Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
Villa
einzusteigen. Allerdings, nach den Erlebnissen der letzten 36 Stunden war er
über solche Kalamitäten hinausgewachsen.
"Los
jetzt", gab Jules das Kommando und lief geduckt über die Straße, dicht
gefolgt von Lukas.
Sie
umrundeten die Villa zur Hälfte und befanden sich nun an der Rückseite. Jules
hatte bereits eine Stelle in der Mauer ausgekundschaftet, die im Halbdunkel
zwischen zwei Straßenlaternen lag. Der Abend war sternenklar und die Luft
duftete nach Sommer. Eine wunderbare Nacht für einen verliebten Spaziergang,
aber weniger geeignet für Personen, die möglichst im Schatten der Nacht
untertauchen wollten.
Jules
kletterte mit Lukas` Hilfe zuerst auf die Mauer, dann zog er Lukas hinter sich
hinauf. Sie landeten im Gras des gepflegten Parks und versteckten sich hinter
einer Buchsbaumskulptur, die sich als Spirale dem Himmel entgegen schraubte.
Von dort hatten sie eine gute Sicht auf den rückwärtigen Teil des Hauses, der
beinahe vollständig mit Efeu zugewachsen war. Alles blieb ruhig, ihr Eindringen
unbemerkt.
"Die
Villa ist riesig. Hast du auch eine Idee, wie und wo wir ins Haus rein
kommen?", erkundigte sich Lukas flüsternd, während seine Augen an den vielen
Fenstern und Terrassentüren auf und ab wanderten.
Statt
einer Antwort zog Jules sein i-Phone hervor und tippte darauf herum: "Ich
habe mir von einem Freund die Pläne der Villa aufs Handy schicken lassen. Sie
befand sich mehr als zweihundert Jahre im Besitz einer alten römischen
Adelsfamilie. Wegen akuter Geldnot mussten sie die Villa in den späten
Achtzigern an einen libanesischen Geschäftsmann verkaufen. Der neue Besitzer
muss unter akuter Paranoia gelitten haben, anders lässt sich sein festungsartiger
Ausbau der zweistöckigen Kellergewölbe nicht erklären. Laut Plan sind sie
extrem weitläufig und verlaufen unter dem Haus über die gesamte Breite des
Parks und münden irgendwo in die Kloaka Maxima von Rom. Angeblich gibt es sogar
einen atombombensicheren Bunker", erklärte Jules und zeigte dem staunenden
Lukas das Display, auf dem ein Teil des Grundrisses des untersten
Kellergewölbes der Villa en miniature zu sehen war. „Meinen Informationen nach hat
er sie vor acht Jahren wieder verkauft, an eine dubiose Stiftung mit Sitz auf
den Cayman Inseln. Ich hatte bisher keine Zeit, diese bis zu ihrem Ursprung
zurückverfolgen, wenn es überhaupt möglich ist. Die Anwälte werden immer
raffinierter, wenn es darum geht, weit verzweigte Firmengeflechte zu
konstruieren. Auf jeden Fall beginnen wir mit unserer Suche im Keller und
arbeiten uns dann systematisch nach oben durch. Es gibt zwei Möglichkeiten,
hineinzugelangen", Jules tippte das Display erneut an und ein weiterer
Grundriss erschien. „Entweder mit dem Aufzug in der Eingangshalle oder über die
Außentreppe. Wir werden die Außentreppe nehmen, da der Aufzug sicherlich
videoüberwacht wird.“ Ohne jegliche Vorwarnung fuhr Jules herum, packte Lukas
und zerrte ihn in einer einzigen kraftvollen Bewegung hinter sich. "Was
ist denn los?", wisperte Lukas völlig verdutzt.
"Schhh.
Rühr dich nicht. Außer du hast ein Steak dabei", zischte Jules, kauerte
sich nieder und zwang Lukas, es ihm gleichzutun.
Bevor
sich Lukas noch Gedanken über die unsinnige Antwort machen konnte, schoss wie
aus dem Nichts ein länglicher, gestreckter Schatten auf sie zu. Jules war mit
einem Satz auf den Beinen, schnellte dem Schatten förmlich entgegen, packte ihn
mit der linken Hand an der Kehle, und hieb ihm den rechten Ellbogen genau
zwischen die Augen. Der Schatten gab einen merkwürdig japsenden Laut von sich
und sackte leblos in sich zusammen. All dies geschah im Bruchteil einer
Sekunde. Nun erst konnte Lukas erkennen, dass zu Jules Füßen ein kräftiger
Dobermann lag, dessen Zunge ihm lang und rosa aus dem Maul hing. Jules hatte
den Hund mit einem gezielten Schlag ausgeknockt. Breitbeinig stand der
ehemalige Agent nun da und horchte wachsam ins Dunkel. Als er bemerkte, dass
Lukas aufgestanden und hinter ihn getreten war, raunte er ihm zu:
"Vorsicht, die treten meist paarweise auf. Der andere kann nicht weit sein.
Halt also den Kopf unten."
Zu
spät: Lukas hatte kaum eine Bewegung wahrgenommen, als das zweite Tier ihn
zähnefletschend von der Seite ansprang und beim Aufprall umriss. Nun fuhr der
heilige Zorn in Lukas. Die Wut darüber, dass sich ihm ständig Hindernisse zur
Rettung von Rabea und Simone in den Weg stellten, verdoppelte seine Kräfte und
Reflexe. Noch im Fallen holte er aus und
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