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Die Schule der Nackten

Die Schule der Nackten

Titel: Die Schule der Nackten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Augustin
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wenig nach Mottenkugeln roch.
    Und an dieser Stelle merkte der Pradi auf, man konnte sehen, wie er mir aus seiner streng aufrechten Position heraus eine Zuwendung zukommen ließ. Nicht, daß er sich bewegte, nicht einmal die Augen, aber irgend etwas schien er gemerkt zu haben, er spannte sich.
    Ja, mein Lieber.
    Da bedarf es der Konzentration.
    Ich hatte ihr auch das Höschen ausgestopft. Denn wenn wir Haue kriegen sollten, sollte es ja nicht weh tun. Also stopfte ich ihr eine doppelte Lage Zeitungen hinter die kleinen Pobacken oder gab mir jedenfalls größte Mühe, sie so zu stopfen, daß sie als Schutzpolster ausreichten. Vorsichtshalber. Und das bedurfte schon einiger Sorgfalt. Die Pobacken zu schützen. Ich hatte immer wieder nachgepolstert, habe die Zeitungslage arrangiert und rearrangiert und immer wieder nachgefühlt, ob das Polster auch richtig saß, und sie war auch so unendlich geduldig, das Mädchen Ursula von nebenan.
    Mit einigem Ergebnis.
    Ich sah, daß der Meister der Unbeweglichkeit je tzt doch die Augen bewegte. Ich möchte ihn keinesfalls verhöhnen, aber es war doch belustigend anzusehen, wie er schräg aus dem Augenwinkel sozusagen im Bogen herum versuchte, unbeweglich auf das Tablett zu schielen. O nein, nicht auf seines. Auf meines! Ich hatte mir nämlich auch eines zugelegt - hatte ich mir erlaubt -, gebildet aus dem gestreckten und dem untergeschlagenen Bein. Mit einigem Erfolg.
    Das darf ich hier in aller Bescheidenheit anführen.
    Meine Tante Veronika auf der Suche nach dem verlorenen Knopf. Sie war immer auf der Suche nach Knöpfen. Unweigerlich fiel ihr einer zu Boden, wenn ich ihr einen Besuch abstattete, rollte sonstwohin und war nicht mehr aufzufinden, es war chronisch. Sie bückte sich, bückte sich stundenlang, das hat sich mir als Dauerbild eingeprägt, die eigentümlich gekerbten Oberschenkel mit den tiefen Dellen sowohl in den Kniekehlen als auch hoch am Gesäß, so als ob die Tante sehr muskulös wäre. Sie war aber nicht muskulös, es waren lauter Polster, und waren auch nicht hart, als sie sich eines Tages aus Versehen auf mich setzte. Als ich ihr eines Tages halb besinnungslos beim Suchen half.
    Meine Tante Veronika in einem besinnungslosen Nebel auf der Suche nach dem Leberfleck.
    Jetzt bemerkte ich es: Der Pradi mußte sich inzwischen zur Gegenwehr entschlossen haben, oder doch wenigstens seine bis dahin gezeigte Statik aufzugeben. Ich hatte es längere Zeit versäumt, ihn im Auge zu behalten - ähnlich dem japanischen Schwertkämpfer, der, in sich versenkt, ein Muster schöner Schwerthiebe um sich ausbreitet, ohne der Angriffe des Opponenten zu achten. Und war nun überrascht zu sehen, daß der Pradi, also mein Opponent, inzwischen zu seiner Höchstform aufgelaufen war. Hatte er sich bisher mit einem halben Pfund begnügt, so lag da plötzlich ein nahezu ganzes auf dem Tablett.
    Das war schon bemerkenswert.
    Voluminös, satt glänzend lag es da. Wegen der offensichtlichen Schwere zur Seite geneigt. Ein Gebilde, das einem schon das Fürchten lehren konnte, und das, ich muß es noch einmal betonen, ohne eigentliche Erektion, nur als Materialmasse.
    Heilige Seh…!
    Und dann, während ich mich noch entsetzte - und automatisch dementsprechend an Boden verlor -, sah ich es: Der Mann mußte eine irgendwie innere Muskulatur betätigen, eine anatomische. Oder glaubte, es zu sehen. Was sich dort abspielte. Ich blickte ihm längere Zeit scharf aufs Tablett (auf seines), glaubte einen fast unmerklichen Rhythmus wahrzunehmen, kaum zu erkennen, nur als Anmutungsqualität; aber wenn ich ganz genau hinsah:
    Der Mann pumpte.
    – – –

    *

    So war denn aus dem Spiel Ernst geworden.
    Äußerlich durchaus ruhig und beherrscht, saßen wir hier in tödlicher Verklammerung, jeder für sich aufrecht, ich mit dem ausgestreckten Bein, er doppelt verschränkt und beide mit ernstzunehmendem Tablett. Denn nun wurde schweres Geschütz aufgefahren, darf man sagen.
    Zeitlebens hatte ich einen Hang zu Respektspersonen gehabt, Lehrerinnen, möglichst Mathematiklehrerinnen, bei denen ich versagte, oder hohe weibliche Gerichtspersonen, Abgeordnete, massige Ministerinnen für das Äußere. Diese sich im Hemd vorzustellen, wie sie im Dachfenster steckenbleiben und heftig mit den Beinen rudern, während ich hilfreich nachschiebe. Oder im Gegenteil ganz dünne Respektspersonen mit Brille und ganz kurzem Hemd in einer Mauerritze bei Erdbeben oder bei einem Staatsstreich (rudernd).
    Schweres Geschütz.
    Eine

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