die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
das Kind in Schwierigkeiten?”
„Ich hoffe, nicht.” Coranna zog ein Paar Hosen und Schuhe an. „Krähen begrüßen die Neugeborenen immer mit besonderen Gebeten und Ritualen.” Sie durchquerte den Raum und ging zu ihren Regalen und Töpfen. „Wo habe ich den Lavendel hingelegt?” Hektisch entkorkte sie mehrere Gefäße. „Krähe schenkt uns das Leben, und er nimmt es uns wieder. Das Schöne ist, dass wir sie zuerst in den Arm nehmen dürfen.”
„Wen?”
„Die Kinder. Es erinnert alle Anwesenden daran, dass jeder Augenblick unseres Lebens, selbst der erste, von Krähe gesegnet ist. Ah, hier ist der Lavendel. Bist du so weit?”
Rhia beeilte sich, ihr die Leiter hinab zu folgen. Sie sorgte sich um Thera und fragte sich, wie sie Skaris gegenübertreten sollten.
Nachdem sie den Waldboden erreicht hatten, sagte Coranna: „Außerdem, wenn etwas bei der Geburt schiefgeht, was der Himmel verhüten mag, sind wir da, um die andere Art Ubergang zwischen den Welten einfacher zu gestalten. Hast du je gesehen, wie ein Kind geboren wird?”
„Einige. Meine Mutter war Otter, und sie hat der Schildkrötenfrau manchmal bei den Geburten zur Seite gestanden.”
„Gut, dann kannst du helfen. Ich ertrage das ganze Blut nicht.”
Rhia stolperte fast über eine Wurzel. „Aber was ist mit den Menschen, die wir Krähe übergeben?”
„Das ist etwas anderes. Tote bluten nicht lang.” Aus dem Wald kam ein ohrenbetäubender Schrei. Coranna zuckte zusammen und legte sich eine Hand an die Schläfe. „Das dürfte Thera gewesen sein. Hoffe ich.”
Einige Männer hatten sich in der Nähe des niedrigen Baumhauses der Heilerin versammelt, zu dem eine kurze Treppe statt einer Leiter führte, um den Aufstieg für die Kranken und Schwachen zu erleichtern. Ein junger blonder Mann ging auf und ab und brachte nervös seine Fingerknöchel zum Knacken. Rhia nahm an, es handelte sich um den Vater. Bei jedem Schrei der in den Wehen liegenden Mutter zuckte er zusammen und sah aus, als wollte er davonlaufen.
Als sie das Haus betraten, ruhte Thera, die Falkenfrau, zwischen ihren Wehen auf einem niedrigen Hocker und lehnte sich gegen ihre Tante Kerza. Alanka ging auf der anderen Seite auf und ab und strahlte, als sie die Krähenfrauen sah.
„Ich habe euch Pfefferminztee gemacht”, sagte sie. Eilig trat sie an den Herd und goss zwei Becher voll bernsteinfarbenem Gebräu ein. Sie schien erleichtert, für einen Augenblick von der Geburt abgelenkt zu werden. „Ich habe noch nie gesehen, wie ein Kind geboren wird”, wandte sie sich leise an Rhia.
„Wie geht es Thera?”
„Sie ist wütend, traurig, glücklich, alles. Elora sagt, es geht schnell, besonders für ein erstes Kind. Ich stelle dich ihr vor.”
Als sie sich gegenüberstanden, lächelte Thera Rhia erschöpft zu, verzog dann jedoch das Gesicht vor Schmerz, als die nächste Wehe kam.
„Ich glaube, da ist es!”, sagte Elora. „Alanka, nimm ihren anderen Arm.”
Coranna bereitete auf einem niedrigen Tisch einige Kräuter vor und summte dabei leise vor sich hin. Nickend nahm sie den Tee entgegen, den Rhia ihr anbot. Als Thera einen weiteren entschlossenen Schmerzensschrei ausstieß, umklammerte Coranna den Becher so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
„Wann fangen wir an?”, fragte Rhia sie.
„Sobald mein Kopf aufhört zu hämmern.” Sie lächelte Rhia angespannt an. „Es sollte noch heute so weit sein.” Sie stellte den Becher zögernd ab und fasste dann eine Handvoll Lavendelblüten und deren Stängel in einem kleinen Bündel, so lang wie ihre Hand, zusammen.
„Ich kann den Kopf sehen!”, rief Elora.
Rhia widerstand der Versuchung, über ihre Schulter zu spähen, und hielt das Bündel zusammen, damit Coranna es binden konnte. Sie atmete ein und spürte, wie die Kräuter die angespannten Muskeln in ihren Schläfen lösten.
„Es ist keine Magie dabei”, sagte Coranna, „außer der, die Rabe uns gab, als sie den Lavendel schuf.” Sie nahm das Bündel und roch daran. Mit jedem Atemzug entspannte sie sich. „Manchmal hegt die größte Weisheit darin, zu wissen, wann Magie vollkommen unnötig ist.”
Der Gedanke tröstete Rhia, besonders weil ihre Magie nicht von der alltäglichen Sorte war.
Coranna zündete ein Ende des Bündels an und legte es in eine Lehmschüssel. Der Duft wurde von der Brise, die durch die zwei offenen Fenster wehte, im ganzen Raum verbreitet.
Theras Heulen wurde zu einem leiseren Wimmern. „Bitte lass es vorbei sein”,
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