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Die Schule der Nackten

Die Schule der Nackten

Titel: Die Schule der Nackten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Augustin
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der atemlosen Berührung.
    Ich weiß, ich versteige mich total, und dennoch: Aus Feuer und Schmerz, aus Blut und Tränen und gutem großen Gelächter habe ich meine Astarte geformt - mit ihrem eigenen Leib habe ich sie erschaffen, und hier lie gt sie.
    Meine Göttin.
    Und ist endgültig erstarrt.
    – – –
    Ich weiß nicht, welche der beiden Vorstellungen die fürchterlichere war, daß ich eine Tote im Arm hielt, oder aber ein Stück Holz. Und es bedurfte einiger Zeit, bis ich schließlich begriff, daß ich es hier mit einem anscheinend sehr, sehr toten Stück Holz zu tun hatte. Sie hatte sich ganz gerade gemacht, lag völlig starr mit eng angelegten Armen, Beine fest beieinander. Selbst ihr Nacken war versteift und das Kinn krampfhaft angehoben. Vom Mond von Ninife konnte bei Gott keine Rede mehr sein.
    «Ich kann das nicht!»
    Sie sprach auch irgendwie senkrecht nach oben.
    «Ich dachte, es geht.»
    Mit einer ganz nüchternen Stimme.
    «Aber es geht nicht.»

    *

    Stunden später, als sie schon längst zu Hause war, habe ich sie noch einmal angerufen. «Juliane?» Sie antwortete mit einigen unverständlichen Lauten, Schluchzer oder was das sein sollten, ich hörte aber ein ganz merkwürdiges Gebell, das aus dem Hintergrund kam, was sollte denn das sein?
    «Was ist denn das?»
    «Der Wishnu und der Bali im Badezimmer.»
    Aber in diesem Augenblick hörte ich auch noch ein Dröhnen, ein «Broaahh», ganz dicht an der Telefonmuschel.
    «Und das?»
    «Das ist der Jörg, den kennst du nicht.»
    Ich habe den Hörer hingeknallt.

    *

    Zwei Stunden später rief ic h noch mal an: «Und ruf mich nie wieder an!» brüllte ich.

11

    Am nächsten Morgen aber wurde alles andere von einem einzigen Ereignis jäh überschattet: Es ertrank jemand im Schwimmbecken. Und das, obwohl man in diesem Schwimmbecken selbst an der tiefsten Stelle noch hätte stehen können. Wie konnte das geschehen?
    Ich saß bei meinen alten Damen am Pool und ließ die Beine in den Lichtkringeln baumeln. Es war ein lauer Morgen in der Reihe der anderen lauen, ein wenig verschleiert vielleicht, aber warm genug, das Wasser erschien sogar besonders lau im Vergleich zur Außentemperatur - man erinnert sich, im Jakobi-Bad wird immer gleichbleibend temperiert.
    Ich hatte schon ausgiebig gebadet, nun, nicht so ausgiebig wie die 50-Längen-Dame, immerhin hatte auch ich schon ein paar (laue) Längen zustande gebracht. Saß angenehm erschöpft am Beckenrand und legte zum wiederholten Male meine Ansichten über die unwiederbringlich destruktiven Abläufe der Geschichte der Menschheit dar. In Anbetracht der vergangenen Nacht. Als ein Schatten unter mir davonzog.
    Ein Kriegsschiff.
    Unser aller Freund, der Muskelmann, hatte anscheinend wieder seinen großen Tag, war schon ein paarmal in Erscheinung getreten, hatte am Beckenrand gesprintet, war viereckig kriegsmäßig vorübergezogen.
    «Typisch», sagte ich zu meinen Damen, «manche Leute können es nicht lassen.»
    Jetzt war er wieder besonders tätig - wir verfolgten ihn mit, zugegeben, bösen Blicken -, schwamm hierhin und dorthin, tauchte in einem langen Zug, tummelte vor und zurück, der Herr der Meere. Eine im Wasser stehende Dame kreischte einmal kurz auf.
    Als ich etwas Merkwürdiges wahrnahm.
    Der Viereckige versuchte, durch den Beckenboden hindurchzutauchen! Wie das? - Es fand direkt unter mir statt, und ich habe später mehrfach versucht, den Vorgang zu rekonstruieren. Soeben kam er vorbei - ich erinnere mich an die gefleckte Schattenbildung, die, durch die Kringel verursacht, lang über seinen Körper fuhr -, kam zurück und tauchte ungewöhnlich lange, und anscheinend tief am Grund. Jetzt konnte ich ihn nicht mehr so genau sehen, weil er sich weiter beckenwärts begeben hatte. Wo er sich wild und kriegerisch gebärdete, einmal drehte er sich da unten um sich selbst, ich dachte, was macht er denn? Tauchte immer noch weiter. Und dann sah ich ihn plötzlich direkt unter mir praktisch auf dem Kopf stehen.
    Rudernd. Oder eigentlich falsch rudernd, mit den Beinen nach oben. Ein verdammt langes Tauchmanöver war das, und ein verdammt ungewöhnliches, sollte man meinen, anscheinend wollte der Mann partout ins Erdinnere vorstoßen. Und dann war er verschwunden - wir waren gespannt, wo er wieder auftauchen würde.
    Er tauchte nicht mehr auf.

    *

    Die Folge war ein ungeheures City-Drama: Polizei, Bürgermeister, Hubschrauber. Das Donnern der kreisenden Flügel war so laut, daß man nur Mundbewegungen sehen konnte,

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