Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
nervig-neugierigen Menschen und das ist ihr heute zum
Verhängnis geworden. Sie muss zufällig etwas beobachtet haben, was keine Zeugen
duldete und der oder die Täter wollten verhindern, dass man ihre Leiche zu früh
findet. Bei der momentan herrschenden Hitze wäre der Verwesungsgeruch im Haus
sicherlich bald aufgefallen und darum hat sie der Mörder in die Wanne
verfrachtet und mehrere Kilo Salz dazu geschüttet. Durch das Natrium würde die
Leiche eine Weile konserviert werden und das ist genau das, was mich
beunruhigt, Lukas. Die Täter gingen nicht davon aus, dass die Contessa bald von
Verwandten oder Freunden gefunden werden würde, sonst hätten sie sich die
Salz-Prozedur sparen können. Die Mörder wussten offensichtlich sehr genau über
die Contessa und ihre Lebensgewohnheiten Bescheid, müssen sie und das Haus
tagelang observiert haben. Und sie hatten das Salz parat, was von einem absolut
professionell geplanten Vorgehen zeugt, wie man es nur von Berufskillern her
kennt. Ich bin mir beinahe sicher, dass der Mord an der Contessa nur einem
Zweck diente und zwar dem, etwas Bestimmtes zu vertuschen. Der oder die Mörder
spielen auf Zeit; sie haben einen Auftrag, und der ist noch nicht erfüllt. Das
alles steht im Zusammenhang mit dem Mord an Bentivoglio. Und du mein Lieber,
bist darin verwickelt. Also Lukas, raus mit der Sprache, was verheimlichst du
uns?“, forderte Rabea unverblümt.
In die Enge getrieben versuchte Lukas ein letztes Mal auszuweichen:
„Woher willst du wissen, dass es sich hier nicht um einen simplen Raubmord
handelt, Rabea?“
„Lukas, bitte beleidige nicht meine Intelligenz. Wir wissen beide,
dass dies kein Raubmord war. Dir ist ebenso wie mir die offene Schmuckschatulle
auf dem Schminktisch aufgefallen und dabei dürfte dir wohl kaum entgangen sein,
dass sich noch immer halb Tiffany im Besitz der Contessa befindet. Selbst der
allerdämlichste Dieb wäre über einen solchen Leckerbissen gestolpert. Mensch
Lukas, ich bin Journalistin. Es gehört zu meinem Beruf, eine faule Sache zehn
Kilometer gegen den Wind zu riechen. Du steckst doch bis zum Hals im Dreck. Ich
kann dir helfen aus dieser Geschichte mit heiler Haut herauszukommen, aber das
geht nur, wenn du mich in dein Problem einweihst.“
Lukas ließ sich mit einem Seufzen auf dem Wannenrand nieder und es
entstand ein intensiver Moment der Stille. Lukas rang sich zu einer Antwort
durch. „O.k., Rabea. Du hast Recht. Ich glaube auch nicht, dass es ein Zufall
ist, dass die beiden ermordet wurden. Doch ich habe Bentivoglio einen Eid auf
die Bibel geschworen, über den Inhalt des Gesprächs absolutes Stillschweigen zu
wahren. Außerdem würde es euch unnötig in Gefahr bringen. Ihr seht selbst, dass die vor nichts zurückschrecken.“
Dabei war ihm klar, dass Rabea nicht so leicht aufgeben würde und
wappnete sich innerlich bereits gegen ihre nächste Attacke.
Und richtig: „Lukas, seit deinem Schwur sind der Mann, der ihn
dich hat schwören lassen und eine unschuldige Frau ermordet worden und ich
denke kaum, dass dein Eid unter diesen Umständen noch Gültigkeit haben kann. Oder
meinst du, Bentivoglio hat damit gerechnet, so bald nach deinem Besuch das
Zeitliche zu segnen? Die Angelegenheit hat dadurch eine völlig neue Dynamik
gewonnen und sie ist noch nicht zu Ende. Willst du warten, bis noch jemand
ermordet wird?“
Nun mischte sich auch Lucie ein: „Rabea hat Recht, Lukas. Ich
spüre doch, wie sehr dir das Ganze zu schaffen macht. Schließlich, woher willst
du wissen, dass die Täter nicht längst glauben, dass wir über alles im Bilde
sind? Commissario Grassa jedenfalls war dieser Meinung“, argumentierte Lucie,
und kniete sich vor ihren Bruder. Sie nahm seine rechte Hand, drehte die
Handfläche nach oben und legte dann ihre Wange in einer anrührenden Geste der
Zuneigung hinein.
Lukas streichelte ihr zärtlich über den Kopf, aber sein Blick war
nach innen gerichtet. Bis jetzt hatte er die Ereignisse der vergangenen zwölf
Stunden beinahe als unwirklich empfunden. Fast schien sich sein Geist
absichtlich gegen die Realität der Gegenwart zu sperren und ihm vorzugaukeln,
er wäre ein Zuschauer, der von der Tribüne herab aus ein spannendes
Theaterstück verfolgte. Doch dies war kein Schauspiel bei dem am Schluss der
gnädige Vorhang fiel und alle Szenen bis zur nächsten Vorstellung ungeschehen
machen würde. Ungewollt war er als Hauptakteur inmitten einer schrecklichen
Realität erwacht, die aus Mord, Schuld und
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