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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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Nastasja: »Auch Ihnen einen Guten Tag, Fräulein …« Sie unterbrach sich, als würde sie auf eine Antwort warten.
    Nastasja spürte ihre Hände heiß werden. »Nastasja Dudarova«, stellte sie sich unbeholfen vor.
    Â»Lena Leskov«, erwiderte Lena entgegenkommend. »Es freut mich, Sie kennenzulernen.« Schließlich fügte sie hinzu: »Gavril, kannst du dem Fräulein … Dudarova sagen, dass sie uns allein lassen soll?«
    Er nickte träge. »Du kannst gehen.«
    Die junge Frau machte einen Knicks und folgte der Anweisung, doch im Hinausgehen hörte sie noch Lenas Frage: »Müssen wir auch um deine Tochter Angst haben?«

17
    Anabah, Panshir Medical Centre
Samstag, 25. Dezember, 18.45 Uhr
    Als sie das Tarnnetz entfernt hatten, öffnete Kirill die Tür des Rettungswagens, holte zwei Kittel hervor und reichte einen davon Taras. »Wir ziehen sie über die Tarnanzüge«, sagte er.
    Nachdem sie die Kittel übergestreift hatten, winkte Kirill seinen Gefährten beiseite und erklärte ihm das Problem: »Wir können nicht auf dem Krankenhausareal landen. Wir nehmen den Rettungswagen.«
    Taras sah ihn unverwandt und mit undurchdringlichem Blick an. Seine Gesichtszüge wirkten wie eingemeißelt.
    Â»Wir beide sind die Fahrer«, fügte der Sibirier hinzu. »Vier von deinen Leuten kommen mit uns, hintendrin. Die anderen bleiben zur Verteidigung des Hubschraubers hier. Alles klar?«
    Taras nickte und ging zu seinen Leuten, während Kirill erneut das Cockpit betrat.
    Igor hatte eine geeignete Freifläche für die Landung gefunden und verlor allmählich an Höhe.
    Â»Wenn jemand angreift, musst du sofort starten«, befahl Kirill. »Also, lass die Motoren laufen.«
    Â»Dann schalte ich das Taxameter an«, scherzte Igor.
    Kirill gab ihm einen Klaps auf die Schulter und stieg dann in den Rettungswagen. Taras saß neben ihm, die Maschinenpistolen hatten sie unter den Sitzen versteckt. Kirill schaltete das satellitengestützte Militärnavigationsgerät ein und wählte unter den vorgegebenen Einstellungen das Krankenhaus von Anabah. Er hatte von Anfang an damit gerechnet, eventuell mit dem Rettungswagen fahren zu müssen, aber er hatte gehofft, dass es nicht nötig sein würde.
    Eine starke Erschütterung verriet, dass die MI -26 den Boden erreicht hatte: Die Ladeklappe öffnete sich. Kirill startete den Motor und fuhr auf die Entladerampe. Auf dem Navigationsgerät erschien ein Signal, und der Sibirier las die Zeit ab, die sie voraussichtlich bis zum Ziel benötigen würden: sechs Minuten. Zu viel, dachte er und schaltete instinktiv das Martinshorn an. Eine Geste, die in einer solchen Umgebung derart absurd war, dass selbst Taras lächeln musste.
    Während sie durch die erdfarbene Landschaft zum Krankenhaus von Anabah fuhren, dachte Kirill an all die Gespräche, die er vor vielen Jahren, während seiner Zeit an der Front, mitangehört hatte.
    Â»Afghanistan ist ein armes und feindlich gesinntes Land«, hieß es auf der ersten Seite seines Militärhandbuches. Doch einmal hatte ihm eine alte Tadschikin mit smaragdgrünen Augen, die auf einem Stein vor einer Brücke gesessen und sich nicht hatte entschließen können, sie zu überqueren, gesagt: »Afghanistan ist ein altes Land, dem keiner von euch mit Achtung begegnet.«
    In Wahrheit war Afghanistan ein Durchgangsland, Dreh- und Angelpunkt des zentralasiatischen Handels, und deshalb wurde es im Lauf der Jahrhunderte von allen geplündert: von Alexander dem Großen bis zu den indischen Maurya, von den Kalifen bis zu Dschingis Khan, den Osmanen, den Engländern, Sowjets und heute, im Namen der ISAF , der ganzen Welt: zum krönenden Abschluss einer zweieinhalbtausendjährigen Besatzung.
    Dennoch war der Anblick, der sich einem durch die Windschutzscheibe des Rettungswagens bot − die gewaltigen Gipfel des Hindukusch, die rings um die Ebene von Anabah emporragten −, einfach fantastisch: eine raue, wunderschöne Landschaft, mit Hunderten von Häusern aus Stein und Lehm, denen das Licht des Sonnenuntergangs einen urtümlichen Zauber verlieh.
    Mit einem Mal geschah etwas Wunderbares, etwas, das Kirill verblüffte. Nach und nach gingen hier und dort die Lichter an. Nicht die primitiven Gaslampen, die er gewohnt war, sondern elektrische. Zwar wenige, aber genug, um die Dunkelheit zu erhellen, die sich

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