Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
nach unserem ersten gemeinsamen Urlaub, die vier
Tage in Italien am Gardasee.“
Natürlich
konnte sich Lukas noch sehr gut an ihren gemeinsamen Urlaub in Malcesine
erinnern. Wie sollte er auch je die glücklichsten Tage seines Lebens vergessen?
Die kleine, romantische Pension von Donna Rosa direkt am See? Dabei hatten
Rabea und er kaum etwas von dem kleinen, ursprünglichen Städtchen mit der alten
Burg mitbekommen, da sie zunächst nicht aus ihrem Zimmer, das heißt, aus dem
Bett, herausgekommen waren. Bis Donna Rosa der Meinung war, genug Nachsicht mit
der Jugend geübt zu haben und zu drastischen Maßnahmen griff. Am dritten Tag,
es war um die Mittagszeit herum, hatte sie direkt unter dem Fenster von Lukas´
und Rabeas’ Zimmer einen Perserteppich solange energisch mit dem Besenklopfer
bearbeitet, bis Lukas, nackt wie Gott ihn schuf, aufstand und ihr vom Fenster
aus (Donna Rosa konnte ihn natürlich nur von der Brust an aufwärts sehen)
zugerufen hatte, dass der Teppich, wenn sie ihn weiter so beackerte, bald ein
Loch in der Mitte bekäme. Rabea, nackt und verführerisch quer über das Bett
drapiert, wollte sich darüber beinahe halb tot kichern. Am Tag der Abreise
hatten sie sich dann am Frühstückstisch wegen irgendeiner Rabea-Nichtigkeit
gestritten, wobei Rabea immer lauter wurde und die dicke Donna Rosa wie ein
Gummiball aufgeregt um sie herum gehüpft war und entzückt „Questo e amore,
questo e amore!" gerufen hatte.
Auf
der mehrstündigen Heimfahrt nach Nürnberg hatten sie kaum ein Wort miteinander
gewechselt. Lukas hatte sie bei ihren Großeltern abgesetzt und Rabea war ohne
Abschiedsgruß davon gerauscht. Zwei Tage danach hatte er Rabea unter äußerst
peinlichen Umständen ein letztes Mal wiedergesehen - bis gestern.
Indessen
fuhr Rabea mit ihrer Schilderung fort: „Am nächsten Tag merkte ich, dass ich
meine Kamera bei dir im Handschuhfach vergessen habe und bin rüber zur Villa.
Frau Gabler ließ mich rein. Ich wollte dir nicht begegnen und schlich eben über
den Flur, um mir deinen Autoschlüssel zu stibitzen, als ich dich im
Arbeitszimmer deines Vaters mit Onkel Franz telefonieren hörte. Du sagtest zu
ihm, dass du dir nach diesem Urlaub mit mir ganz sicher wärst und deine
Entscheidung getroffen hättest. Dann sagtest du noch: "Ja, Onkel. Ich habe
sie hier in der Hand“, und durch den Türspalt sah ich dich einen Packen Papiere
schwenken und auf dem Schreibtisch ablegen. Ich bin nach dir rein geschlichen
und habe das Aufnahmeformular für das Jesuitenseminar gefunden. Da wusste ich,
dass ich dich verloren hatte, dass dir die Tage in Italien nicht das Gleiche
bedeutet hatten wie mir. Du hattest dich gegen mich und für die
Kirche entschieden. Es war vorbei. Es hat so wehgetan, dich zu verlieren,
Lukas. Viel zu lange schon hatte ich in der ständigen Angst davor gelebt, dass
du es tun könntest. Wenn es wenigstens eine andere Frau gewesen wäre, aber dass
es die Kirche sein musste... Es hat mir das Herz herausgerissen, und ich
beschloss, dass du nie erfahren solltest, wie sehr du mich verletzt hast. Ich
war immer noch ich. Ich bin nach München zu Jules gefahren, um mich bei ihm
auszuheulen. Die halbe Nacht hing ich über der Schüssel und habe mich übergeben.
Er hat sich rührend um mich gekümmert und meinte nur: "Oui, oui, Rabea. Jetzt
verstehe ich das Sprichwort, Liebe geht durch den Magen…"Er dachte
wohl, das wäre meine Methode, meine Gefühle für dich loszuwerden. Nach dieser
Horrornacht waren wir beide absolut erschöpft. Jules hatte seinen Freund René,
das war derjenige, der dich damals in die Wohnung gelassen hatte, auf die
Wohnzimmercouch ausquartiert und mich in sein Bett gelegt. Das Nächste, an das
ich mich erinnere, war, dass der arme Jules quer durchs Zimmer segelte. Dann
sah ich dich. Du standest mit blutigem Knöchel vor dem Bett und hast mich mit
diesem entsetzlichen, waidwunden Ausdruck in deinen Augen angesehen. Du
dachtest, dass Jules mein Liebhaber wäre und ich mich schnell getröstet hatte.
Da wusste ich, dass du jetzt ebenso leidest wie ich und ich genoss es von
ganzem Herzen. Deshalb habe ich das Missverständnis nie aufgeklärt. Warum auch,
du hattest schließlich mich verlassen und bist Priester geworden",
schloss sie resigniert. Trotzdem war sie erleichtert, dass sie endlich darüber
sprachen.
Am
anderen Ende der Leitung herrschte eine Weile beängstigende Stille, bis Lukas
schließlich mit heiserer Stimme aufseufzte: "Ach Rabea, wir sind doch
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