Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
erwiderte Simone
lakonisch, ging zum Schreibtisch zurück und nahm die Schriftrolle vorsichtig
wieder auf. Er besann sich nun jedoch seiner eigentlichen Arbeit und widmete
sich erneut der mühseligen Arbeit des Einscannens.
"Ich
muss ihn sofort anrufen", murmelte Rabea und drückte auf die Wahlwiederholung.
Diesmal dauerte es eine ganze Weile, bis sich jemand meldete und Rabea klopfte
ungeduldig mit ihren Fingernägeln auf den Boden.
"Hier
bei von Stetten." Das war nicht Lukas.
"Hier
Rabea Rosenthal. Wer sind Sie? Wo ist Herr von Stetten?"
"Entschuldigen
Sie bitte. Hier ist Walter König. Ich arbeite für Herrn von Stetten senior, wir
haben uns vorhin gesehen. Der junge Pater ist gerade im Bad und lässt sich
verarzten. Es hat hier ein kleines Handgemenge gegeben."
"Was
ist passiert?“, fragte Rabea atemlos.
"Tja,
so genau wissen wir das auch noch nicht. Ein Fremder an der Tür fragte zuerst
nach Ihnen, Frau Rosenthal. Der italienische Polizeibeamte und ich waren
misstrauisch und wollten ihn nicht hereinlassen, wir hatten unsere Order. Aber
der Mann blieb hartnäckig und sagte, es drehte sich um die Entführung von
Fräulein von Stetten und dass Sie ihn persönlich gebeten hätten nach Rom zu
kommen. Als wir ihm sagten, dass Sie zwar nicht da wären, dafür aber Fräulein
von Stetten bereits glücklich und gesund zurück und sich momentan ausruhe, hat
er gefragt, ob noch jemand von der Familie anwesend wäre. Wir haben dann den
Pater von Stetten an die Tür geholt. Tja, und da ist es dann passiert. Die
beiden schienen sich zu kennen. Der Pater sagte nämlich: "Sie?" und
schon hatte der Fremde ausgeholt und ihm voll eines auf die Nase gegeben. Es
ging alles so schnell, wir konnten nichts tun. Wie gesagt, jetzt sind die
beiden gerade im Bad."
"Wie,
zusammen?", wiederholte Rabea verblüfft.
"Ja.
Ich hörte, wie der Fremde so etwas wie, jetzt sind wir quitt, zu Herrn von
Stetten sagte, diesem ein Taschentuch reichte, da seine Nase blutete und ihm
dann hoch half. Dann sind sie im Badezimmer verschwunden. Aber keine Sorge,
alles friedlich. Ich habe auf Anweisung des Fremden gerade Eiswürfel aus dem
Kühlschrank geholt. Sie schmelzen. War´s das? Ich sollte sie ihnen jetzt lieber
bringen."
"Ja,
natürlich. Richten Sie Herr von Stetten bitte aus, dass er mich sobald wie
möglich zurückruft, ja? Danke." Nachdenklich schaltete Rabea ihr Handy ab.
Natürlich handelte es sich bei dem Fremden um Jules. Typisch sein Verhalten,
erst jemandem eine zu verpassen und danach das Opfer höchstpersönlich zu
verarzten. Da die Dinge anscheinend trotzdem eine glückliche Wendung genommen
hatten und sie nichts tun konnte, als zu warten, bis sich Lukas bei ihr
meldete, nahm sie ihre Tätigkeit wieder auf.
Lukas
meldete sich knapp zehn Minuten später. "Hallo Rabea. Ich sollte dich
zurückrufen?", fragte er betont beiläufig. Er klang ziemlich nasal. Rabea
wusste sofort, was dies zu bedeuten hatte. Da hatte sich jemand einmal mehr die
Nase gebrochen.
"Oh
je, Lukas", erwiderte sie kleinlaut. "Das ist allein meine Schuld.
Ich hatte ganz vergessen, dir zu sagen, dass Jules kommt. Tut es sehr
weh?"
"Es
geht. Ist ja schon das dritte Mal und langsam gewöhne ich mich daran, dass sich
meine Nase anfühlt wie ein Schnitzel. Ich glaube, jetzt ist sie sogar wieder
gerade geklopft. Jules meinte beim Anblick meiner Stirnbeule, dass ich wie ein
echter Berufsboxer wirke und er noch nie einen so seltsamen christlichen Mullah
gesehen hätte."
"Was
für ein Scherzkeks. Und? Wie geht es so mit Jules?", hakte Rabea
vorsichtig nach.
"Wir
beiden haben ein nettes Gespräch geführt und ich weiß jetzt, dass ihr niemals
ein Verhältnis gehabt habt. Ich habe mich bei ihm entschuldigt, weil ich mich
damals wie der letzte eifersüchtige Trottel benommen habe. Wenn diese Sache mit
Bentivoglio vorbei ist, dann lass uns über alles reden, ja?" Lukas klang
betreten.
"Es
ist viel mehr meine Schuld gewesen, Lukas. Mein Dickkopf und mein Stolz standen
mir im Weg. Ich hätte dir längst die Wahrheit über Jules erzählen sollen, aber
ich war damals so furchtbar wütend auf dich und wollte, dass du eifersüchtig
bist. Du solltest dich genauso mies fühlen, wie ich, nachdem ich dein Telefonat
mit Onkel Franz mit angehört habe."
"Aber
… Also, ich verstehe dich nicht ganz“, stotterte Lukas verständnislos. „Was
meinst du? Welches Telefonat? Wann soll das gewesen sein und was war so schlimm
daran?", fragte er verwirrt.
"Weißt
du nicht mehr? Es war kurz
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