Die Schwester der Braut
eine Freundin, kannst du dir das vorstellen?« Dana schüttelte angewidert ihren Kopf.
»Bei ihm kann ich es mir vorstellen. Wie er dich allerdings betrügen kann, ist mir ein Rätsel!« Es platzte einfach so aus ihr heraus. Alex war selbst überrascht, wie groß ihre Verachtung für den Mann war, der Dana derart verletzte. Sie fühlte sich emotional engagiert und wusste doch, dass sie eigentlich gar kein Recht auf Einmischung hatte. Sie war nicht Danas Retter in der Not. Sie war nicht einmal der Mensch, den Dana an ihrer Seite wollte. Was nichts an den Tatsache änderte: Alex wollte dieser Mensch für Dana sein.
»Du bist süß!« Dana legte ihre Hand an Alex Wange und streichelte sie.
Beide verloren sich in dem Moment. Alex lehnte den Kopf in Danas Hand und schaute die Freundin mit ihren dunklen, seelentiefen Augen an.
»Und du bist so wunderschön«, setzte Dana noch hinzu. Sie beugte sich zu Alex hinüber und küsste sie ganz sanft auf ihre Lippen, ehe sie ihre Stirn an Alex’ Stirn lehnte.
Die jüngere Frau blieb stumm. Sie brachte kein Wort heraus. Ihr Herz schlug wie wild. Sie wollte ihre Hände ausstrecken und Dana an sich ziehen, wagte es jedoch nicht.
»Ich will dir widerstehen, Alex. Leider machst du es mir verdammt schwer.« Dana zog sich wieder zurück, lächelte schüchtern.
»Ich hab mich gefragt . . .« Alex’ Stimme klang belegt. Sie räusperte sich. »Ich habe mich gefragt, ob du . . . vielleicht schon mal Erfahrungen mit Frauen gemacht hast?«, brachte sie schließlich hervor und errötete leicht.
Dana lächelte. »Erfahrungen mit Frauen? Nun, ich war auf dem College.« Beide mussten über das Klischee lachen. »Tatsächlich bestand diese Erfahrung nur aus einem Kuss . . . einem sehr leidenschaftlichen Kuss.«
»Erzähl mir davon. Bitte.«
Dana lachte auf. »Es war auf einer Party in einer Burschenschaft. Es war mein erstes Semester. Damals dachte ich noch, so etwas müsste man einmal erlebt haben. Ich ging nicht besonders viel aus. Ich war zum Studieren an der BU. An diesem Abend fand ich mich im Verbindungshaus der . . . warte, Kappa Delta Phi , wieder. Ich stand nahe dem Tisch mit den Erfrischungen und sah mich nach jemandem um, den ich vielleicht kannte, entweder aus meinen ersten Vorlesungen oder noch von der High School, denn einige meiner Klassenkameraden sind nach ihrem Abschluss an die BU gegangen.«
Alex musste nicht fragen, auf welche Uni sich Dana bezog. Die Boston University war auch die Alma Mater ihres Vaters gewesen.
»Ich bemerkte eine junge afro-amerikanische Kommilitonin, die in einem meiner Englisch-Seminare saß. Sie schien genauso verloren wie ich, obwohl sie schon ein erfahrenes Drittsemester war.« Dana schmunzelte, und Alex lachte auf. »Schscht, du weckst noch deine Mom«, schalt Dana.
Sie sahen sich beide nach dem Flur um, der zum Gästezimmer führte. Alles blieb ruhig.
»Wie dem auch sei, wir fingen ein Gespräch an. Ich glaube, es ging um den Russischen Existentialismus und wie er die amerikanische Literatur geprägt hat. Es war natürlich ein heilloses Chaos aus Musik und lärmenden Studenten um uns. Petra schlug ein ruhigeres Plätzchen vor. Wir gingen ins obere Stockwerk und fanden tatsächlich eines der Zimmer unverschlossen. Ich bekam auch gar nicht mit, dass sie die Tür abschloss, als wir drin waren.« Dana machte eine Pause für den dramatischen Effekt.
»Oho . . .« Alex lächelte.
»Es stellte sich heraus, dass Petra gar nicht so sehr am Russischen Existentialismus interessiert war. Wir saßen beide auf dem Bett eines der Knaben der Verbindung. Sie lehnte sich zu mir rüber und küsste mich.« Dana seufzte. »Es war . . . wundervoll. Sehr sexy, sehr . . . leidenschaftlich. Hätte nicht jemand versucht, ins Zimmer zu kommen, ich weiß nicht, wie weit wir gegangen wären. Allerdings waren unsere Hände nicht gerade sittsam im Schoss gefaltet, während unsere Lippen einander erforschten. Wenn du verstehst, was ich meine.«
Alex unterdrückte ein Lachen. »Ja, ich glaube, ich kann es mir vorstellen.«
»Nichts unterhalb der Gürtellinie, doch darüber . . . sehr eifrig.« Dana lächelte. »Wie gesagt, jemand wollte unbedingt ins Zimmer, daher mussten wir unsere kleine, intime Party aufgeben. Ich hätte den Abend gern noch fortgesetzt. Nachdem wir praktisch erwischt worden waren, wurde Petra ganz komisch und wollte nur noch nach Hause. Bei unserer nächsten Begegnung versicherte sie mir, sie sei nicht lesbisch, sondern
Weitere Kostenlose Bücher