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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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leer stand.”
    „Moment”, flüsterte Rhia Marek zu, „meint er, sie haben die Stadt in ihrer Einbildung gesehen?”
    „Nein.” Mit zusammengekniffenen Augen blickte er sie an. „Sie haben sie wirklich gesehen. Sie war da.”
    „Sie haben die Stadt nicht gebaut?”
    Jemand hinter ihnen brachte sie mit einem Zischen zum Schweigen. Sie presste die Lippen aufeinander und beugte sich vor, um Zilus weiter zuzuhören.
    „Die Fischer sind in die Stadt gerudert und eingetreten. Sie sind auf Straßen gewandelt, die mit festen Steinen gepflastert waren, und stellten sich vor, wie schnell ihre Karren auf solchen Pfaden rollen konnten. Sie sahen unglaublich große Häuser und stellten sich vor, wie schnell sie sie mit Kindern und Bediensteten füllen konnten. Und schließlich kamen sie an das größte Gebäude von allen. Wenn man in seiner Mitte stand, sah man die Wände nicht mehr, so groß war es.”
    Die Augen der jüngsten Kinder weiteten sich vor Staunen. „Und in diesem Gebäude”, sagte Zilus, „standen steinerne Statuen von Menschen – Männer und Frauen, jeder mit einer anderen Waffe. Ein Mann trug einen Speer, eine Frau Pfeil und Bogen. Ein Mann sah aus, als hielte er einen wirklichen Blitz in der Hand. Die Statuen hatten keine Sprünge, keine Flecken, nicht einmal Staub lag darauf. Es war, als wären die früheren Bewohner an gerade jenem Tag verschwunden.
    Die Fischer fielen auf die Knie und dankten den Statuen, die sie für Götter hielten, dafür, sie vor dem Sturm gerettet und in diese Stadt geführt zu haben.”
    „Haben die Götter geantwortet?”, fragte ein kleines Mäd-chen, das links neben Zilus saß.
    Er kniff sie in die Nase. „Nein, Dummchen, das waren nur Statuen. Aber die Fischer glaubten, es wären Götter. Sie glaubten es so fest, dass sie diese behauenen Steine kraft ihrer Gedanken zu Leben erweckten.”
    „Sie haben ein paar Statuen angebetet?”, spottete ein Junge. „Und was haben die Geister dazu gesagt?”
    „Nun, das ist der traurige Teil. Die Geister dieser Männer fühlten sich verlassen. Also haben sie ihre Magie zurückgezogen.” Zilus fuhr mit der Hand durch die Luft. „Das passiert, wenn wir sie nicht ehren. Die Geister gewähren uns ihre Gaben, und sie können sie uns auch wieder nehmen, wenn wir uns nicht würdig zeigen.” Er faltete die Hände. „Jetzt wollt ihr wahrscheinlich wissen, was mit den Fischern geschehen ist.”
    Alle nickten, obwohl die meisten das Ende der Geschichte kannten.
    „Sie kehrten nach Velekos zurück und berichteten allen, was sie gesehen hatten. Die Kunde verbreitete sich nach Asermos, Tiros, selbst nach Kalindos. Viele Menschen unseres Volkes wurden von der Verlockung eines einfacheren Lebens verführt, eines Lebens, das sich nicht nach dem Lauf der Jahreszeiten richtete, nicht danach, was sie für die Willkür der Geister hielten. Sie haben ihre Dörfer für diese leuchtende weiße Stadt im Süden verlassen, und als sie uns verließen, hat ihre Magie auch sie verlassen.
    Und bis zu diesem Tag tragen die Nachfahren, wie wir sie nennen, keine Magie in sich.”
    „Kommen sie je wieder zurück?”, fragte ein kleines Mädchen. Zilus schenkte ihr ein sehnsüchtiges Lächeln. „Nicht in Frieden, fürchte ich.” Er hob seinen leeren Meloxa-Becher. „Meine Kehle ist trocken. Danke für eure Aufmerksamkeit – und danke noch mehr, dass ihr meinen Becher wieder füllt.”
    Die Musiker wärmten sich auf, und die Menge strömte an einen freien Fleck, um zu tanzen.
    Rhia wandte sich zu Marek um und genoss seinen Anblick, solange sie noch konnte, denn die Sonne würde bald verschwinden. „In Asermos bringt man uns bei, dass die Nachfahren die weiße Stadt an der Küste nicht gefunden, sondern selbst errichtet haben. Und dass sie die Götter nach ihrem eigenen Bild schufen.”
    „Interessant.” Marek blickte ernst auf den Boden seines Bechers, was auch an einem Mangel an Meloxa liegen konnte. „Aber wie es auch gewesen sein mag, sie sind jetzt dort, und sie werden eines Tages Schwierigkeiten machen.”
    „Aber wenn sie die Stadt nicht gebaut haben, wer dann?” „Die Menschen vor dem Wiedererwachen natürlich.”
    Die Giraffe hatte Rhia von diesen Bewohnern erzählt. Es war schwer, an einem Geist zu zweifeln, aber die Lehren ihrer Kindheit blieben fest in ihr verwurzelt. „Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll.”
    „Dann solltest du, wenn du je einem der Nachfahren begegnest, fragen, welches die wahre Geschichte

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