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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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in einer fremden Sprache, die Rhia dennoch verstand. Die Schlange ruhte träge auf dem Findling, die grünen Schuppen leuchteten im Sonnenlicht.
    „Wegen meiner Weihung”, antwortete Rhia. Noch vor einem Tag wäre es ihr sehr seltsam vorgekommen, sich mit einer Schlange zu unterhalten, als hätten sie sich gerade angefreundet.
    „Das Wort kenne ich nicht: Weihung.”
    „Das ist, wenn man seine Gabe von seinem Schutzgeist erhält.”
    „Wie von einer Schlange?”
    „Es kann eine Schlange sein.” Rhia zögerte. „Bist du mein Schutzgeist? Galen hat gesagt, er ist das letzte Tier, das zu mir kommt, nicht das erste.”
    „Ich bin nicht daran interessiert, irgendetwas für irgend)emanden zu sein.” Schlange streckte sich und ließ den Schwanz über den Rand des Findlings hängen. „Also, warum bist du hier?”
    „Das habe ich gerade gesagt.”
    „Du hast gesagt, warum sie dich geschickt haben. Mir ist egal, was von dir erwartet wird. Sag mir: Warum. Bist. Du. Hier?”
    Sie dachte lange darüber nach. Jede mögliche Antwort würde eine weitere Frage aufwerfen. Sie wollte ihrem Volk helfen, aber warum? Um sich einzubringen, aber warum? Während Rhia über die Frage nachdachte, wurden ihr die Augenlider im warmen Sonnenlicht schwer. Im Halbschlaf kam sie auf die tiefsinnigste Antwort.
    „Um zu werden”, antwortete sie der Schlange.
    „Was zu werden?”
    „Ein Teil des Ganzen.”
    „Des ganzen was? Des ganzen Dorfes? Des ganzen Volkes?” „Des Ganzen.” Sie breitete die Arme aus. „Von allem.”
    „Verstehe.” Die Schlange schwieg einige Augenblicke, und Rhia lehnte sich zurück. Sie war erleichtert darüber, die richtige Antwort gegeben zu haben.
    Da richtete Schlange ihren Blick aus lidlosen Augen erneut auf sie. „Bist du nicht schon ein Teil des Ganzen?”
    „Ich ... ja. Das trifft auf alles zu, natürlich.”
    „Warum bist du dann hier?”
    Sie seufzte und sah sich um, als könnte die Antwort aus dem Waldboden springen. „Macht dir diese Fragerei Spaß?”
    „Ich stelle die Fragen.”
    „Warum?”
    „Darum.”
    „Wie soll ich dann etwas lernen?”
    „Ehe du etwas hinzufügst, musst du etwas abziehen.” „Was soll das wieder bedeuten?”
    Hätte eine Schlange Schultern gehabt, so hätte sie diese jetzt gezuckt. Die Schlange wandte sich von Rhia ab und legte den Kopf auf den Stein, als würde das Gespräch sie nur vom Sonnenbaden ablenken.
    Ehe du etwas hinzufügst, musst du etwas abziehen. Durfte sie sich auf zwei Tage und Nächte voller Rätsel freuen, oder würden die anderen Schutzgeister etwas entgegenkommender sein? Verglichen mit dem Ding, das sich ihr in der Nacht zuvor genähert hatte, war Schlange allerdings harmlos.
    Musste sie etwas von ihrem Wissen abziehen? Alles vergessen, was sie wusste?
    „Hallo”, sagte Schlange, nachdem sie sich ihr wieder zugewandt hatte.
    „Hallo”, antwortete Rhia.
    „Also, warum bist du hier?”
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht.”
    „Genau.” Die Schlange verschwand.
    Rhia blinzelte. Sie beugte sich über den Rand des Findlings, dann über die andere Seite, um zu sehen, ob Schlange hinunp>tergerutscht war. Der grüne Körper war zwischen den Piniennadeln und groben Steinen nirgends zu entdecken. Als sie sich wieder aufsetzte, entrang sich ein Schrei ihrer Kehle.
    Ein Monster sah auf den Findling herab.
    Allein seine Beine waren höher als der Findling, der fast so groß war wie Rhia. Sein Fell war blassbraun und unregelmäßig gefleckt. Die Flecken waren dunkelbraun und gingen teilweise ineinander über. Ein langer Schwanz strich über seine Flanken, fast wie bei einem Pferd. Tatsächlich hatte das Biest Ähnlichkeit mit einem Pferd, das in die Länge gezogen und entstellt worden war. Ein unwahrscheinlich langer Hals, noch länger als die Beine, endete in einem rehartigen Kopf, an dem zwei gerade Hörner steckten, wie bei einer Babyziege.
    Sie blickte der Kreatur ins Gesicht, und der zweite Schrei erstarb ihr in der Kehle, denn dunkle, freundliche Augen blickten zurück. Das Ding schien sie anzulächeln.
    „W...was bist du?”, fragte Rhia.
    „Ich bin der Beweis.” Es sprach in einer trällernden Tonlage, bei der jedes Wort am Ende zitterte.
    „Der Beweis für was?”
    „Für die Herrlichkeit der Schöpfung.”
    Dagegen konnte Rhia nichts einwenden. „Ich habe noch nie etwas wie dich gesehen.”
    „Und das wirst du auch nie. Meine Art lebt in einem Land, das ferner ist, als dein Volk jemals reisen wird. Es würde dir

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