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Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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der Tasse. Als ich die Tür öffnete
und hineinging, hörte ich das Geräusch einer Tür, die geschlossen wurde. Als ich aufsah, war der Mann, der an der Tür zum
Hinterzimmer gestanden hatte, verschwunden.
    Kalle schielte mit bissigem Gesichtsausdruck zu mir herüber.
Ich sah mich schnell um. Über einen der hintersten Spielautomaten gebeugt stand ein Junge mit langem, hellem Pony und
spielte. Er sah kurz in meine Richtung, mit einem deutlichen
Anflug von schlechtem Gewissen, als wüßte er, daß er eigentlich
in der Schule sein sollte, und wer konnte wissen, ob ich nicht
    doch vom Jugendamt kam.
Kalle setzte seine Kaffeetasse hart ab und erhob sich hinter der
Theke. »Und womit kann ich dienen?«
»Eigentlich suche ich meinen Neffen.«
»Neffen? Leck mich am Arsch!«
»Ronny.«
»Der traut sich hier nich’ mehr her. Ich hab ihm die Meinung
gegeigt. Den werden Sie in Zukunft wohl woanders suchen
müssen.«
Ich trat etwas näher. »Sag mal … Kalle … Wie war gleich der
Nachname?«
    »Persen«, sagte er, ein wenig überrumpelt. »Was geht das
übrigens Sie an?«
»Eigentlich wollte ich mit Bjelland selber reden.«
»Bj …« Er warf unwillkürlich einen Blick in Richtung Hintertür.
»Wieso ’n das? Ich bin hier der Ge-geschäfts-äh-führer!«
»Geschäftsführer, Sie? Mit BWL-Kenntnissen vielleicht, was?
Weiß Bjelland von dem, was du hier betreibst, oder ist das auf
deinem eigenen Mist gewachsen?«
Sein Gesichtsausdruck wurde noch bissiger. »Was soll ich ’n
betreiben?«
Der Junge in der Ecke schaute einen Augenblick zu uns herüber, dann warf er eine neue Münze ein und begann ein neues
Spiel. Die Einleitungsmusik tönte hohl und blechern durch den
Raum.
»Ich glaube, du weißt, worauf ich rauswill. Junge Mädchen
und Jungs … Ich bin am Donnerstag hier draußen stehengeblieben, und ich hatte jedenfalls keine Probleme, rauszufinden, wo
zumindest eine von ihnen gelandet ist. Am selben Ort wie Torild
Skagestøl letzten Freitag, stimmts?«
Kalle Persen beugte sich so abrupt über die Theke, daß ich
automatisch einen Schritt zurückwich. Er fuchtelte mit einem
kräftigen Zeigefinger vor meinem Gesicht herum und schnarrte:
»Ey, Süßer … Wenn de nich’ Lust hast, den Rest deines Lebens
mit zerdetschten Kniescheiben rumzurennen, würd ich dir
empfehlen, dich da fein rauszuhalten! Kapiert?«
»Könnte ich das schriftlich haben, damit ich es mit aufs Polizeirevier nehmen kann, um es den Jungs da zu zeigen?«
»Kannste praktisch kriegen, einen Abend, wo du’s am wenigsten erwartest!«
»Das müßte vor Mittwoch passieren.«
»Vor Mittwoch? Was meinste denn damit?«
»Vergiß es. Du empfiehlst mir mit anderen Worten, selbst mit
Bjelland zu reden? Und wo finde ich ihn?«
»Er steht im Telefonbuch.«
»Also ist er es nicht, der sich im Hinterzimmer versteckt?«
Eine Art Lächeln wuchs unter dem Mäusefell über seiner
Oberlippe hervor. »Kannst ja nach hinten gehen und nachsehen.«
»So eilig ist es denn doch nicht.« Ich wendete mich zur Tür.
»Schönen Tag noch.«
»Leck mich am …«
»Die Einladung hab ich schon beim letzten Mal ausgeschlagen, und ich werd’ es jetzt wieder tun.«
Ich ließ die Tür angelehnt, als ich hinausging, so daß er die
Freude hatte, sich um die Theke herum durch das ganze Lokal
zu bewegen, um sie wieder zu schließen – hinter mir.
Aber noch war die Zeit nicht gekommen, Birger Bjelland einen
Besuch abzustatten, wenn sie überhaupt jemals kommen sollte.
    Statt dessen ging ich zurück ins Büro und sah nicht ohne eine
gewisse Furcht die Post durch. Aber diesmal waren keine
Todesanzeigen dabei.
    Ich unternahm einen Versuch, Evy Berge zu erreichen. Bei ihr
zu Hause nahm niemand ab, und als ich auf ihrer Station in
Haukeland anrief, war sie gerade im Operationssaal beschäftigt.
– Ob sie sie bitten könnten, zurückzurufen? – Aber ich zog es
vor, keinen Namen zu hinterlassen. Man konnte nie wissen.
Vielleicht landete er da oben im Computernetz, und wenn ich
das nächste Mal eingewiesen wurde, stellten sie fest, daß ich
meine sämtlichen inneren Organe dem pathologischen Institut
vermacht hatte.
    Ich sollte mit einem der Mädchen reden.
Astrid war wohl die härteste Nuß, aber Åsa war wahrscheinlich schwerer zu fassen zu kriegen, jedenfalls wenn ich
vermeiden wollte, daß die Eltern dabei waren.
    Ich blätterte in meinen Notizen zurück, mit dem Gefühl, daß
da noch ein Faden war, an dem ich ein wenig ribbeln wollte,
bevor …
    Die

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