Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
Frauen blickten sich an und prusteten gleichzeitig los.
„Was hast du denn mit dem angestellt?“, gluckste Lucie und Rabea
schilderte ihr nun mit Händen und Füßen beredt, wie sie Lukas unter der Dusche
überrascht hatte.
„Unglaublich, seinen Gesichtsausdruck werde ich meinen
Lebtag nicht mehr vergessen. Wie er da in der Badewanne lag, die Hände um den
Duschvorhang gekrampft, das ist eine Momentaufnahme für alle Ewigkeit. Er
wusste gar nicht, was er zuerst vor mir verstecken sollte“, kicherte Rabea.
„Aha, das erklärt dann auch die dicke Beule auf seiner Stirn. Ach
Bea, ich finde es herrlich, dass wir uns wieder einmal sehen. Das ist doch
mindestens ein halbes Jahr her. Immer nur telefonieren ist einfach nicht
dasselbe.“
„Es ist sogar schon über sieben Monate her“, berichtigte Rabea
ihre Freundin. „So lange war ich jetzt in Bagdad. Ich bin zwischendurch nur einmal
kurz nach Berlin geflogen, um in der Redaktion Material aufzubereiten, sonst
hätte ich dich schon früher besucht.“
„Ich bewundere dich. Die Nachrichten hier sind jeden Tag voller
neuer Schreckensmeldungen. Ein Selbstmordattentäter jagt den anderen. Wie hast
du es dort überhaupt so lange aushalten können? Entschuldige Rabea, wenn ich
dir das sage, aber als deine beste Freundin darf ich das: Du siehst furchtbar
aus, als ob du zu wenig schläfst und noch weniger isst. Also, ich möchte alles genau
wissen. Erzähl, wie ist es dir ergangen?“
„Gleich, aber
erst brauche ich noch einen Kaffee. Du auch?“
„Immer“,
erwiderte Lucie.
Während die Maschine lief, musterte Rabea die Küche. Mit den
Fingern strich sie über die dunkle Arbeitsplatte aus Pinie und meinte zu Lucie:
„Die Küche ist mir vorhin schon aufgefallen. Ich mag sie, sie strömt Kochlust
aus, wie früher die Küche meiner Großmutter.“
„Meine Mutter hat alles eingerichtet. Du kennst sie ja, sie hatte
schon immer ein Faible dafür. Die Küche ist eine Replik aus einem Mas in der
Provence und der Esstisch ist ein Original und vierhundert Jahre alt. Tatsächlich
stammt er aus dem Speisesaal eines Mönchsklosters in den Abruzzen.
Wahrscheinlich dachte sich Mama, es wäre der passende Tisch für ihren
Priestersohn“, erklärte Lucie, während sie sich gleichzeitig über Rabea wunderte.
Was sollte das? Betrieben sie beide etwa höfliche Konversation? Irgendetwas
stimmte da nicht und unwillkürlich fragte sich Lucie, was Rabea damit bezweckte.
Versuchte sie, von sich abzulenken?
"Was
macht eigentlich dein Pferd, von dem du mir am Telefon vorgeschwärmt hast? Wie
hei ß t es
gleich noch, Abraxas? Jetzt, wo du in Rom bist, kannst du es doch viel seltener
sehen. Fehlt er dir sehr?", erkundigte sich Rabea in der tatsächlichen Absicht,
Lucie von sich und ihrem Thema wegzuführen.
Abraxas,
ein pechschwarzer, temperamentvoller vierjähriger Hengst, war ein Geschenk von
Lucies Vater zu ihrem 25. Geburtstag gewesen und Lucies ganz große
Leidenschaft, seit ihre Stute Guinever im hehren Alter von 27 Jahren
eingeschläfert werden musste. Lucie hatte sehr um Guinever getrauert, sie war
praktisch mit dem Pferd zusammen aufgewachsen. Scheinbar willig ging Lucie auf
das Thema ein: "Abraxas geht es bestens. Und so neu ist er auch nicht
mehr. Ich habe ihn schon drei Jahre. Dieser Hengst ist ein Biest und das
schlaueste Stück Pferd, das mir je untergekommen ist", schwärmte Lucie mit
leuchtenden Augen. "Ich besuche ihn zwei bis drei Mal im Monat. Weißt du,
einer der Vorteile wenn man reiche Eltern hat ist, dass man jederzeit nach
Hause fliegen kann. Papa schickt mir sogar einmal im Monat sein Flugzeug, um
mich abzuholen. Ab und zu fliegt er auch selbst her. Ich glaube, er ist einsam.
Nach dem Tode seines Augapfels, unserem Bruder Alexander, hat er mit Lukas
gebrochen, weil dieser sich standhaft weigerte, in Alexanders Fußstapfen zu
treten, und Mama, du weißt ja wie sie ist …“ Lucie seufzte. „Seit ihrem letzten
Aufenthalt im Sanatorium hat sie sich zwar wieder erholt und ist weniger
schwermütig, aber sie verbringt unglaublich viel Zeit in ihrem Serail. Und Papa
hat wie stets nur seine Arbeit im Kopf. Aber zurück zu Abraxas. Ich habe erst
gestern mit dem verantwortlichen Pfleger gesprochen. Der Teufelskerl hat schon
wieder versucht auszubüchsen, aber inzwischen kennen sie dort seine Mätzchen
und lassen ihm nichts mehr durchgehen. Ich lasse dir im Übrigen auch nicht
durchgehen, dass du versuchst, vom Thema abzulenken, Rabea", sagte Lucie und
klang dabei
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