Die Schwester der Braut
bisschen Zeit mit meiner Ältesten verbringen und dachte, ich lade dich zum Lunch ein. Das heißt, wenn du nicht zu beschäftigt bist.« Lauren deutete auf die Tabelle, die Alex’ Desktop zierte. »Sieht faszinierend aus«, bemerkte sie nicht sehr überzeugend.
»Das sind Baseballstatistiken, Mom, und sie sind faszinierend.« Alex lächelte. »Ich würde gern mit dir Essen gehen.« Sie blickte auf die kleine Uhr am unteren, rechten Bildschirmrand. War es tatsächlich schon Mittag? Hatte sie sich nicht gerade erst in ihren Bürostuhl gesetzt? War das schon zwei Stunden her? Alex schüttelte den Kopf, um die Staubweben zu entfernen, die sich offenbar in den letzten Stunden gebildet hatten. Sie stand auf und streckte sich.
»So faszinierend, dass du fast darüber eingeschlafen wärst?«, bemerkte ihre Mutter auf Alex’ genüssliches Gähnen hin.
Am Wochenende war das Büro nie sehr belebt, da viele Kollegen von zu Hause arbeiteten, um wenigstens zwischendurch ein bisschen Zeit mit ihren Familien zu verbringen. Nachrichten schliefen nun einmal nicht. Daher schloss auch die Zeitung selten ihre Türen. Alex war gern am Wochenende im Büro. Das hatte ihre Mutter gewusst und war, statt zu Alex’ Wohnung zu fahren, gleich in das große Bürogebäude gegangen, das ihren Arbeitsplatz beherbergte.
»Ich habe nicht geschlafen. Ich war sehr konzentriert bei der Arbeit«, entgegnete Alex nicht ganz ernst und zog ihre Jacke von ihrer Stuhllehne, bevor sie hineinschlüpfte. Sie bemerkte, dass sie ihre Mutter noch gar nicht richtig begrüßt hatte und küsste die ältere Herrera auf die Wange. »Hallo, Mom. Du siehst gut aus.«
»Danke. Das macht vermutlich der Wind da draußen. Da sieht das Haar immer aus wie frisch zerzaust.«
Alex lachte über die Worte ihrer Mutter. Sie wirkte richtig ausgelassen. »Du hast gute Laune.«
»Ja, ich habe heute Morgen mit Ally gesprochen. Ihre Stimmung ist ansteckend. Glücklich wie am ersten Tag ihrer Ehe.«
»Kein Wunder, der ist ja auch gerade erst zwei Wochen her.« Alex grinste. Sie war froh, dass ihre Mutter an sie gedacht hatte und den langen Weg nach Baltimore gefahren war, um einfach ein paar Stunden mit ihr zu verbringen. Alex fühlte sich in letzter Zeit isoliert, was vermutlich ihre eigene Schuld war. Sie hätte ihre Mutter schon längst einmal wieder in Dennizville besuchen können. Sie hatte es nicht getan. Der Grund war einfach: Sie wollte es zu sehr. Nicht wegen ihrer Mutter, sondern wegen Dana. Die Versuchung, sie zu besuchen, sie zu sehen, war zu groß. Dana wollte Abstand. Den wollte Alex ihr geben – auch wenn es hart für sie war.
Mutter und Tochter betraten ein kleines Deli, das dem riesigen Bürogebäude der Sun gegenüber lag. Alex aß gern hier und auch regelmäßig. Manchmal mit Kollegen, manchmal allein. Es gab vor allem Kleinigkeiten zu essen, Sandwiches, verschiedene Bagels, immer frisch und reichhaltig belegt, mit leckeren selbstgemachten Dressings.
Sie setzten sich an einen der hohen Tische am Fenster und schlugen die Karten auf, die dort lagen. Sie unterhielten sich über die verschiedenen, kulinarischen Möglichkeiten. Alex wies ihre Mutter auf einige ihrer Favoriten hin. Kurz darauf kam eine Bedienung an ihren Tisch, und sie bestellten.
»Es ist nett hier. Wieso waren wir noch nie zusammen in diesem Restaurant?« Lauren war nicht entgangen, wie gut sich Alex mit den Speisen auskannte.
»Wir waren schon zusammen hier, aber damals war noch ein Chinese drin. Dieses Deli gibt es erst seit gut einem halben Jahr«, antwortete Alex.
»Richtig! Der Chinese war schrecklich«, stimmte Lauren zu.
Alex lachte. »Er war okay. Trotzdem serviert man jetzt hier auf jeden Fall besseres Essen.«
»Das werde ich noch kosten müssen.«
Alex schüttelte den Kopf über ihre Mutter. Sie wirkte ausgelassen, irgendwie belebt. »Also, wie kommt es, dass du heute einfach so spontan in die Stadt gekommen bist?«
Die Kellnerin brachte die Getränke und unterbrach Alex.
»Danke«, wandte sich Alex an das junge Mädchen, das ein großes Glas Eistee vor sie hinstellte. Ihre Mutter hatte einen Kaffee bestellt.
»Wie gesagt, ich habe mit Ally gesprochen. Sie ist so begeistert von ihren Flitterwochen! Sie will mir all ihre eine Millionen Fotos zeigen. Du sollst sie ebenfalls anschauen. Und zwar Dienstagabend. Natürlich gibt es auch etwas zu essen.«
»Ist das eine Einladung zum Abendessen?«, fragte Alex belustigt.
»Ja, was soll es sonst sein?«
»Kein Ahnung. Werde ich
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