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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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»Ich befehle es Euch.«
    Ich strich mit dem Handrücken zärtlich über den Pelz an seinem Wams. »Was bleibt mir dann anderes übrig, als Euch zu gehorchen?«
    »Ausgezeichnet.« Er führte mich durch eines der kleinen Gartentore ins Haus. Kaum hatte sich die Tür hinter uns geschlossen, nahm er mich schon in die Arme, küßte mich und führte mich in sein Schlafgemach, wo wir uns den ganzen Nachmittag liebten, während Anne, das vom Schicksal begünstigte Boleyn-Mädchen, das bevorzugte Boleyn-Mädchen, krank vor Sorgen auf ihrem jungfräulichen Bett lag.
     
    An jenem Abend gab es Schauspiel und Tanz. Wie immer übernahm Anne die Hauptrolle, und ich war eine der Tänzerinnen. Anne war blasser denn je, nur noch ein matter Abglanz ihrer früheren Schönheit. Sogar unsere Mutter bemerkte es. Sie befahl mich mit einer Handbewegung zu sich.
    »Ist Anne krank?«
    »Nicht mehr als sonst«, erwiderte ich knapp.
    »Sag ihr, sie soll sich ausruhen. Wenn sie ihr gutes Aussehen verliert, ist alles dahin.«
    |312| Ich nickte. »Sie ruht sich aus, Mutter«, antwortete ich vorsichtig. »Sie liegt auf dem Bett, aber von ihrer Angst bekommt sie keine Pause. Ich muß jetzt tanzen.«
    Sie entließ mich. Ich wirbelte durch den Saal und hatte dann meinen Auftritt im Maskenspiel. Ich merkte, daß Anne das Gesicht verzog. Ich hatte wohl irgendeines der lateinischen Worte falsch ausgesprochen. William zwinkerte mir zu und kämpfte mit dem Lachen. Er wußte, daß ich eigentlich meinen Text hätte lernen sollen, anstatt mich den ganzen Nachmittag mit ihm zu vergnügen.
    Am Ende des Abends war Anne genauso blaß wie ihr silbernes Gewand. Nicht einmal der Tanz hatte Farbe auf ihre Wangen gebracht.
    Wir gingen zusammen in unsere Gemächer. Anne strauchelte auf der Treppe. Als ich die Hand ausstreckte, um sie zu stützen, merkte ich, daß ihre Haut schweißnaß war.
    »Anne, bist du krank?«
    »Nur müde«, erwiderte sie schwach.
    Nachdem sie sich in unserem Zimmer den Puder vom Gesicht abgewischt hatte, sah ich, daß ihre Haut ganz durchscheinend war. Sie zitterte, wollte sich weder waschen noch kämmen. Sie taumelte mit klappernden Zähnen ins Bett. Ich schickte einen Diener nach George.
    »Hol einen Arzt«, sagte ich ihm. »Das ist nicht nur die Müdigkeit.«
    George blickte an mir vorüber ins Zimmer, wo Anne zusammengekrümmt im Bett lag, die Decke um die Schulter gezogen. Ihre Haut war gelblich, und sie bibberte, als fröre sie.
    »Mein Gott, das Schweißfieber«, sagte George und benannte die neben der Pest meistgefürchtete Krankheit.
    »Ich glaube, ja«, erwiderte ich finster.
    Er schaute mich an, und die Furcht stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Was wird aus uns, wenn sie stirbt?«
     
    Das Schweißfieber hatte den ganzen Hof in der Gewalt. Ein halbes Dutzend anderer, die auch beim Tanz gewesen waren, lagen bereits zu Bett. Eine junge Frau war schon gestorben. |313| Annes Zofe lag todkrank in den Räumen, die sie mit einem halben Dutzend anderer teilte. Während ich wartete, daß der Arzt Medikamente für Anne schickte, erreichte mich eine Botschaft von William: Ich solle mich von ihm fernhalten und in Aloe-Essenz baden, denn auch ihn habe das Schweißfieber ereilt. Er betete zu Gott, daß er mich nicht angesteckt habe.
    Ich eilte zu seinen Gemächern und sprach von der Tür aus mit ihm. Seine Gesichtsfarbe war gelblich wie die von Anne. Auch er lag unter einem Haufen Decken und bibberte trotzdem vor Kälte.
    »Kommt nicht ins Zimmer«, befahl er mir. »Kommt nicht näher.«
    »Kümmert sich jemand um Euch?« fragte ich.
    »Ja, und ich fahre noch heute in einer Kutsche nach Norfolk«, antwortete er. »Ich möchte nach Hause.«
    »Wartet ein paar Tage, und fahrt erst, wenn es Euch besser geht.«
    Er blickte vom Bett zu mir herüber. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. »Ach, meine törichte kleine Frau«, sagte er. »Ich kann es mir nicht leisten, lange zu warten. Sorgt für die Kinder in Hever.«
    »Natürlich«, erwiderte ich und verstand immer noch nichts.
    »Meint Ihr, wir haben ein Kind gemacht?« fragte er.
    »Ich weiß es noch nicht.«
    William schloß kurz die Augen, als wünschte er sich etwas. »Nun, was auch immer geschieht, es liegt alles in Gottes Hand«, meinte er. »Aber ich hätte doch gerne mit Euch einen echten Carey gezeugt.«
    »Dafür ist noch viel Zeit«, versicherte ich ihm. »Wenn es Euch wieder besser geht.«
    Er schenkte mir ein winziges Lächeln. »Daran werde ich immer denken, meine kleine Frau«, sagte er

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