Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)
Problem, Ellie. Damit hat unser Ende begonnen – dass ich es dir nicht erzählt habe, war der Anfang vom Ende.«
»Aber das habe ich jetzt nicht gemeint. Und es war genau so –«
»Stop. Wir reden jetzt nicht darüber. Der Tag war perfekt.« Er lächelte mir zu und sah wieder auf die Straße.
Ich lehnte mich gegen seine Schulter. »Es tut mir leid.«
»Das muss es nicht.« Er legte die Hand auf mein feuchtes Haar, Zufriedenheit erfüllte mich. In dem Augenblick war ich von Zufriedenheit erfüllt.
Und vielleicht, so dachte ich später am Abend, ist das alles, was wir erwarten können: Momente der Zufriedenheit.
ringen.«
S ECHZEHN
V om Fenster aus beobachtete ich die Menge, die sich in der Dämmerung auf Birdies Steg versammelt hatte. Gelächter wehte bis zum Gästehaus hinüber, durch die offenen Fenster bis ins Wohnzimmer, ein wohliges Geräusch.
Ich schlug Mutters Tagebuch auf und blätterte bis zu diesen Worten: »In diesem Jahr habe ich den Mann getroffen, den ich für immer lieben werde.«
Liebe. Eigentlich müsste es hundert Worte dafür geben, denn die Sache selbst ist viel zu komplex für nur fünf Buchstaben. Wir bekommen sie, wir bekommen sie nicht. Wir brauchen sie, wir verlieren sie. Wir gewinnen sie zurück, wir wollen sie. Wir weinen deswegen, wir lassen sie los.
Hutch hatte ich so ganz und gar geliebt, dass ich mir keinen anderen Mann in meinem Herzen vorstellen konnte. Zusammen waren wir vollständig, wir wollten uns nahe sein, die Stimme des anderen in Hörweite. Im Zeitalter vor Handys, SMS und E-Mails gelang es uns trotzdem immer, uns in den freien Momenten zwischen Seminaren, Verpflichtungen und anderen Freundschaften zu finden.
Die Trennung fühlte sich also an, als würde Haut vom Fleisch gerissen.
Trennungen sind immer furchtbar, das liegt in ihrer Natur – sich von etwas zu trennen ist immer ein Verlust. Bei Hutch und mir war das nicht anders.
Rustys Charme hatte sich seinen Weg in meine Seelegebahnt, und ein kleiner Teil von mir wollte beide Männer. Natürlich wollen wir immer alles, solange es irgendwie geht.
Ich war auf einer Gartenparty mit Rusty, als Hutch vorbeifuhr. Das wusste ich selbstverständlich nicht, wie auch? Aber macht es einen Unterschied, was wir wissen und nicht wissen, wenn wir unsere Entscheidungen treffen?
Und in der Nacht traf ich eine Entscheidung.
Die Band hatte Coverversionen von Rolling-Stones-Songs gespielt, und irgendwo mitten in »Wild Horses« zog Rusty mich an sich. Der erste Kuss war weder vorsichtig noch zärtlich – hier wurde Besitz ergriffen. Ich gehörte ihm. Das wusste ich ganz genau, auch wenn ich es monatelang niemandem gegenüber zugab. Ich mochte Rusty, ich erkannte dieses Gefühl – das Bedürfnis, bei ihm zu sein, ihn zu berühren, seine Küsse zu schmecken, seine Stimme zu hören. Ich kämpfte dagegen an, weil ich wusste, wenn ich mit Rusty zusammen bin, verliere ich Hutch. Bis heute verstehe ich nicht, wie mein Herz von einem zum anderen wandern konnte, aber irgendwie waren Mutters Worte über das, was richtig und falsch für mich sei, eine Saat, die sich zu einem Baum des Zweifels auswuchs.
Ein paar Abende später standen Hutch und ich auf der Außentreppe vor meiner Wohnung. Ich zitterte in meinem Wintermantel über einem dünnen Nachthemd. »Ellie, geh rein. Du wirst noch krank.« Seine Stimme war so kalt wie die eisige Luft.
»Bitte, Hutch. Geh nicht. Es tut mir leid.«
»Bitte mach es nicht noch schlimmer. Du willst offensichtlich mit einem anderen zusammen sein, Ellie.«
»Es tut mir leid. Ich bin völlig durcheinander.«
»Ich bin kein Notnagel. Und werde nie einer sein.«
»Was? Liebst du mich nicht mehr? Willst du das sagen?«
»Hier geht es nicht um meine Gefühle. Hier geht es darum, was ich tun muss, nicht, was ich fühle. Du willst offenbar mit ihm zusammen sein. Und ich habe nicht vor, den zweiten Platz einzunehmen. Ich stehe nicht zur Verfügung, wenn du nichts Besseres vorhast, nachdem du in dem tollen Haus am See und auf den eleganten Bällen und bei den Wohltätigkeitsveranstaltungen der High Society warst.«
»Du vertraust mir nicht.« Anklagend warf ich ihm das entgegen, als wäre er derjenige gewesen, den man knutschend in einem Vorgarten erwischt hatte.
»Ich habe gesehen, wie du mit Rusty Calvin vor über hundert Leuten rumgemacht hast. Ja, Ellie, das hat was mit Vertrauen zu tun.«
»Ich? Du warst zwei Jahre mit mir zusammen, ohne mir zu sagen, dass du im Gefängnis gesessen hast. Und du
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