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Die Sehnsucht der Falter

Die Sehnsucht der Falter

Titel: Die Sehnsucht der Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Klein
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zuweilen nicht ertragen. Sie kann sich nicht verzeihen, dass sie ihn nicht gerettet hat. Aber er wollte nicht gerettet werden. Jetzt bin ich diejenige, die sie braucht.
    Auf der Rückfahrt zur Schule kehrte das ängstliche Gefühl zurück wie eine Welle, die man erst bemerkt, wenn sie über einem zusammenschlägt und einen umwirft. Ich hatte es so eilig, in mein Zimmer zu kommen, zu meinem Tagebuch und alles zu prüfen. Es ist nichts geschehen, während ich weg war.
14. Dezember
    Ich wusste die ganze Zeit, dass so etwas passieren würde. Nur hatte ich es mir nicht so schlimm vorgestellt. Gestern ist Charley mit Kiki, Betsy und Carol weggegangen. Sie hängt mit allen herum, die Pot rauchen wollen. Sie kamen aus der Stadt und landeten irgendwie auf dem falschen Bahnhof. Sie mussten zur Schule zurück, und es fuhr kein Zug, weil Sonntag war, also beschlossen sie, sich ein Taxi zu teilen. Der Fahrer stieg kurz aus, um zu telefonieren, und da sind sie einfach weggefahren. Sie haben das Taxi geklaut! Ich habe keinen Schimmer, warum sie so was Dämliches getan haben, und das kann mir auch niemand sonst erklären. Wer ist gefahren? Wer hatte die Idee? Ich glaube, zuerst war es nur ein Witz, aber dann fuhren sie einfach weiter.
    Sie wurden verhaftet und am späten Abend in die Schule gebracht. Heute Morgen war keine von ihnen beim Frühstück.
Nach dem Abendessen
    Von Claire erfuhr ich nur Bruchstücke: Sie waren alle total stoned und fürchteten, der Fahrer könnte die Polizei rufen, weil sie so herumschrien. Und deshalb haben sie ein Taxi geklaut? Im Grunde weiß niemand, was passiert ist. Oder aber sie wollen es nicht sagen.
Nach Mitternacht
    Nachdem das Licht aus war, ging ich zu Dora. Charley war auch da. Wir mussten unheimlich vorsichtig sein, sonst hätten wir ernsthafte Schwierigkeiten bekommen. Charley ist davon überzeugt, dass sie diesmal fliegt, die anderen Mädchen aber nur suspendiert werden, weil sie Beziehungen haben. Sie sind alle reich, blond, aus bester Familie. Auch sieht es mit Charleys Noten nicht so toll aus, und sie hat dieses Jahr schon so viele Tadel und Strafen bekommen. Sie scheint sich nichts daraus zu machen. Sie sagt, sie sei das Internat ohnehin leid.
    »Ich will raus aus diesem Loch«, sagte sie. »Und ihr solltet das Gleiche tun.«
    Ich habe eine halbe Stunde mit ihr geredet und begreife noch immer nicht, was genau los war.
    Ernessa ist mit ihnen in die Stadt gefahren.
    Irgendwann nachmittags gab sie Charley eine Acid-Tablette. Sie sagte, sie habe nur genug für zwei. Charley hatte vorher noch nie Acid genommen. Als sie zum Bahnhof kamen, war sie total high.
    Charley sagte: »Die Fassade bewegte sich, sie pulsierte irgendwie vor und zurück. Feuerzungen kamen aus dem Dach, und die Säulen zuckten und wanden sich. Es war cool, aber auch unheimlich. Sie müssen mich praktisch in den Bahnhof und zum Zug getragen haben. Ich weiß noch, ich wollte da nicht rein.«
    »Was war mit Ernessa?«, fragte ich.
    »Ich glaube, sie ist mit uns ausgestiegen. Ganz bestimmt war es ihre Idee, das Taxi zu nehmen, damit wir nicht zu spät kommen. Sie sagte, sie hätte genügend Geld. Sie hat sogar das Taxi gerufen. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie dringesessen hat. Natürlich weiß ich nicht mehr alles. Ich weiß nur, dass ich immer weiter gefahren bin, als die Polizei uns anhalten wollte. Ich habe gelacht, und es war, als wären meine Hände mit dem Lenkrad verschmolzen.«
    Im Grunde ist Charley schon völlig durchgeknallt.
15. Dezember
    Betsy, Carol, Kiki und Charley sind zu Hause. Eine zusätzliche Ferienwoche. Sie wissen, dass ihre Eltern sie rauspauken. Um Charley tut es niemandem Leid. Alle geben ihr, dem Potkopp, die Schuld. Als sie nach einer sehr kurzen Verfolgungsjagd von der Polizei angehalten wurden, saß Charley am Steuer des Taxis. Jetzt behaupten sie, es sei von Anfang an ihre Idee gewesen. Zum Glück hatten sie kein Dope bei sich, denn sie wurden auf der Wache durchsucht. Sie hatten es im Park in der Stadt geraucht.
    Niemand wundert sich, wohin Ernessa verschwunden war.
    Ernessa war sogar pünktlich in der Schule. Dora hat die Liste der Eintragungen fürs Wochenende überprüft. Sie hat sich am Sonntag um Viertel vor sechs eingetragen. Miss Olivo schaut dabei immer auf die Uhr.
16. Dezember
    Gestern Abend hat Dora mich gebeten, nach dem Lichtaus schalten in ihr Zimmer zukommen. Sie hatte am Nachmittag versucht, Charley anzurufen, doch Charleys Mutter ließ sie nicht ans Telefon.
    »Ihre

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