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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ließ er seinen Gesprächspartner stehen und kam zu mir. Seine Rüstung war gleißend hell poliert wie Silber, die Verzierungen waren golden. Die Lederriemen, die seinen Brustharnisch und seinen Armschutz hielten, waren rot und glatt wie Samt. Er wirkte größer, wie ein strahlender Held aus längst vergangenen Kriegen. Die Sonne ließ das Metall hell aufblitzen, so daß ich einen Schritt zurück in den Schatten treten und die Hände schützend vor die Augen legen mußte.
    »Mistress Carey, in Dunkelgrün.«
    »Ihr strahlt so sehr«, erwiderte ich.
    »Und Ihr würdet selbst im schwärzesten Schwarz alle blenden.«
    Ich antwortete nichts. Ich schaute ihn nur an. Wenn Anne oder George in der Nähe gewesen wären, hätten sie mir ein Kompliment einflüstern können. Mir jedoch war der Verstand abhanden gekommen, von der Begierde völlig verdrängt. Ich konnte kein Wort hervorbringen, nichts tun, ihn nur ansehen, |47| und ich wußte, daß mir das Verlangen ins Gesicht geschrieben stand. Er schwieg ebenfalls. Wir standen da, blickten einander unverwandt an.
    »Ich muß Euch allein sprechen«, sagte er schließlich.
    »Majestät, ich kann nicht.«
    »Ihr wollt nicht?«
    »Ich wage es nicht.«
    Bei dieser Antwort sog er die Luft tief ein, als wollte er meine Lust einatmen. »Ihr könnt mir vertrauen.«
    Ich riß meine Augen von seinem Gesicht los, wandte den Blick ab, sah nichts mehr. »Ich wage es nicht«, wiederholte ich schlicht.
    Er streckte den Arm aus, führte meine Hand an die Lippen und küßte sie. Ich spürte seinen warmen Atem an den Fingern und – endlich – das sanfte Streicheln seines lockigen Schnurrbarts.
    »Oh, weich.«
    Er blickte von meiner Hand auf. »Weich?«
    »Euer Schnurrbart«, erklärte ich. »Ich hatte überlegt, wie er sich wohl anfühlen würde.«
    »Ihr habt überlegt, wie sich mein Schnurrbart wohl anfühlen würde?« fragte er.
    Ich spürte, daß mir die Hitze ins Gesicht stieg. »Ja.«
    »Wenn Ihr von mir geküßt würdet?«
    Ich senkte den Blick auf die Füße, so daß ich ihm nicht in die strahlend blauen Augen sehen mußte, und nickte unmerklich.
    »Ihr habt Euch gewünscht, von mir geküßt zu werden?«
    Da schaute ich auf. »Majestät, ich muß gehen«, sagte ich verzweifelt. »Die Königin hat mich auf einen Botengang geschickt und wird sich schon fragen, wo ich bleibe.«
    »Wohin hat sie Euch geschickt?«
    »Zu Eurem Stallmeister, um herauszufinden, welches Pferd Ihr reitet und wann Ihr reiten sollt.«
    »Das kann ich ihr selbst mitteilen. Warum solltet Ihr in der glühenden Sonne herumlaufen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es macht mir nichts aus, für sie Botengänge zu machen.«
    |48| Er schnalzte mißbilligend mit der Zunge. »Und sie hat genügend Dienstboten, die für sie über das Turniergelände laufen können, weiß Gott. Sie hat ihren vollständigen spanischen Hofstaat, während mir nicht einmal mein kleiner Troß gegönnt wird.«
    Aus dem Augenwinkel erblickte ich Anne, die eben durch die Tücher trat, die man im Zelt der Königin drapiert hatte, und wie angewurzelt stehenblieb, als sie den König und mich so nah beieinander sah.
    Sanft ließ er mich los. »Ich gehe jetzt zu ihr und beantworte ihre Fragen zu meinen Pferden. Was macht Ihr?«
    »Ich komme bald nach«, antwortete ich. »Ich brauche ein wenig Zeit, ehe ich hineingehe, ich fühle mich sehr …« Ich brach ab, weil es mir unmöglich war, meine Gefühle auszusprechen.
    Er blickte mich zärtlich an. »Ihr seid sehr jung für dieses Spiel, nicht wahr? Boleyn oder nicht. Sie sagen Euch wohl, was Ihr zu tun habt, schieben und drängen Euch in meine Richtung, nehme ich an.«
    Wenn Anne nicht im Schatten des Turnierzeltes gelauert hätte, ich hätte ihm den Plan meiner Familie gestanden. Da sie mich aber beobachtete, schüttelte ich nur den Kopf. »Für mich ist es kein Spiel.« Ich wandte den Blick ab, ließ meine Lippen ein wenig beben. »Ich versichere Euch, für mich ist es kein Spiel, Majestät.«
    Er hob die Hand, faßte mich unters Kinn und drehte mein Gesicht zu sich hin. Einen atemlosen Augenblick lang dachte ich voller Furcht und Wonne, er würde mich vor aller Augen küssen.
    »Fürchtet Ihr Euch vor mir?«
    Wieder schüttelte ich den Kopf und widerstand der Versuchung, mein Gesicht in seine Hand zu schmiegen. »Ich fürchte mich vor dem, was geschehen könnte.«
    »Zwischen uns?« Er lächelte das selbstsichere Lächeln eines Mannes, der weiß, daß die Frau, die er begehrt, nur wenige Augenblicke von

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