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Die Schule der Nackten

Die Schule der Nackten

Titel: Die Schule der Nackten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Augustin
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dieses ganze windige Geschäft gesagt.
    – – –
    Wir lernen und erlernen unseren Körper. Wir lernen die Beckenschaukel und die Innere Flöte. Wir lernen atmen. Genüßlich im eigenen Körper sein, Einstieg in den Garten der Liebe, Heilung des Inneren Kindes und der Verletzung der Gefühle. Und des Seins. Und wann, um Gottes willen, lernen wir das?
    Vom 20. Sept. bis zum 26. Sept.
    «Da komme ich mit», rief ich aus.

14

    Ich weiß, wo sie ist.
    Sie ist bei dem Mönch - Budha Ratnor ist sein Name -, und der lehrt sie schlimme Dinge.
    Es gibt dort eine Höhle, ich weiß nicht, ob er selbst darin wohnt, wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich wohnt er feudal in einem der Lehmpaläste am Fluß; dem Volk aber zeigt er sich in der Höhle, und dort gehen schlimme Dinge vor. Ich weiß von dem Lingam, der so groß ist, daß ihn zwei Männer nicht umfassen können, über und über mit einer Paste bedeckt, die aus der «Feuchte» von Weibern gemacht ist. Na ja, so spricht man.
    Das Glück, das keines mehr ist. Also hört die Geschichte von Gautama - das bin ich - und Sita, der Schönhüftigen. Ich habe ein Tuch und ein Messer mit mir genommen und mich auf den geschlängelten Weg gemacht, der vorgezeichnet ist, so wie er verläuft: neben den langen Sanddünen, etwas zurückgesetzt, den Kämmen und Mulden folgend. Während die gellenden Obertöne, die scharfen Rasseln über den dunkleren Pauken lauter werden, je näher ich komme. Je weiter ich dorthin gehe, von wo ich nicht zurückkehren werde.
    Oh, ich hätte wegsehen können, ich hätte mir ein blindes Auge oder sogar zwei leisten können, so wie die Männer im Dorf. Der Krishnu, mein Freund, der das Gute sieht, oder Ramesh, mein anderer Freund, der zwar nicht das Gute, aber vieles Heilige sieht. Ich selber, mit meinen zwei Augen, bin da anscheinend von der falschen Sehfähigkeit geschlagen.
    Anscheinend will niemand wissen, wohin die Weiber gehen. Man dreht sich um und blickt gut und heilig in die andere Richtung, da ja womöglich - was weiß ich - das alles gut und heilig ist, so wie wir es gelernt haben. Als der Mann zum ersten Mal das Dorf betrat, sah ich gleich seinen Lingam, nicht daß man ihn offen sehen konnte oder daß er sich unter dem gelben Tuch auch nur abzeichnete, aber er schob ihn wie ein Gebot vor sich her.
    Niemand wußte, woher der Mann stammte, plötzlich war er da, ging wie selbstverständlich in seinem Tuch durchs Dorf, verschwand, tauchte am anderen Ende wieder auf, und es gab keinen Zweifel, er war vom Atem erfüllt, vom Bramah, - das konnte selbst ich sehen, der ich doch an seinen Lingam unter dem gelben Tuch dachte. Budha Ratnor nannte er sich, ein Selbsterwählter war er. Sein Gesicht! Ich glaube, daran habe ich ihn erkannt, an zwei gnadenlosen Falten, die von den Augen zu den Mundwinkeln liefen.
    «Was macht er mit euren Weibern!»
    Ja, was machte er mit den Weibern, die wie verrückt in die Höhle liefen und aufgeweicht wieder herauskamen, und das meine ich wörtlich: Sie hatten diesen teigigen Ausdruck im Gesicht, aber sie waren auch naß in ihren Saris, so als ob sie dort eine Wasserkur machten.
    Ich muß dazu etwas weiter ausholen, damit man den Ort sehen kann. Diese Höhle am Ende des Dorfes war von jeher von Mönchen bewohnt, die Rameshwaram-Höhle. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich den dunklen Eingang, flankiert von zwei aus dem Sandstein geschlagenen Elefanten, rötlich riesig aus der Felswand tretend, ich sehe ihn deutlich vor mir, denn er heißt: Kindheit. Dort hatten wir bei Mittagshitze im Schatten der Bäuche gesessen, hatten auf dem Kopf der Elefanten gestanden und vor den Mädchen gekräht, hatten zwischen den Säulenbeinen Räuber und Radj gespielt - wahrscheinlich sehr laut -aber niemals (!) hatten wir die schwarze Höhlung des Eingangs betreten. Wenn es hinter der Schattenlinie kühl wurde, blieben wir Kinder stehen: Drinnen war es dunkel. Dort saß die dunkle Dame mit den sechs Armen, nicht böse, aber stark, sehr stark, so hatten wir es gelernt.
    Ab und zu kamen gelbe Mönche heraus, um ihr Essen im Dorf einzusammeln, gingen wieder hinein. Sie fürchteten sich nicht, sie wohnten dort. Aber dann waren die Mönche weitergezogen oder gestorben, oder waren einfach fortgeblieben, jedenfalls kamen sie nicht mehr heraus. Ein geschlossener Mund.
    Jetzt hole ich noch weiter aus. Mönche heutzutage sind keine Mönche mehr, sie predigen niedere Dinge. Die alten Mönche waren gut, es kann sein, daß ich altmodisch bin und keine Sicht

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