Die Schwester der Braut
Augen.
Alex selbst fühlte sich ebenfalls erschöpft, wenngleich auch sehr erleichtert. Sie war ein paar Dinge losgeworden. Das hatte gutgetan. Ihre Gefühle allerdings waren noch immer genau dort, wo Dana sie zurückgelassen hatte: in der Warteschleife.
Während Alex ihren ersten Cocktail leerte, stand auch Dana an einer Bar. Diese Bar gehörte zu dem Restaurant, in dem sie arbeitete. Dort stand sie, während sie sich in ihre Jacke schwang. Ihre Handtasche hatte sie auf einen der Barstühle gelegt, denn der Barkeeper, Louis, wischte gerade zum letzten Mal die Theke. Es war fast Mitternacht und Zeit für den Feierabend.
»Kann ich dir noch einen auf den Weg geben, Dana? Du kannst auch gern mit zu mir kommen, dann mixe ich uns beiden noch etwas Leckeres«, flirtete der Barkeeper.
Dana lachte auf. Sie nahm den gutaussehenden Afro-Amerikaner genauso wenig ernst wie die anderen Frauen, die mit ihm arbeiteten. Er flirtete mit allen von ihnen. Was er wohl für ein Gesicht machen würde, wenn eine von ihnen tatsächlich einmal auf seine Anmache einging?
»Danke, Louis, aber mir steht derzeit nicht der Sinn nach männlicher Gesellschaft.« Dana legte sich ein dünnes Tuch um den Hals. Es war in der letzten Woche erheblich kühler geworden.
»Tatsächlich?«, fragte er nach und grinste. »Dann bevorzugst du im Moment weibliche Gesellschaft? Das hätte ich nicht von dir gedacht, Dana. Ehrlich gesagt, bricht es mir das Herz.« Er machte ein trauriges Gesicht.
Dana rollte mit den Augen. »Das tut mir fast leid, Louis. Aber es ist wohl wahr: Frauen sind einfach die besseren Männer. Oder vielleicht sind wir einfach nur die besseren Menschen.«
»Seid ihr auch die besseren Liebhaber?« Louis lehnte sich auf die Theke. Er fand die ganze Unterhaltung offensichtlich sehr amüsant.
Dana fragte sich, ob er sie auch nur ein bisschen ernst nahm, denn sie selbst war ein kleines bisschen ernst. »Ich kann zumindest sagen, dass wir besser küssen«, entgegnete sie schelmisch grinsend.
Louis spielte den Schockierten. »Na so was, Mrs. Lincoln. Da tun sich ja Abgründe auf.«
Dana lachte und zuckte die Schultern.
»Ich nehme an, diese Frau über die wir reden, sieht auch noch sehr gut aus?«
Danas Blick traf den ihres Kollegen voll. Sie lächelte selbstbewusst. »Das tut sie. Zudem ist sie unanständig erfolgreich, groß, atemberaubend.«
»Wie soll da ein einfacher Barkeeper mithalten?«, fragte Louis gespielt beleidigt. »Sag mir nicht, dass sie ihre eigene Bar hat, dann fang ich an zu weinen.« Das war sein Traum.
»Nein, sie schreibt für die Sun «, rutschte es Dana heraus.
»Politik?«
»Sport.« Dana konnte kaum glauben, wie schnell diese hypothetisch alberne Konversation in die Wahrheit umschlug. Sie schloss die Augen, fühlte einen Moment Erleichterung, denn es tat gut, diese Dinge laut zu sagen, sich zu offenbaren, selbst, wenn ihr Gegenüber nicht wusste, dass sie es tat.
Louis sah sie in diesem Moment tatsächlich sehr ernst und nachdenklich an. »Alex Herrera?«, fragte er.
Dana riss die Augen auf. Wie konnte er das wissen? »Woher . . . Louis!« Dana sah sich um, doch die drei ihrer Kollegen, die sie sehen konnte, unterhielten sich im Gang zu den hinteren Räumlichkeiten. Sie waren in ihr Gespräch vertieft.
»Es stimmt?«, fragte er sie überrascht. »Du und Alex?«
»Louis, ich . . . Nein, wir sind nicht . . . Es ist . . . kompliziert.« Panik stieg in Dana auf. Diese war fast schon vertraut, deswegen jedoch auch nicht leichter zu kontrollieren. »Wie kommst du gerade auf Alex?«, fragte sie schließlich, nachdem sie mehrmals tief durchgeatmet hatte.
»Du weißt es vermutlich nicht mehr. Ich bin mit Alicia zur Schule gegangen. Wir waren sogar mal ein paar Monate zusammen. Ich habe immer vor eurem Haus geparkt, denn ich hatte eine Heidenangst vor Alicias Dad. An einem Abend haben wir so lange vor eurem Haus gestanden und geknutscht, dass dein Mann irgendwann gegen mein Fenster geklopft hat. Himmel, ich hab’ damals fast einen Herzinfarkt bekommen. Ich weiß, dass ihr euch kennt, weil ihr gegenüber voneinander gewohnt habt. Und ich weiß, dass Alex bei der Sun arbeitet, weil ihre Mutter und ich uns immer noch grüßen und uns gelegentlich auch unterhalten. Alex war zur Hochzeit von Alicia hier, nicht wahr?«
Dana nickte langsam. »Es ist nicht . . . ich meine, wir sind nicht zusammen, Louis. Es ist . . . einfach so eine Sache . . .«
»Dana, ganz ruhig. Ich werde es niemandem
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