Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
Vom Netzwerk:
Foltertisch
und schien seinen Gesten zufolge einseitige Konversation mit seinem Opfer zu
betreiben. Rabea versuchte, den Bildschirm zu ignorieren, aber beinahe
zwanghaft sah sie immer wieder hin, wie jemand, der unter einem entzündeten
Zahn litt und ständig mit der Zunge darin herumbohrte. So sah sie auch, wie der
selbsternannte Protektor den Raum betrat und kurz mit Gabriel sprach. Die van
Kampen verließ den Raum, nicht ohne ein wissendes Lächeln in die Kamera zu
schicken. Plötzlich kam Rabea ein Gedanke. Ob es in diesem Raum auch eine
Kamera gab, die sie selbst beobachtete? Mit ihren Augen tastete sie sorgsam
jede Ecke des Raumes ab. Nichts. Entweder die Kamera war so winzig und gut
getarnt, das sie mit bloßem Auge nicht aufzuspüren war, oder der
Überwachungsraum selbst wurde nicht überwacht. Sie ging das Risiko ein und
setzte ihre Versuche verstärkt fort, sich von den Handschellen zu befreien.
Zuvor hatte sie kaum gewagt sich zu bewegen. Es war äußerst mühsam, mit nach
hinten gefesselten Armen die Haarnadel in das Schloss einzuführen. Endlich hatte
sie es geschafft und es öffnete sich mit einem leisen Klack. Ein wunderbares
Geräusch. Sie streifte sie ab wie lästiges Ungeziefer und rieb sich mehrmals
ihre schmerzenden Handgelenke, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu setzen.
Die Stricke um ihre Knöchel waren sofort gelöst. Dann küsste sie die Haarnadel,
murmelte ein leises "Danke, Jules", bog die Malträtierte zurecht und
steckte sie zurück hinters Ohr. Im selben Moment wurde sie daran erinnert, dass
sie nicht mehr viel zum Feststecken hatte. Einer jähen Eingebung folgend,
aktivierte sie rasch alle weiteren Monitore. Tatsächlich konnte sie auf einem
die Protektorin entdecken. Sie befand sich in der hell erleuchteten
Eingangshalle im Gespräch mit einem von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleideten
Mann. Rabeas Blick huschte suchend über die Schalttafel, vielleicht konnte sie
den Ton aktivieren und herausfinden, worüber die beiden sprachen. Der Monitor
war nummeriert, die junge Frau drehte auf gut Glück an einem Regler mit
derselben Nummer. Zu viel des Guten: Die Stimme der Protektorin hallte
lautstark von den Felsenwänden wieder. Rabea zuckte zusammen, drehte den Regler
sofort zurück und lauschte. Zu ihrer großen Erleichterung blieb alles ruhig,
bis auf ihren Herzschlag, der ihr schmerzhaft in den Ohrendröhnte.
Mit äußerster Vorsicht drehte sie erneut an dem Regler, bis die Stimme der
Protektorin kaum mehr als ein Flüstern war: "… noch mehrere Stunden bis zu
ihrem Einsatz, aber ich wünsche, dass sie jetzt schon losfahren und ihre
Positionen wie besprochen einnehmen. Ich erwarte jede halbe Stunde einen
Lagebericht. Los jetzt." Der Mann grüßte kurz und soldatisch, dann machte
er kehrt und verschwand vom Bildschirm, um kurz darauf auf jenem aufzutauchen,
der die Aktivitäten auf dem Hof aufzeichnete. Die Protektorin sah ihm kurz
hinterher, und Erleichterung durchrieselte Rabea wie eine angenehme Berührung,
als sie sah, dass diese nicht den Aufzug ansteuerte, sondern sich einer Tür zu
ihrer Linken zuwandte. Aufmerksam verfolgte Rabea die Bewegungen auf jedem
einzelnen der anderen Bildschirme. Doch die Protektorin tauchte nirgendwo auf.
Dafür registrierte Rabea kreidebleich, wie der Kleinbus mit dem
Überfallkommando durch das Tor davon fuhr, gefolgt von dem voll bepackten
schwarzen Lastwagen. Ein zweiter 7,5-Tonner traf ein und wurde gleichfalls
sofort von mehreren Männern beladen. Außer dem LKW parkte nur noch eine
schwarze Nobellimousine im Kies, wahrscheinlich die persönliche Kutsche der
Eiskönigin. Erneut wanderten Rabeas Augen auf den Bildschirm zurück, auf dem der
arme Simone zu sehen war. Seine Augen waren geschlossen. Schlief er oder hatte
er das Bewusstsein verloren? Dann entdeckte Rabea etwas, das ihr das Blut in
den Adern gefrieren ließ: der Vollstrecker war vom Bildschirm verschwunden.
Panisch schrak sie herum, darauf gefasst, ihn höhnisch grinsend direkt hinter
sich stehend vorzufinden. Aber da war niemand. Hektisch suchte sie jetzt nach
einer Waffe, aber außer der riesigen und unhandlichen Schere fand sie nichts,
was ihr nützlich sein könnte. Sie zog die Haarnadel wieder heraus und
versteckte sie in der Handfläche ihrer linken Hand, weil laut Jules nichts so
effektiv war wie eine unsichtbare Waffe. Einem Impuls folgend, kehrte sie
nochmals zu dem länglichen Tisch vor der Monitorwand zurück. Sie kroch unter ihn,
entdeckte den Hauptverteilerkasten und

Weitere Kostenlose Bücher