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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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einen höheren Gelbanteil als auf den Fotos, die sie von Tau Ceti vor der Nova gesehen hatten. Die Sonnenröhre musste den Schubkiel umschließen, den sie in der Hangarbucht gesehen hatten - bis Tory sich sagte, dass es keinen Grund gab, weshalb eine künstliche Sonne nicht auch hohl sein sollte.
    Einen halben Kilometer unter der Sonnenröhre erstreckte sich das künstliche Terrain, mit dem die Innenwand des kilometerbreiten Zylinders ausgekleidet war, in alle Richtungen. Es gab zweifellos noch zahlreiche Decks unter dem »Ackerland«, und doch musste das Gesamtvolumen all dieser Decks nur einen geringen Prozentsatz der riesigen Höhle ausmachen, die das Habitat des Schiffs darstellte. Auf einem Planeten suchte das menschliche Auge die natürliche Begrenzung des Horizonts, damit das Gehirn in der Lage war, die Dinge ins rechte Verhältnis zu setzen. Hier gab es keinen Horizont - nur eine sanft ansteigende Landschaft, wo die Details mit der Entfernung immer kleiner wurden, bis sie schließlich vom Licht der Sonnenröhre verschluckt wurden.
    Tory hob den Blick und folgte der Sonnenröhre bis zu dem Punkt, wo sie nach ungefähr vier Kilometern im entgegengesetzten Verschlussdeckel verschwand. Zwei Flüsse entsprangen aus dem gegenüberliegenden Deckel direkt unterhalb der Sonnenröhre und stürzten dann in synchronen spiralförmigen Wasserfällen in die Tiefe, bis sie einen Viertelkilometer über dem Habitatboden in einer weißen Gischtwolke verschwanden. Aus dieser Gischt entsprangen wieder zwei Flüsse und mäanderten über die gewölbte Fläche der Zylinderwände, bis sie die volle Länge des Schiffs durchflossen hatten, und wurden dann wieder in Gegenrichtung umgelenkt. Tory folgte dem Verlauf des näheren Flusses, doch die Mündung verschwand in der Ferne. Vermutlich mündete der Fluss im entgegengesetzten Verschlussdeckel des Zylinders und wurde dann zur Drehachse zurückgepumpt, wo der lange Fall wieder von vorn begann.
    Vom Fluss richtete Tory ihre Aufmerksamkeit nun auf die Felder. Sie schaute auf eine Miniaturwelt mit akkuraten sechseckigen Feldern, in die sechseckig angelegte Dörfer eingestreut waren. Sie erinnerte sich an die sechs Finger an Faslorns Händen und lächelte. Die Phelaner hatten ein Fingerzählsystem wie die Menschen entwickelt; folglich verwendeten sie ein Zahlensystem auf der Basis Zwölf.
    Bei der Größe des Schiffs war es schwierig, alles auf einmal zu erfassen. Tory stellte aber fest, dass, wenn sie sich jeweils auf einen Punkt konzentrierte, sie Details mit einer immer kleineren Skalierung auszumachen vermochte. Sie konzentrierte sich für einen Moment auf eine Biegung des Flusses, die das gelbe Licht der Leuchtröhre reflektierte. Dann suchte sie einen größeren Bereich ab und richtete den Blick auf die Stelle direkt unterhalb ihres bisherigen Blickwinkels. So erspähte sie einen Pfad, der zwei Dörfer miteinander verband, die beide aus »Bienenkörben« in einer kontrastierenden Farbgebung bestanden. Auf halbem Weg zwischen den zwei Dörfern floss ein Bach, der von einer kleinen Brücke überspannt wurde, die auch in einen japanischen Ziergarten gepasst hätte.
    Dann sah sie, wie ein perspektivisch verkleinerter Fußgänger über die Brücke ging und zügig zum näher gelegenen Dorf marschierte. In ihrer natürlichen Schwerkraft hatten die Phelaner eine fließende und natürliche Gangart. Sie erinnerte sie an den Knöchelgang der großen Menschenaffen oder auch an einen Menschen, der besonders geübt im Umgang mit Krücken war. Aber kein Mensch hätte sich so schnell auf Krücken bewegt, wenn er noch eine solche Last in seinem Extrapaar Arme getragen hätte.
    Faslorn gab ihnen fast eine Minute, um die atemberaubende Schönheit dieses Anblicks auf sich wirken zu lassen, und sagte dann mit dröhnender Stimme: »Meine Damen und Herren von der Erde. Wir möchten Sie bei uns zu Hause willkommen heißen — in der Hoffnung, dass Sie sich dafür revanchieren mögen.«

12
    »Spektakulär«, sagte Kit Claridge voller Staunen, ohne den Blick von diesem Panorama zu wenden. »Ist das eine originalgetreue Nachbildung der Heimatwelt der Phelaner?«
    »Es ist eine idealisierte Interpretation. Unsere Vorfahren wollten zukünftige Generationen daran erinnern, was sie verloren hatten.«
    »Eine sensationelle Gedächtnisstütze«, sagte Garth.
    »Für diejenigen von uns, die an Bord dieses Schiffs geboren wurden, ist Phela nur eine Abfolge von Bildern in unseren Datenbanken. Das hier ...« Faslorn

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