, der aufgeregt die quakenden Enten jagte. Sie schürzte die Lippen und sagte: «Das denke ich auch.»
24
Autumn
beobachtete zwei ihrer Lieblingsschüler, die Seite an Seite an verschiedenen Projekten arbeiteten. Fraser, der heroinabhängig war und gelegentlich dealte, und Tasmin, die in Bezug auf ihren Drogenkonsum vieles mit ihm gemeinsam hatte. Im Umgang mit Buntglas aber glücklicherweise nicht.
Fraser zu beobachten, wie er ebenso unermüdlich wie erfolglos mit dem hochmütigen Objekt seiner Zuneigung flirtete, zauberte ein Lächeln auf Autumns Gesicht. Tasmin war ziemlich herablassend, und ließ sich auch von einem noch so hartgesottenen Burschen nicht weiter beeindrucken. Dass Liebe blind macht, war bei Fraser offensichtlich der Fall. Tasmin war ohne Zweifel ein süßes Ding, verbarg das aber erfolgreich mit schweren Klamotten im Gothic-Look, schwarzgefärbten Haaren und dick aufgetragenem Eyeliner. Sollte es Fraser je gelingen, Tasmin zu einem Date zu überreden, würden sie ein seltsames Paar abgeben. Doch Autumn hoffte trotzdem, dass sie eines Tages zusammenkamen.
Fraser hatte zwei linke Hände, und seine Buntglasarbeiten zeugten mehr von Wollen als von Können. Manchmal überlegte Autumn, warum er nun seit bereits zwei Jahrenimmer wieder zu ihr kam; die meisten Klienten waren nicht so treu. Manche kamen nur ein einziges Mal in den Kurs und wurden dann nie mehr gesehen. Vielleicht war dies der einzige Ort, an dem man Fraser freundlich und respektvoll begegnete. Vielleicht wollte er auch einfach nur seine Angebetete sehen. Aus welchem Grund auch immer – Autumn war sich sicher, dass es nicht seine Liebe zum Kunsthandwerk war.
Nicht so bei Tasmin. Sie war eine angehende Künstlerin. Für Lichtfänger oder einfache Kerzenständer hatte sie sich von Anfang an nicht interessiert, dafür aber ein ungewöhnlich gutes Auge für Farbe und Stil bewiesen. Sie hatte sich an das Einzige geklammert, wofür sie in ihrem jungen Leben voller Erniedrigung und Zerstörung je gelobt worden war: die Fertigung von Schmuck aus geschmolzenem Glas und feinem Silberdraht. Wenn das Budget von NEIN ZU DROGEN zur Neige ging, bezahlte Autumn die Arbeitsmaterialien auch schon mal aus eigener Tasche. Für diese beiden da hätte sie gerne mehr getan, damit sie am Ende nicht von neuem in ein Leben voller Drogen und Kriminalität gerieten.
«Das sieht toll aus, Tasmin», sagte sie, stets darauf bedacht, das Mädchen zu loben. Auf der Werkbank lag ein großer Glasanhänger mit einem japanischen Design, und Tasmin bastelte gerade sorgfältig eine dekorative Schließe.
Plötzlich klopfte es an der Tür zur Werkstatt, ihr Bruder Richard steckte den Kopf herein. Sofort verließ Autumn der Mut. Er war der Letzte, den sie hier erwartete, und es konnte nur bedeuten, dass er wieder einmal in Schwierigkeiten war.
«Rich», sagte sie. «Was ist
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