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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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möglich außerhalb des Kollegiums aufzuhalten, sobald sein Unterricht beendet war. Dieser Umstand und die Befürchtung, dass Vibol früher oder später sehr viel energischer auf die Erledigung des Auftrages drängen würde, bewog ihn dazu, sich endlich, wenn auch halbherzig, eines regnerischen Abends an die Verfolgung Hadmuts zu wagen. Er hatte nicht vor, sie an die Kröte zu verraten, aber zumindest würde er nicht lügen müssen, wenn Vibol ihn fragen sollte.
    Hadmut verließ das Kollegium spät, weil sie noch mit Caledrain gearbeitet hatte, und Lluis wusste, dass sie an diesem Abend nicht mehr im Einäugigen einkehren würde. Sie hatte ihm erzählt, dass sie am Abend zuvor lange mit Vibol über den Büchern gesessen und festgestellt hatte, dass einer seiner Hauptleute ihn seit Monaten um seinen Anteil betrogen haben musste. Lluigolf schauderte bei dem Gedanken, was diesem tollkühnen Mann für ein Schicksal blühen mochte.
    Â»Roske hat sich nach dir erkundigt«, hatte Hadmut gesagt. »Er fragt, ob du ihm untreu geworden bist – und er hat mir eine Nachricht für dich mitgegeben.« Sie grinste, als sie ihm das Briefchen reichte. »Du hast mir nie erzählt, dass du eine Freundin hast.«
    Lluis starrte ratlos auf den Umschlag, der seinen Namen in einer schwungvollen, weiblich anmutenden Schrift trug. Achselzuckend steckte er ihn ein und erwiderte Hadmuts erwartungsvollen Blick mit undurchdringlicher Miene.

    Jetzt lief er hinter ihr her durch die schmutzigen Gassen des Schweinekobens, die ihm inzwischen so vertraut waren wie der Wald von Weidenheim. Das Gewimmel von Menschen und Schweinen, Hühnern, Hunden und Eseln zwischen den engstehenden Häusern und heruntergekommenen Buden, der allgegenwärtige Lärm und der Gestank, der sich aus den Ausdünstungen menschlicher und tierischer Leiber, Fäkalien, Garküchen und Gerbereien zusammensetzte, betäubte Augen, Ohren und Nase gleichermaßen.
    Hadmuts jungenhafte Gestalt schlängelte sich vor ihm so geschmeidig durch das Gewimmel der krummen Gassen, dass er Mühe hatte, ihr zu folgen. Er blieb so dicht auf ihren Fersen wie nur möglich, aber zweimal hatte er sich schon ducken müssen, weil sie plötzlich stehen geblieben war und sich umgedreht hatte, als hätte sie ihren Verfolger gespürt.
    Je weiter sie nach Norden kamen, desto dünner wurde der Strom der Menschen, durch den sie sich drängen mussten. Lluigolf fiel etwas zurück, auf die Gefahr hin, sie aus den Augen zu verlieren. Die dunklen Straßen wurden breiter und ordentlicher, und irgendwann waren sie beinahe menschenleer. Lluigolf huschte dicht an den Häuserwänden vorbei und lauschte auf den Klang ihrer Schritte, der ihm verriet, wie weit sie vor ihm war. Wohin führte sie ihn nur? Der Schweinekoben lag schon weit hinter ihnen, dies hier war ein weitaus wohlhabenderes Viertel der Residenz.
    Hadmut blieb stehen und sah sich um. Lluis drückte sich in einen Hauseingang und hielt die Luft an, als Hadmut ein paar Schritte in seine Richtung tat. Sie blieb stehen und sah sich in alle Richtungen um, bevor sie weiterging.
    Die Straße stieg leicht an und mündete schließlich in einen großen Platz mit einem prächtigen Brunnen. Lluigolf wartete, bis Hadmut ihn überquert hatte, wobei er von einem gut gekleideten Pärchen, das hinter ihm auf die Straße trat, misstrauisch gemustert wurde. Er lächelte sie freundlich an, woraufhin die beiden ihre Schritte beschleunigten. In ihrem Windschatten überquerte er ebenfalls den Platz und tauchte in die dämmrige Allee ein, in die Hadmut verschwunden war.
    Zwischen den Bäumen war es dunkel. Blätter rauschten im steten Wind, aber nichts davon schien von menschlichen Schritten verursacht zu sein. Lluis lief die Allee entlang und strengte alle Sinne an, aber Hadmut war verschwunden.
    Ein Hund bellte, als er vor einer hohen Gartenmauer stehen blieb. Er ging eilig weiter und begegnete einem Diener in Livree mit einer Laterne in der Hand, der ihn so gründlich musterte, als wolle er sich sein Gesicht für alle Zeiten einprägen.
    An der nächsten Straßenecke schaute er sich nach allen Seiten um, ohne einen Schatten von Hadmut zu erspähen. Er hatte sie verloren. Aber was mochte Hadmut in dieser Gegend gesucht haben? Dass sie möglicherweise wegen eines Raubzugs unterwegs war, schloss er aus – ihre Kleidung schien dazu nicht

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