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Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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gehabt
-, waren von unten bis oben blutig zerkratzt.
    Der reparierte Bagger arbeitete sich in Giuseppes Richtung vor, an
diesem Ende sollte das Schwimmbad 2,20 Meter tief werden. Behände kletterte er
in die Grube und ließ seinen Blick von einem Ende zum anderen schweifen.
Weniger als fünfzig Meter von ihm entfernt, zwischen Burg und Schwimmbad
gelegen, stand eine kleine, halb verfallene Kapelle, die früher der heiligen
Jungfrau geweiht gewesen war. Zufällig fing Giuseppe von dort ein kurzes,
goldenes Aufblitzen auf. Die Mittagssonne spiegelte sich in der einzig intakten
Fensterscheibe und tauchte die Marienkapelle unvermittelt in ein unwirkliches,
verklärendes Licht. Schon zog die Sonne weiter, der magische Moment verging und
die kleine Kapelle wirkte wieder öde und verlassen wie ehedem. Giuseppe riss
sich von dem Anblick los und wandte sich dem alten Baggerführer Luigi zu. Durch
ein Zeichen gab er ihm zu verstehen, wo er zu schaufeln hatte. Der Bagger,
ebenso betagt wie sein Führer, schwenkte mit einem schauerlichen Quietschen
erneut auf die Grube zu, öffnete seine rostigen Schaufeln und senkte sie in den
staubtrockenen und steinharten Lehmboden.
    Plötzlich gab es einen lauten, metallischen Schlag. Dio mio. Giuseppe schwante sogleich, was passiert war. Nun hatten sie die Bescherung,
Fels, hart wie Granit. Nur weil der feine Herr Capo Bauleiter, um Zeit zu
sparen, auf die übliche Probebohrung verzichtet hatte. Begleitet von deftigen
Flüchen riss sich Giuseppe die Mütze vom Kopf und schleuderte sie wütend vor
sich auf den Boden. Dann gab er durch heftiges Gestikulieren dem Baggerführer
zu verstehen, die Schaufel weg zu schwenken, aber vorerst oben im Führerhaus
sitzen zu bleiben.
    Warum musste so etwas aber auch immer ausgerechnet kurz vor dem
Mittagessen passieren, dachte Giuseppe ärgerlich.
Er angelte nach den Arbeitshandschuhen im Bund seiner speckigen Hose und
streifte sie widerwillig über. Danach kniete er sich vor die besagte Stelle, schaufelte
mit beiden Händen die trockene Erde weg und stutzte jäh: Das fühlte sich nicht
wie ein unregelmäßiger Fels an, eher wie eine glatte Oberfläche. Er holte sich
einen kleinen Handspaten, buddelte zügig weiter und hatte kurz darauf eine
größere, rechteckige Platte freigelegt. Sie schien aus dunklem Basaltstein
gefertigt und wirkte auf den ersten Blick wie eine Grabplatte. Dio mio, waren sie etwa auf eine verborgene Grabstätte gestoßen? Erschrocken bekreuzigte
sich Giuseppe. Hektisch entfernte er dann die letzten Stein- und Erdkrümel,
dann lag die Platte frei vor ihm. In der gleißenden Mittagssonne konnte er die
eingemeißelte Inschrift und das Monogramm auf dem Stein gut erkennen. Ungläubig
starrte er darauf. Per la Madonna. Diesmal vergaß Giuseppe sogar, sich
zu bekreuzigen. Hastig warf er mehrere Handvoll Erde auf die Platte und
verteilte diese, damit der Stein wieder verdeckt wurde. Ein prüfender Blick
hinauf zu dem alten Baggerführer zeigte ihm, dass dieser keinerlei Notiz von
seinem Tun genommen hatte. Der alte Luigi spülte eben seine staubige Kehle mit
großen Schlucken aus einer Wasserflasche. Giuseppe machte mit ausladenden
Armbewegungen auf sich aufmerksam und schickte den Baggerführer zusammen mit
den anderen beiden Arbeitern in die Mittagspause. Er wartete ab, bis alle drei in
den Pritschenwagen gestiegen waren und das Fahrzeug um die erste Kurve
verschwunden war, dann rannte er flink in Richtung Burg, um unter dem dunklen
Torborgen beinahe mit dem heraustretenden Bauleiter zusammenzuprallen.
    Atemlos stieß Giuseppe hervor: "Capo, das sollten sie sich
ansehen. Wir haben ein Problem."
    Kurz darauf standen Giuseppe und der Capo der Baustelle, Bruno
d´Orazio, ein älterer, stets mürrisch wirkender Mann, auf dessen Stirnglatze
ein medizinisch bedenklicher Sonnenbrand prangte, in der Baugrube des
Schwimmbades und inspizierten Giuseppes Fund. Der dunkle Stein wirkte auf den
ersten Blick wie eine Grabplatte, doch fehlten die üblichen Angaben wie Namen,
Geburts- und Sterbedaten, wie d´Orazio richtig darauf hinwies. Stattdessen war
auf dem Stein das Monogramm „IHS“ eingraviert. Die Buchstaben waren merkwürdig
ineinander verschlungen und darunter befand sich ein zweizeiliger Satz in
Lateinisch. D´Orazio, der aus der Schule einige Brocken Latein herübergerettet
hatte, verstand gerade soviel, dass der Satz etwas mit der Ehre Gottes zu tun
hatte. Zwar kam ihm das Monogramm vage bekannt vor, aber er konnte sich nicht
entsinnen,

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