Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
Sie ist der Kopf dieser
verdammten Bande. Wurde sie denn nicht verhaftet?"
"Wir
haben insgesamt sechs Männer festgenommen. Ansonsten befand sich niemand im
Haus", erwiderte Grassa grimmig, zückte bereits sein Funkgerät und bellte
neue Befehle hinein.
"Dann
ist sie also entwischt. Sie ..." Erschöpft sank Rabeas Kopf zurück. Erneut
verlor sie das Bewusstsein. Ungläubig starrte Lucie auf Rabea hinunter. Für
einen Moment weigerte sie sich, die Worte zu glauben, die sie soeben gehört
hatte. Ihre mütterliche Freundin, der Kopf dieser gemeinen Mörderbande?
Phantasierte Rabea vielleicht? Und doch, so war es. Schlagartig zerriss der
Schleier und sie hatte wieder die herrische Frauenstimme am Entführerhandy im
Ohr. Sie war es gewesen.
Ein
unangenehmer Gedanke durchfuhr sie. Erschrocken wandte sie sich an Jules:
"Verdammt. Und wenn sie noch hier ist?" Jules schien soeben der gleiche
Gedanke gekommen zu sein.
"Lukas",
rief er und war im Hauptgang verschwunden.
Lukas
entdeckte das einsame Häuflein rotgoldene Haarflut genau dort, wo er es vor
einer Stunde zum ersten Mal erblickt hatte. Erneut löste der Anblick der einst
zärtlich liebkosten, auf dem Boden verstreuten Pracht einen unangenehmen
Adrenalinstoß in ihm aus. Wie in Trance verharrte er reglos vor dem rotgoldenen
Vlies, gefangen von der Fülle der Empfindungen, die ihn durchströmten, als er
an die einstige Besitzerin dieses Magdalenenschmuckes dachte. Endlich fasste er
sich und beugte sich hinab, um ihn an sich zu nehmen. Im selben Augenblick
verspürte er einen schmerzhaften Stich in der rechten Schulter. Instinktiv ließ
er sich zur Seite fallen, rollte herum und packte seinen Angreifer am rechten
Knöchel, um diesen mit einem kräftigen Ruck zu Fall zu bringen. Der Angreifer
japste überrascht auf und eine Schere fiel klirrend zu Boden.
Rabeas
Haare hatten ihm das Leben gerettet. Hätte er sich nicht gebückt, wäre die
Schere sehr viel tiefer eingedrungen. So hatte die überraschende Attacke außer
einem oberflächlichen Kratzer kaum Schaden angerichtet. Lukas rappelte sich auf
und wappnete sich gegen einen neuen Angriff. Zu seiner größten Verblüffung
entpuppte sich der Angreifer als jemand, den er kannte: Es war Lucies Freundin,
diese holländische Professorin, die in den letzten Tagen die nervige
Eigenschaft entwickelt hatte, immer im unpassendsten Moment aufzutauchen. Wie
kam sie hierher? Und was sollte ihre Attacke eben?
Die
Frau hatte sich offenbar bei dem Sturz verletzt. Am Boden sitzend, betastete
sie stöhnend ihren Hinterkopf. Einer ihrer Pumps lag mehrere Meter von ihr
entfernt. Einen winzigen Moment schien es Lukas, als ob sie ihm unter ihren
langen, künstlichen Wimpern hervor einen merkwürdig abschätzenden Blick zuwarf.
Aber der Eindruck war derart flüchtig, dass er glaubte, sich geirrt zu haben.
Ihre großen blauen Augen waren ohne Arg, als sie nun zu ihm aufsah und
aufgeregt hervorsprudelte: "Ach du meine Güte, Pater von Stetten? Sie sind
das? Was machen Sie denn hier? Ich dachte, Sie wären einer von denen.“
Lukas,
der sie zunächst misstrauisch beobachtet hatte - immerhin hatte sie gerade
versucht, ihn mit einer Schere abzustechen -, trat zögerlich einen Schritt näher:
"Das gleiche wollte ich soeben Sie fragen, Frau Professor", erwiderte
er. Er kniete sich neben sie, um die Schwere ihrer Verletzung zu begutachten.
Die Wunde am Hinterkopf blutete zwar, aber sie winkte ab: "Lassen Sie nur.
Ich spüre es kaum. Aber was ist mit Ihnen? Habe ich Sie verletzt? Mein Gott,
wenn ich daran denke, dass ich sie beinahe umgebracht hätte!“, jammerte sie.
"Mir
tut es leid, Frau Professor. Denn anscheinend hat es Sie weit mehr erwischt als
mich. Ihre Wunde sollte genäht werden. Kommen Sie, es ist ein Arzt in der
Nähe.“
Während
er ihr aufhalf, konnte er nicht umhin, sie zu fragen: "Was kommen Sie
eigentlich hier?"
"Ich?",
antwortete die Holländerin gedehnt, dann schwankte sie wie unter einem
plötzlichen Schwächeanfall und stützte sich hilfebedürftig auf seine Schulter.
"Geht
es?", reagierte Lukas besorgt und hielt sie fest.
"Ja,
ja, natürlich, Danke. Ich wurde so wie ihre Schwester Lucie entführt.
Vermutlich benötigten sie meine Fachkenntnisse. Ich hörte sie von irgendwelchen
alten Dokumenten reden, die übersetzt werden sollten. Dann gab es eine Art
Alarm und meine Bewacher stürzten davon und ließen mich allein zurück. Zum
Glück konnte ich mich selbst befreien. Aber als ich Schüsse gehört habe und
dann die
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