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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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und die Burg der englischen Festung Calais auf.
    Widerwillig ließ er mich los. »Ich komme Euch besuchen, sobald wir uns eingerichtet haben.«
    »Ich werde nach Euch Ausschau halten.«
    Wir standen in einigem Abstand voneinander. Menschen kamen auf Deck, lobten die ruhige Überfahrt und schauten übers Wasser auf die Stadt Calais.
    »Geht es Euch jetzt gut?« fragte ich, während ich spürte, wie die gewohnte Kühle meines Lebens die leidenschaftliche Vertrautheit wieder verdrängte.
    William hatte den Anstand, wenigstens verwirrt zu schauen. »Oh, meine Seekrankheit, die hatte ich ganz vergessen.«
    Plötzlich begriff ich, daß er mich überlistet hatte. »War Euch überhaupt übel? Nein! Kein bißchen! Es war alles nur erfunden, damit ich mich neben Euch setzte und Euch umarmte und festhielt, während Ihr schlieft.«
    Er schaute herrlich verlegen drein, ließ den Kopf hängen wie ein gescholtenes Kind, doch dann blitzte ein Lächeln in seinem Gesicht auf. »Aber sagt Ihr mir, Lady Carey«, forderte er mich auf, »habt Ihr nicht auch gerade die sechs glücklichsten Stunden Eures Lebens verbracht?«
    Ich biß mir auf die Zunge. Ich grübelte. Es mußte in meinem Leben ein gutes Dutzend glücklicher Augenblicke gegeben haben. Ich war die Geliebte eines Königs gewesen, ein liebevoller Gatte hatte mich zurückerobert, und viele Jahre war ich die erfolgreichere Boleyn-Schwester gewesen. Aber die glücklichsten sechs Stunden?
    »Ja«, antwortete ich schlicht, »das waren die sechs glücklichsten Stunden meines Lebens.«
    |443| Das Schiff machte unter viel Lärm und Getümmel fest. Alle, der Hafenmeister, die Matrosen und die Dockarbeiter, sahen zu, wie der König und Anne von Bord gingen, und jubelten ihnen zu, als sie ihren Fuß auf englischen Boden in Frankreich setzten. Dann besuchten wir alle zusammen mit dem Gouverneur von Calais die Messe in der Nikolauskapelle. Der Gouverneur machte viel Aufhebens um Anne und behandelte sie, als sei sie eine gekrönte Königin. Der König von Frankreich jedoch war weit weniger zugänglich, und so mußte Henry Anne in Calais zurücklassen, als er zu seinem Treffen mit François aufbrach.
    »Was für ein Narr!« murmelte Anne vor sich hin, als sie von der Festung von Calais aus Henry an der Spitze seiner bewaffneten Männer davonreiten sah. Er schwenkte den Hut, grüßte die Menschenmenge und drehte sich dann im Sattel um und winkte, in der Hoffnung, sie würde ihm hinterherschauen.
    »Warum?«
    »Er muß doch gewußt haben, daß die Königin von Frankreich mich nicht sehen will. Schließlich ist sie eine spanische Prinzessin. Und so hat er nun auch der Königin von Navarra Gelegenheit gegeben, mir eine Begegnung zu verweigern. Man hätte sie niemals einladen dürfen.«
    »Hat sie Gründe für ihre Ablehnung genannt? Sie war immer so nett zu uns, als wir klein waren.«
    »Sie meinte, mein Benehmen sei skandalös«, antwortete Anne knapp. »Großer Gott, wie sich diese Frauen zieren, sobald sie sicher verheiratet sind. Man sollte meinen, keine hätte je darum gekämpft, sich einen Ehemann zu ergattern.«
    »Wir werden also den französischen König überhaupt nicht zu Gesicht bekommen?«
    »Offiziell nicht«, antwortete Anne. »Keine der Damen will mich empfangen.« Sie trommelte ungeduldig mit den Fingern auf das Fensterbrett. »Katherine wurde seinerzeit von der Königin von Frankreich persönlich begrüßt, und bis heute erzählen alle, wie freundschaftlich sie miteinander umgegangen sind.«
    »Noch bist du nicht Königin, weißt du«, erinnerte ich sie vorsichtig.
    |444| Sie warf mir einen eisigen Blick zu. »Ja«, erwiderte sie. »Das weiß ich. Ich bemerke das schon sechs Jahre lang. Ich hatte genügend Zeit, mir das bewußt zu machen, vielen Dank. Aber ich werde Königin. Und wenn ich das nächste Mal nach Frankreich komme, und zwar als Königin, dann soll sie es bereuen, daß sie mich beleidigt hat. Und wenn Margret von Navarra ihre Kinder mit meinen Söhnen verheiraten will, vergesse ich bestimmt nicht, daß sie mein Benehmen skandalös genannt hat.« Sie schaute mich durchdringend an. »Und ich vergesse bestimmt auch nicht, daß du mich ständig darauf hinweist, daß ich noch nicht Königin bin.«
    »Anne, ich habe nur …«
    »Halt besser deinen Mund, und denke zur Abwechslung einmal nach, ehe du sprichst«, herrschte sie mich an.
     
    Henry lud König François von Frankreich ein, mit ihm in die englische Festung Calais zurückzukehren. Zwei Tage lang mußten wir

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