Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
funktioniert.«
Daemon grinste. Er blickte aus dem Fenster, als die Droschke anhielt. »Auf den Straßen ist heute viel los.«
»Woran denkst du noch?«
Er seufzte. Natürlich war ihr seine Geistesabwesenheit in den letzten beiden Geschäften, die sie besucht hatten, aufgefallen. Er nahm ihre linke Hand in die seine und ließ einen Moment lang den Sichtschutz verschwinden, mit dem sein Ehering belegt war. Der kurze Anblick erfreute und besänftigte ihn zugleich.
»Vielleicht sollten wir die Sache auf sich beruhen lassen«, sagte er leise und strich ihr mit dem Daumen über den Handrücken.
»Jemand hat versucht, deinen Ruf zu ruinieren und dich von den übrigen Angehörigen des Blutes zu isolieren«, erklärte Jaenelle.
»Jemand wollte, dass du dich von mir abwendest. Das hast du aber nicht getan. Alles andere ist gleichgültig.« Die Droschke fuhr wieder weiter. »Es ist mir verflucht noch einmal
egal, ob die Angehörigen des Blutes in Amdarh mich akzeptieren oder nicht.«
»Wenn jemand dich so sehr will und nicht davor zurückschreckt, dir wehzutun …«
Der Kutscher stieß einen Schrei aus. Das Pferd wieherte und ging durch.
Daemon blieb genug Zeit, einen schwarzen Schutzschild um sie beide zu legen, bevor das Pferd die Richtung änderte. Holz zerbarst lautstark …
»Luft!«, rief Jaenelle.
… dann kippte die Droschke um und fiel dröhnend auf die Seite, bevor sie sich mit unnatürlicher Geschwindigkeit weiterdrehte und schließlich gegen eine Mauer magischer Macht krachte.
Das Wageninnere war von einem vielfarbigen Lichterglanz erfüllt: Grün, Rosa, Aquamarin, Purpur, Rot, Saphir.
Als die Droschke liegen blieb, musste Daemon blinzeln, um etwas erkennen zu können. Die Farben tanzten noch einen Augenblick um sie herum und verblassten dann. Da merkte er erst, dass sie in der Mitte der Droschke schwebten. Er hatte automatisch einen eng anliegenden Schutzschild erschaffen, der sie vor äußeren Verletzungen geschützt hätte, aber sie wären durch das Innere der Kutsche geschleudert worden, hätte sie nicht Jaenelles tropfenförmiger Schild besser abgefedert.
Glasscherben und zersplittertes Holz übersäten das Kutschendach, das sich nun unter ihnen befand.
Er war sich nicht bewusst, dass er in den Blutrausch geraten war, dass ihn eiskalte Wut durchströmte, bis Jaenelle leise sagte: »Halte dich im Zaum, Prinz. Sie wollen uns nur helfen.«
Daemon starrte sie an und versuchte zu begreifen, was ihre Worte zu bedeuten hatten und was sie von ihm verlangte. Er wollte Fleisch von Knochen fetzen und den Geist der Menschen zermalmen, die um die Droschke herumstanden. Er wollte einen Blutstrom durch Amdarhs Straßen rauschen lassen.
»Daemon«, sagte Jaenelle.
»Für dich«, sagte er. »Nur für dich.« Seine Stimme war ein heiseres Flüstern.
Mit Mühe unterdrückte er das Verlangen, die Männer zu töten, die im nächsten Moment die Tür der Droschke öffneten und besorgt ins Innere sahen. Jaenelles Luftschild um sie her schrumpfte zusammen. Im Nu ließ er den schwarzen Schild verschwinden und legte eng anliegende, separate Schilde um seine Lady und sich. Dann kauerte er sich zwischen die Glasscherben und Holzsplitter und half den Kriegern, Jaenelle, die immer noch in der Luft schwebte, aus der Droschke zu schaffen.
Als Daemon aus der Droschke stieg, sah er, dass die Männer einen beschützenden Kreis um Jaenelle gebildet hatten. Auf sämtlichen Gesichtern spiegelte sich wütende Sorge wider.
»Wo ist der Kutscher?«, fragte er gefährlich sanft.
»Dort drüben«, sagte ein Krieger und deutete auf eine weitere Gruppe von Männern.
Die Männer in der Nähe des Kutschers wichen zurück, als er auf sie zukam. Er blickte auf den Mann hinab, der ausgestreckt auf der Straße lag und tastete ihn behutsam mit seinen mentalen Fühlern ab.
Tot, aber mental noch nicht ausgebrannt.
Er belegte den Fahrer mit einem schwarzen Schutzschild und ließ die Leiche verschwinden, ohne auf die überraschten Ausrufe der anderen Männer zu achten. Die Krieger, die um Jaenelle herumstanden, beobachteten ihn mit ängstlichen Blicken.
Jaenelle sah ihn einfach nur an.
Ihre Anwesenheit war der einzige Funke Wärme in einer Welt, die von einer süßen, tödlichen Kälte ergriffen worden war. Also konzentrierte er sich auf diesen Funken, während er seine Lady zu einer der Kutschen führte, die man ihnen anbot - und er blieb im Zentrum eines Sturmes, den er entweder beherrschen musste … oder auf Amdarh loslassen
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