Die Schuhliebhaberin - Moore, M: Schuhliebhaberin
nicht so wohlgeformt. Warum um alles in der Welt hatte Roger es so gern mit dieser kleinen Hure getrieben? War es ihr Alter? War es das, was bei jedem Mann früher oder später passierte? Dass er ein junges Küken einer reifen, erwachsenen Frau vorzog?
Amanda verzog das Gesicht zu einem grimmigen Grinsen. Vielleicht war das der Grund – eine Vorliebe für »junge Dinger«. Zumindest sie hatte eine gewisse Vorliebe für junges Personal. Trevor, der Sicherheitsmann von letzter Nacht, war jünger als sie, aber nicht viel jünger. Er stand ihr altersmäßig immerhin so nahe, dass sie sich in die unterwürfige Rolle begeben hatte. Gerade so wie sie es bei einem Mann getan hätte, der älter war als sie. Vermutlich hatte die Uniform auch etwas dazu beigetragen.
Es hatte Spaß gemacht mit ihm, aber der nächste Mann sollte noch viel jünger sein, sagte sie sich nun. Jedes Alter knapp über dem gesetzlich erlaubten war ihr recht. Aber im Büro von Forsythe Footwear würde sie bestimmt keinen Lustknaben finden. Sie musste sich wieder unter Leute wagen.
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie die Probleme des Unternehmens vermutlich von der falschen Seite anging. Alles, die hohen Lohnkosten, das berstende Lager und die rückläufigen Verkäufe, hatten seinen Ursprung doch ganz woanders. An einem oder besser: 31 Orten. In den einzelnen Filialen. Dort sollte sie nach Antworten suchen.
Nola kam mit einem Tablett hereingehuscht.
»Du kannst das gleich zurück in die Cafeteria bringen«, erklärte Amanda ihr. »Ich habe noch einen auswärtigen Termin.«
Der saure Ausdruck auf Nolas Gesicht bereitete ihr eine stille Freude.
Amanda wusste nach ihren Recherchen auf Rogers Computer, dass die Filiale, die am wenigsten Verluste machte, die im Herzen des Geschäftsviertels war, weshalb sie beschloss, dort mit ihren Nachforschungen zu beginnen. Unglücklicherweise hatte sie überhaupt keinen Orientierungssinn, und die ganze Innenstadt schien nur aus Einbahnstraßen zu bestehen, die allesamt in die falsche Richtung führten. Es war schon fast Geschäftsschluss, als sie den Laden endlich fand, und dann musste sie auch noch auf der obersten Etage eines Parkhauses parken, weshalb sie sich zusätzlich verspätete.
Forsythe Footwear lag eingequetscht zwischen einem modischen Klamottenladen für junge Frauen und einem Internetcafé. Es gab eine Fensterfront, die kaum breiter als fünf Meter war. Ein Drittel davon war die Tür, und links und rechts befanden sich die ebenso schmalen Schaufenster. Die Schaufenster waren für Amandas Geschmack zu vollgestopft, und die Strandszene aus billigem ausgebleichtem Karton war klobig und altmodisch. Und das hier war der Laden mit den besten Verkäufen?
Sie überprüfte ihr Spiegelbild im Fenster und öffnete den Schlitz ihres Rocks, bis man die Spitze ihrer blaugrauen metallisch schimmernden Strümpfe sehen konnte. Wenn sie das Personal unbemerkt überprüfen wollte, war es das Beste, wenn sie ihnen ein bisschen Ablenkung bot.
Im Laden öffnete sich der Eingang nach etwa zwölf Metern zu einem kreisrunden Bereich mit einer umlaufenden Lederbank, die einen konischen Säulenstumpf in der Mitte umgab. Ein ziemlich attraktives, hochgewachsenes und dünnes Mädchen mit welligen blonden Haaren und weit auseinanderstehenden grauen Augen arbeitete an der Kasse. Gerade packte sie für eine elegante Frau in den Dreißigern ihre Einkäufe in eine Tüte. Weiter hinten war ein schlanker junger Mann mit einem wilden hellbraunen Haarschopf damit beschäftigt, einer Frau einen Pumps auf den Fuß zu schieben. Sie sah aus wie eine gut erhaltene Fünfzigjährige, auch wenn sie sich noch kleidete wie ein Teenager. Sie trug einen sehr kurzen ausgestellten Rock und einen flauschigen Angorapullover.
Die junge Blondine fragte Amanda: »Kann ich Ihnen helfen?«
»Ist das der Filialleiter da vorne?«
»Ja, Madam. Ich bin die stellvertretende Filialleiterin. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
»Nicht bös gemeint, aber es ist mir lieber, wenn der Filialleiter sich um mich kümmert.«
Der Ausdruck, der über das Gesicht der Blondine huschte, verriet Amanda, dass sie es gewohnt war, dass ältere Frauen lieber einen jungen Mann vor sich knien hatten. »Kein Problem, Madam. Er ist gleich bei Ihnen.« Quer durch den Laden fragte sie ihn: »Es ist fünf nach sechs, Rupert. Soll ich schon mal zumachen?«
Rupert blickte auf. Seine Augen hatten das helle, lichte Blau eines Alpensees. Amanda erbebte bei diesem Blick beinahe. Sie
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