Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
er war wieder Herr seines Geistes.
Jaenelle bewegte sich. »Saetan?« Sie klang so jung, so zerbrechlich und unsicher.
Er küsste sie auf die Wange. »Ich bin hier, Hexenkind«, stieß er heiser hervor und wiegte sie an seiner Brust. Behutsam streckte er seine mentalen Sinne nach ihr aus, musste jedoch einsehen, dass es unmöglich war, sich der Kunst zu bedienen, bevor der seelische Sturm nicht völlig abgeklungen war.
»Was …«, sagte Jaenelle benommen.
»Du hattest einen Alptraum. Erinnerst du dich nicht mehr?«
Langes Schweigen. »Nein. Um was ging es?«
Er zögerte … und sagte nichts.
Da erklang das Scharren eines Stiefels im Freien hinter der offen stehenden gläsernen Balkontür. Jemand eilte die Treppe hinab, die vom Balkon in den Garten darunter führte.
Saetans Kopf fuhr ruckartig in die Höhe. Da es sinnlos war, die Identität des Eindringlings mental ertasten zu wollen, riss er hektisch an den Laken, die sich um seine Beine gewickelt hatten, und sprang auf die Balkontür zu. »Prothvar!« Er versuchte eine Kugel Hexenlicht zu erzeugen, um in den Garten hinabzuleuchten, doch Jaenelles mentaler Sturm verschluckte seine magischen Kräfte, und der Lichtblitz, den er zustande brachte, ließ ihn lediglich nachtblind werden.
Am anderen Ende des Gartens erklang ein bösartiges Knurren. Ein Mann schrie auf. Es folgte ein kurzer, heftiger Kampf, und ein blendendes, grelles Knistern, als die Kräfte zweier Juwelen aufeinander losgelassen wurden. Als Nächstes waren eigenartige, unbeholfene Schritte, ein weiteres Knurren und eine Tür zu hören, die zugeschlagen wurde.
Dann herrschte Stille.
Die Schlafzimmertür wurde aufgerissen. Mit entblößten Zähnen wirbelte Saetan herum, als Andulvar in den Raum gestürzt kam, ein eyrisches Kampfschwert in der Hand.
»Bleib bei ihr«, rief Saetan ihm zu. Er rannte die Balkontreppe
hinab und griff innerlich nach den Schutzzaubern, welche die Burg versiegeln und jeden daran hindern würden, sie zu verlassen. Im nächsten Augenblick fluchte er. Jene mächtige Flutwelle hatte all seine Zauber zerstört – was hieß, dass der Eindringling einen Weg nach draußen finden konnte, bevor sie ihn gestellt hatten. Und sobald er weit genug vom Wirkungsbereich des Sturms entfernt war, konnte er auf die Winde aufspringen und einfach verschwinden.
»Aber wo hattest du dich versteckt, sodass ich deine Anwesenheit nicht schon früher bemerkt habe?«, knurrte Saetan und knirschte vor Zorn mit den Zähnen. Da landete Prothvar neben ihm im Garten.
Der eyrische Krieger hielt ihm ein zerrissenes schwarzes Seidentuch entgegen. »Das hier habe ich in der Nähe des Südturms gefunden.«
Saetan blickte gebannt auf das Tuch, das Greer getragen hatte, als er das erste Mal in der Burg erschienen war. Die goldenen Augen des Höllenfürsten glitzerten, als er sich dem Südturm zuwandte. »Ich war zu entgegenkommend, was Hekatahs Spielchen und ihre Speichellecker betrifft. Aber dieser Schoßhund von ihr hat einen Fehler zu viel begangen.«
»Hekatah!« Fluchend ließ Prothvar das Tuch zu Boden fallen und wischte sich die Hand an der Hose ab. Dann lächelte er. »Ich glaube nicht, dass ihr Schoßhündchen so heil davongekommen ist, wie es herkam. Beim Südturm wimmelt es nämlich von Wolfsspuren.«
Wolfsspuren. Saetan starrte in Richtung des Südturms. Ein Wolf und Greer. War das Tier der Köder für eine geplante Entführung? Aber es hatte einen Kampf zwischen ihnen gegeben …
Eine Bewegung auf dem Balkon erregte seine Aufmerksamkeit.
Jaenelle blickte auf sie herab. Andulvar hatte ihr den Arm um die Schultern gelegt und hielt sie dicht an seine linke Seite gepresst. In seiner rechten Hand ruhte immer noch das gewaltige, gefährlich aussehende Kampfschwert.
»Papa, was ist los?«, rief Jaenelle.
Prothvar nickte Saetan kurz zu, bevor er das Tuch verschwinden ließ und in die Schatten trat, um weiter Wache zu halten.
Langsam durchquerte Saetan den Garten und erklomm die Treppenstufen. Innerlich war er verbittert, dass die nachhallende Wirkung des Hexensturms es ihm unmöglich machte, mithilfe der Kunst dafür zu sorgen, dass sonst niemand in ihre Gemächer gelangen konnte.
Andulvar trat zurück, als sich Jaenelle in Saetans Arme warf. Er küsste sie auf den Kopf, und die drei kehrten in das Schlafzimmer zurück.
»Was ist passiert?«, meinte Jaenelle, die zitternd beobachtete, wie Andulvar die Balkontür hinter sich verschloss.
Dass sie fragen musste, verriet mehr als genug über
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