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Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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verfassen. Lucie
verstand sich prächtig mit ihr, verehrte sie beinahe. Lukas schüttelte alle weiteren Gedanken an die Professorin ab, schließlich
war sie nicht seine Freundin, sondern Lucies, und versuchte, sich an seinem
Spaziergang zu erfreuen. Er ging oft und gerne zu Fuß, weil er der Meinung war,
dass man dabei seine Umgebung viel besser kennen lernte. Außerdem hatte er kein
Auto.
    Obwohl er den Weg schon viele Male gegangen war, entdeckte er
jedes Mal etwas Neues. Das konnte ein Brunnen sein, ein Balkon, besondere Ornamente
an einem Palazzo oder eine neue Eisbar. Von Stetten liebte Eis. Ein Genuss, den
er sich nur selten versagte. Den Anwohnern in der Via dei Coronari war der
Anblick des schlendernden Jesuitenpaters, der ein großes Eis schleckte, bereits
bestens vertraut. Er bog ab auf die Piazza Navona mit dem herrlichen
Bernini-Brunnen Quattro Fiumi, einem der Hauptanziehungspunkte für Touristen in
Rom.
    Obwohl noch früh am Morgen, herrschte bereits reges Treiben auf
der Piazza. Kellner, die Tische abwischten und Stühle rückten, Künstler, die
ihre Staffeleien aufbauten, und jede Menge Tauben. Sie alle warteten auf die
Touristen, die bald in Scharen die Piazza Navona erobern würden. Mitte August,
kurz vor Ferragosto, auch bekannt als Maria Himmelfahrt, waren die meisten
Römer vor der bleiernen Augusthitze in der Stadt ans Meer geflohen. Es blieb
nur, wer unbedingt musste. Lukas liebte die Stadt im August, besonders an
Sonntagen. Der Verkehr ließ merklich nach und die Stadt kam dann zur Ruhe. Er verließ
die Piazza Navona und erreichte die Via Vittorio Emanuele. Auf der großen
Kreuzung, in die mehrere wichtige Hauptverkehrsadern Roms mündeten, überfiel
ihn mit voller Wucht das gesamte Geräuschkaleidoskop des morgendlichen Roms.
Die Autos standen Stoßstange an Stoßstange, Hupen kreischten und Taxifahrer
brüllten sich die Seele aus dem Leib. Unzählige jugendliche Mofafahrer mit
kleinen Rucksäcken auf dem Rücken, aber auch Herren in Anzügen und Damen im
Kostüm, schlängelten sich halsbrecherisch und doch mit spielerischer Eleganz
durch das Chaos.
    Lukas hielt kurz inne und ließ seinen Blick über das Durcheinander
schweifen, das ihn jedes Mal von neuem gefangen nahm. Wer es zum ersten Mal
erblickte, fragte sich unwillkürlich, warum die Kreuzung nicht ständig wegen
irgendwelcher Karambolagen verstopft war. Trotzdem passierten in Rom nicht mehr
Unfälle als in jeder anderen Großstadt Europas. Direkt gegenüber auf der
anderen Seite des riesigen Platzes befand sich das Nationaldenkmal des Vittorio
Emanuele. Zwei Soldaten hielten dort rechts und links beim ewigen Licht für die
Gefallenen der beiden Weltkriege Wache. Aufgrund der ausgewogenen Symmetrie der
Architektur und der unzähligen Treppen und Säulen in weißem Marmor hatten die
Römer für das Gebäude einen besonderen Spitznamen gefunden. Sie nannten es „die
Schreibmaschine“, und so sah es von weitem tatsächlich aus. Lukas überquerte
geschickt den großen Platz. Dass ihm manch bewundernd schmachtender Blick einer
eleganten Römerin folgte, nahm er, wie immer, gar nicht wahr.
    Nach weiteren fünf Minuten erreichte er eine kleine Seitenstraße
der via Nazionale, in der sich das Antiquariat im Erdgeschoss eines alten
Palazzo befand, dessen abbröckelnder Putz an der verzierten Fassade von
besseren Zeiten kündete. Sein Freund, der ihn bereits vor dem Gebäude erwartet
hatte, kam ihm mit großen Schritten entgegen. Pater Simone w ar
eine rundherum gemütliche Erscheinung, nicht zuletzt seines wackeren Bäuchleins
wegen, Pfründen seiner begnadeten Kochkünste. Schließlich
hat der Herr die kulinarischen Genüsse nicht ausdrücklich verboten , wie er von Stetten des Öfteren augenzwinkernd beim
gefälligen Schmausen versicherte. Und den Vino schon zweimal nicht… Dass er
gerne lachte und Witze riss, vornehmlich Jesuitenwitze, bei denen er auf ein
unerschöpfliches Repertoire zurückgreifen konnte, erkannte man gleich an den
vielen Lachfältchen um die braunen Knopfaugen. Mit seinen wohlig
gerundeten Formen, dem wuscheligen Haarschopf und Augenbrauen, die wie fette
Raupen über seinen munteren Äuglein thronten, wirkte er wie die Reinkarnation
eines Mönches im Mittelalter, wenn er denn entsprechend gekleidet gewesen wäre...
Stattdessen steckte seine runde Gestalt - wie stets -
in auffällig bunter Bekleidung: Das grünorange gemusterte Hawaiihemd, das fast die
Ausmaße eines Zirkuszeltes besaß, hing ihm leger über die

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