Die schwarze Hand des Todes
der Spurensicherung bald mit dem Steinbruch fertig.«
»Pst, nicht so laut. Wenn dich einer hört, strömen sie da sonst auch noch rüber.«
»Ich glaube, es ist schon zu spät, Sarge.«
Die alten Damen hatten den Rangerover der Polizei und den Maverick der Kriminaltechnik entdeckt, die oberhalb des aufgelassenen Steinbruchs abgestellt waren. Sie rückten sich die Hüte zurecht, schwenkten ihre Spazierstöcke und marschierten zügig hinüber. Eine Familie mit drei Kindern und einem Jack Russell Terrier hatte es sich mit Butterbroten und einer Thermosflasche unter den Birken im Gras bequem gemacht. Ein Kind ließ einen Drachen steigen, ein anderes warf Stöckchen für den Hund.
Der Sergeant blickte sich nach dem kleinen Mann in der Neonjacke um. Der kauerte inzwischen im Heidekraut und rupfte wie besessen die Heidelbeerbüsche aus. Die ganze Pose erinnerte an einen Wildhund, der gierig nach Aas witterte.
»Der Typ kommt mir bekannt vor«, sagte der Sergeant. »Den habe ich schon mal irgendwo gesehen.«
»Er sieht so aus, als ob man ihn ohne Aufsicht gar nicht auf die Straße lassen dürfte«, meinte Constable Wragg. »Er müsste mindestens zwei Pfleger bei sich haben, einen mit einer Zwangsjacke und einen anderen mit einem Eimer Beruhigungsmittel.«
»Wenn Sie sich da mal nicht irren«, antwortete der Sergeant. »Ich habe eher das Gefühl, dass er ein angesehener Mitbürger ist. Ein Lehrer oder Anwalt, so etwas in der Richtung. Im Moment will es mir nicht einfallen, aber das kommt schon noch.«
Mit hoch erhobener Hand hielt Wragg den nächsten Wanderertrupp an wie ein Verkehrspolizist. »Tut mit Leid, meine Damen. Dies ist ein Tatort. Ich muss Sie bitten, einen anderen Weg zu nehmen.«
»Aber wir gehen immer hier entlang.«
Es waren vier Frauen von Ende dreißig, Anfang vierzig, mit Pferdeschwänzen und einer gesunden Gesichtsfarbe. In ihren grell gemusterten Regenjacken und den gestreiften Leggings sahen sie aus wie eine kleine bunte Schafherde. Wahrscheinlich waren ihre Männer zu Hause geblieben, um das Auto zu waschen oder Golf zu spielen.
»Heute nicht, meine Damen. Tut mir Leid«, sagte Wragg bestimmt. »Bitte suchen Sie sich eine andere Route.«
»Wie höflich er ist«, bemerkte eine der Frauen.
»Haben Sie das Recht, uns diesen Weg zu verbieten?«, fragte eine andere in einem etwas schärferen Ton. »Das ist hier schließlich ein öffentlicher Fußweg.«
»Ja, genau. So steht es auf der Generalstabskarte.« Zum Beweis faltete die dritte triumphierend ihre Landkarte auseinander.
»Trotzdem …«, sagte Wragg.
Die Frauen wandten sich zum Gehen. Nur die zweite drehte sich noch einmal um und starrte Wragg giftig an.
»Sie sollten lieber dafür sorgen, dass man sich als Frau noch sicher fühlen kann, statt Leute wie uns daran zu hindern, einen öffentlichen Fußweg zu benutzen. Fassen Sie endlich diesen Täter, der es auf Frauen abgesehen hat.«
Wragg sah ihnen nach. »Ich kann doch auch nichts dafür«, murmelte er vor sich hin.
»Daran müssen Sie sich gewöhnen«, sagte der Sergeant. »Für die Öffentlichkeit sind immer wir an allem schuld.«
Der Mann in der grünen Neonjacke pirschte sich schon wieder heran. Kaum ließen ihn die Beamten mal für eine Minute aus den Augen, schob er sich Zentimeter um Zentimeter näher.
»Ich kriege Zustände«, sagte Wragg. »Wenn mir der Typ da unter die Finger kommt, dann kracht’s. Der ist so eklig, dass man eine Gänsehaut kriegt.«
Natürlich hatte Ben Cooper den schwarzen Peugeot gleich erkannt. Er war bloß überrascht, ihn hier in Partridge Cross zu sehen. Aber vielleicht war es sein Schicksal, auf ewig von diesem Wagen verfolgt zu werden, ein gespenstischer Leichenwagen mit einem Phantom am Steuer.
»Das ist Diane Fry«, sagte er.
Todd Weenink fluchte noch einmal. »Na, klasse. Erst Inspector Armstrong, die böse Hexe aus der West Street, und jetzt auch noch die eiskalte Zimtzicke aus den West Midlands. Gott verschone uns vor diesen Weibern. Pass auf, gleich wird’s lustig.«
»Ich dachte, sie wäre schon gar nicht mehr da«, sagte Cooper.
»Die Zicke? Schön wär’s.«
Fry stieg aus dem Peugeot und blickte sich auf dem Parkplatz um. Obwohl sie eine schwere Wolljacke mit Kapuze trug, kam sie Cooper immer noch sehr dürr vor. Aber richtig gesund hatte sie für ihn noch nie ausgesehen – eher so, als ob sie ein paar anständige Mahlzeiten vertragen könnte. Sie war sehnig und drahtig, aber nicht sehr muskulös und verdankte ihre Kraft
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