Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
nicht davon abhalten können. Aber ich kann nicht hier bleiben und dir zusehen. In ein paar Tagen üben wir wieder mit der Pfanne - und wir werden weiter damit üben, bis du sie als Waffe einsetzen kannst.«
Lucivar bewegte sich schnell. Wenn sie nicht nach vorne gestürzt wäre, hätte sie den Türbogen erst erreicht, nachdem Lucivar den Horst bereits verlassen hatte.
»Kommst du zum Mittagessen zurück?«, wollte sie wissen.
»Ja.« Er sah sie nicht an, zögerte keine Sekunde, sondern schlug die Eingangstür hinter sich zu.
Marian ließ sich auf einen der Küchenstühle sinken und stützte den Kopf in die Hände. Er geriet in Wut, weil sie verschütteten Zucker aufkehrte, aber schleppte sie nach drau
ßen, um sie mit einer Bratpfanne nach Heuballen werfen zu lassen. Sie schleuderte einen Kochtopf nach ihm und verfehlte ihn, also brachte er ihr bei, wie sie ihm mit einer Pfanne die Knochen brechen könnte. Selbst wenn man bedachte, dass er Eyrier war, gab es nur eine einzige Erklärung für sein Verhalten: Der Mann hatte den Verstand verloren.
Und sie hatte ihn traurig gemacht. Es war nicht ihre Absicht gewesen, aber sie hatte ihn traurig gemacht. Natürlich hätte sie ihm gesagt, dass sie vorgehabt hatte, sich heute zu schonen, wenn er sie nicht angebrüllt hätte, sobald er die Küche betrat. Also war es im Grunde seine eigene Schuld, dass er jetzt unglücklich war. Doch das half ihr nicht dabei, sich besser zu fühlen.
Tränen traten ihr in die Augen. Es war nicht nur so, dass sie sich schuldig fühlte, weil sie ihn traurig gemacht hatte; jetzt war sie noch dazu allein, ihr Körper gehorchte ihr nicht, und, Mutter der Nacht, alles tat weh.
Marian betrachtete den Braten auf dem Hackbrett. Er war fast zu gut, um als Eintopf zu enden. Dann warf sie einen Blick auf die Kartoffeln, Möhren und Zwiebeln, die neben dem Brett auf der Arbeitsfläche lagen. Sie stieß einen Seufzer aus. Nein, in Wirklichkeit hatte sie nur keine Lust zu beginnen, weil sie nicht bedacht hatte, wie lange es dauern würde, einen Braten in kleine Stücke zu schneiden, wenn sie ein Messer benutzen musste. Mithilfe einfacher Kunst hätte sie es in einer Minute geschafft. Doch es half nichts. Wenn sie nicht gleich damit anfing, würde das Mittagessen viel zu spät auf den Tisch kommen.
Als sie nach dem Messer griff, klopfte es laut an der Eingangstür.
Ihr Herz hämmerte wild, als sie in das Vorderzimmer hinüberging. Vielleicht war es wieder diese Frau, Roxie. Marian hatte Lucivar nicht erzählt, dass die junge Hexe ein zweites Mal versucht hatte, den Horst zu betreten, als er nicht zu Hause war. Ebenso wenig hatte sie erwähnt, dass Roxie angedeutet hatte, sie würde sich in Riada mit ihm zu einem
Nachmittag voller Leidenschaft treffen. Sie hatte der Frau kein Wort geglaubt, doch die Begegnung hatte Fragen in ihr aufsteigen lassen, die sie sich nicht stellen sollte - zum Beispiel, wie Lucivar wohl küsste … und wie es sich anfühlen mochte, mit ihm im Bett zu sein.
Es klopfte erneut, diesmal noch energischer.
Sie konnte so tun, als sei niemand zu Hause. Sollte die Person es Lucivar gegenüber erwähnen, konnte sie immer noch sagen, sie sei in der Waschküche gewesen und habe das Klopfen nicht gehört. Nein, nicht die Waschküche. Das würde ihn nur wütend machen. Sie würde sagen, dass sie auf ihrem Zimmer gewesen sei, um sich auszuruhen. Außerdem hatte sie keine Lust, sich heute mit jemandem zu unterhalten.
Der Höllenfürst kam durch die Tür. Er glitt durch das Holz als sei das schwarzgraue Schloss gar nicht vorhanden. Natürlich trug der Höllenfürst ein schwarzes Juwel, sodass ein schwarzgraues Schloss für ihn nicht mehr als eine Unannehmlichkeit darstellte.
Er blieb stehen, sobald er sie erblickte. Seine Nüstern blähten sich leicht, und seine Miene verdüsterte sich und wurde beinahe bedrohlich.
»Was hat er angestellt?«, wollte Saetan eine Spur zu sanft wissen.
Marian schluckte, um den Kloß aus dem Hals zu bekommen. »Wie bitte?«
»Was hat mein Trottel von einem Sohn angestellt?«
Er hätte sie nicht mehr verblüffen können, wenn er sie wortlos geohrfeigt hätte. »Ich verstehe dich nicht.«
Saetan trat auf sie zu. »Er hat dich durcheinander gebracht.«
»Nein. Ja. Es war nicht …« Wie sollte sie auch nur einen klaren Gedanken fassen, wenn er sie auf diese Weise anstarrte?
Er stieß ein leises, verächtliches Geräusch aus und schüttelte den Kopf. Im nächsten Augenblick führte er sie in die Küche
Weitere Kostenlose Bücher