Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
drosch dem Hund die von seinen
früheren Gegnern gefürchtete Rechte wuchtig auf den Schädel. Ein kurzer Jauler
und der zweite Hund sank k.o. ins Gras, um das Schicksal seines Artgenossen zu
teilen.
"Nicht
schlecht", zollte ihm Jules Beifall, während Lukas einen bedauernden Blick
auf die beiden schönen und leblosen Tiere warf.
"Keine
Angst, die sind nicht tot, nur für einige Stunden im Reich der Träume. Kein
Hund hat einen härteren Schädel als ein Dobermann, glaube mir",
versicherte Jules, während er sich mit einer Grimasse den schmerzenden
Ellenbogen rieb. "Komm jetzt. Der Zugang zur Treppe ist da drüben."
Lukas
folgte Jules bis zur grob behauenen Steintreppe an der hinteren rechten Seite
des Hauses, die erst in unmittelbarer Nähe als solche erkennbar war. Nachdem
Jules überprüft hatte, dass die Treppe tatsächlich nicht von einer Kamera
überwacht wurde, machten sie sich an den Abstieg. Lukas zählte einundzwanzig
ausgetretene Stufen, die auf einem kleinen Absatz mit einer verrosteten
Eisentüre endeten. Jules rang das daran angebrachte Schloss nur ein müdes
Lächeln ab. Leider schwang die Türe mit einem grässlichen, langgezogenen
Quietschen auf, das weit in die Nacht hallte. Aufgeschreckt hielten die beiden
Einbrecher, Meister und Lehrling, inne und warteten auf schnell näher kommende
Schritte im Kies. Alles blieb ruhig und die Stimmen der Männer, die den
Lastwagen beluden, klangen weiter gedämpft zu ihnen herüber.
"Das
ist typisch", flüsterte Jules Lukas zu. "Je mehr Männer Wache halten,
desto einfacher ist es, irgendwo einzubrechen, weil sich jeder auf den anderen
verlässt. Uns kann es nur recht sein", kommentierte er mit einem
Schulterzucken. Durch die Türe betraten die beiden einen weiteren Absatz, von
dem sechs Stufen in das erste Kellergeschoss hinab führten. Jules schlich die
Stufen hinunter und lugte vorsichtig um die Ecke. Vor ihnen lag ein langer,
felsiger, durch Neonröhren beleuchteter Gang, der sich nach beiden Seiten
mindestens 150 Meter weit erstreckte und von dem wiederum mehrere
gegenüberliegende Gänge abzweigten. Rechts von ihnen befand sich eine weitere
Stahltür. Sie war unverschlossen. Sie folgten den wenigen Stufen hinunter bis
zu einem weiteren Absatz, der laut Plan in das darunterliegende Kellergeschoss
führte. Auch hier brannten überall grelle Leuchtstoffröhren. "Meine Güte,
das ist ja das reinste Labyrinth. Wie sollen wir hier bloß Rabea und Simone
finden?", stöhnte Lukas auf.
"Keine
Angst, eines nach dem anderen. Wir gehen systematisch vor", beruhigte ihn
Jules, der erneut sein Display studierte. "Laut Plan gibt es nur diese
zwei Kellergeschosse. Wir fangen mit der linken Seite an und arbeiten uns bis
ganz nach hinten durch. Laut den Informationen, die mir mein Freund übermittelt
hat, gibt es am dortigen Ende einen Überwachungsraum mit Monitoren, der könnte
für uns von Nutzen sein. Danach knüpfen wir uns die rechte Seite vor. Am
gegenüberliegenden Ende befindet sich der Aufzug, der von der Villa nach unten
führt." Jules ging voran. Die Luft roch nur schwach nach Moder. Das
Kellergewölbe musste über eine erstklassige Belüftungsanlage verfügen. Erst als
sie tiefer in die diversen Stollen eindrangen, wurde der modrige Geruch
stärker. Jules markierte auf seinem Handy jeden Gang auf dem Plan, den sie
bereits überprüft hatten. Das System des Ganges war einfach. Ein langer,
niedriger Mittelgang, von dem rechts und links jeweils weitere Gänge
abzweigten, manche bis zu zwanzig Meter lang, aber alle gingen in eine Biegung,
wie ein U-Turn, über und führten wieder auf den Hauptgang zurück. Unbehelligt
erreichten sie den Monitorraum. Jules eilte sofort zu den Bildschirmen und versuchte
sie einzuschalten. Auf der Suche nach dem Problem kroch er unter den breiten
Tisch und stellte fest, dass alle Kabel durchgeschnitten waren. Ratlos und
verstaubt tauchte er unter dem Tisch wieder hervor. Dann sah er Lukas. Das pure
Entsetzen stand in seinen Augen. Mit zwei Schritten war Jules bei ihm und
entdeckte den Grund für dessen Erschütterung: Zu seinen Füßen lag Rabeas
abgeschnittener Zopf.
Jules
sah sich genauer um und bemerkte die gelösten Stricke unter dem Stuhl.
"Weißt du, was ich glaube, Lukas? Unsere Rabea ist ihnen entwischt. Sie
hat sich von ihren Stricken befreit und als kleines Dankeschön für die gewährte
Gastfreundschaft, die Kabel der Monitore durchgeschnitten. Schlaues Kind. Komm
jetzt, suchen wir sie", forderte er Lukas auf. Dieser
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