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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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eigentlich weniger. Ich brauche nur eine Aufstellung der Institutionen, in denen er in den letzten fünf Jahren war, über die Kliniken, die er aufgesucht, die Spezialisten, die er konsultiert hat – natürlich mit Datenangabe.«
    Addison war sichtlich irritiert. »Das wollen Sie alles wissen? Na ja, wenn es wirklich sein muß …« Die Akte war fünf Zentimeter dick, und Lewis machte sich geduldig seine Notizen. Sie brauchten fast eine Stunde. »Vielen Dank, Sir. Entschuldigen Sie bitte, daß ich Sie so lange aufgehalten habe.«
    Addison schwieg.
    Lewis stand auf, doch ehe er ging, stellte er noch eine letzte Frage, die nicht auf Morses Liste stand. »Was hat denn Mr. Bartlett, Sir?«
    »Schizophrenie.«
    »Ach so.« Lewis bedankte sich noch einmal und machte sich davon.
    Morse war nicht im Büro, als Lewis zurückkam. Sie hatten verabredet, sich, wenn es sich einrichten ließ, gegen zehn zu treffen. War Morse mit seinen Ermittlungen inzwischen fertig? Höchstwahrscheinlich hatte er Schluß gemacht und war auf ein Bier gegangen. Lewis sah auf die Uhr. Zehn nach zehn, er würde noch ein bißchen warten. Morse hatte offenbar etwas für sein Kreuzworträtsel nachgeschlagen, denn der Chambers lag auf dem unordentlichen Schreibtisch. Lewis griff danach.
    Ski–? Nein. Sci–? Nein. Orthographie war noch nie seine Stärke gewesen. Da war es: »Schizophrenie, dementia pra e cox und verwandte Krankheitszustände, gekennzeichnet durch Introversion und Verlust des Zusammenhangs zwischen Gedanken, Gefühlen und Handlungen.«
    Lewis war bereits bei dementia , als Morse hereinkam, der ausnahmsweise mal nichts getrunken hatte. Er hörte sich aufmerksam an, was Lewis zu berichten hatte, schien aber weder überrascht noch sonderlich aufgeregt zu sein.
    Um Viertel vor elf ließ er dann die Bombe platzen. »Ich habe eine Überraschung für Sie, alter Freund. Wir werden am Montag vormittag eine Verhaftung vornehmen.«
    »Da ist doch die Leichenschau.«
    »Eben. Da werden wir ihn festnehmen.«
    »Geht so was bei einer Leichenschau, Sir? Ist es legal?«
    »Legal? Legalitäten sind noch nie mein Fall gewesen. Aber vielleicht haben Sie recht. Dann machen wir es direkt danach, wenn er gerade –«
    »Und wenn er nicht da ist?«
    »Er wird schon da sein.«
    »Wer es ist, wollen Sie mir wohl nicht verraten?«
    »Damit würde ich mir ja den Spaß verderben. Wie wär’s mit einem schönen Bier? Zur Feier des Tages sozusagen.«
    »Aber die Pubs sind zu, Sir.«
    »Ach ja?« sagte Morse mit gespielter Überraschung. Er ging zu einem Wandschrank und holte ein halbes Dutzend Halbliterflaschen, zwei Gläser und einen Öffner heraus.
    »In unserem Job, Lewis, muß man auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.«
     
    Margaret Freeman hatte sich seit elf ruhelos im Bett herumgeworfen. Um halb zwei stand sie auf, ging auf Zehenspitzen am Zimmer ihrer Eltern vorbei in die Küche und setzte den Kessel auf. Sie hatte keine Angst mehr, wie Anfang der Woche, als sie froh gewesen war, nicht allein zu wohnen, wie manche ihrer Freundinnen. Nein, jetzt war sie eher ratlos. Sie konnte sich auf die Frage, die Morse ihr gestellt hatte, keinen Reim machen. Die anderen Mädchen fanden den Inspector ganz schön sexy. Ihr war er zu alt – und zu eitel. Als sie hereingekommen war, hatte er sich gekämmt und versucht, die kahle Stelle am Hinterkopf zu verdecken. Männer! Aber Mr. Quinn hatte ihr gefallen – vielleicht sogar mehr als erlaubt. Sie schenkte sich eine Tasse Tee ein und setzte sich an den Küchentisch. Warum hatte Morse ihr diese Frage gestellt? Er tat ja, als habe sie den Schlüssel zu einer ganz wichtigen Sache in der Hand. Ja, hatte er gesagt, es sei tatsächlich wichtig. Aber weshalb hatte er es wissen wollen? Sie hatte wachgelegen und darüber nachgegrübelt und immer wieder überlegt, weshalb er sie gerade das gefragt hatte. Warum war es für ihn so wichtig zu wissen, ob Mr. Quinn auf den Zettel, den er ihr hingelegt hatte, ihre Initialen geschrieben hatte? Natürlich hatte er es getan, der Zettel war ja schließlich an sie gerichtet. Sie war seine Sekretärin. Oder vielmehr – war seine Sekretärin gewesen. Sie schenkte sich eine zweite Tasse Tee ein, ging damit in ihr Zimmer und machte die Nachttischlampe an. Drohende Schatten schienen an der hinteren Wand zu lauern, während sie sich wieder ins Bett legte. Sie versuchte, ganz still zu liegen, und hatte plötzlich wieder große Angst.
     

24
     
    Lewis wartete am Montag vormittag vor dem Büro

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