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Die Sehnsucht der Konkubine

Die Sehnsucht der Konkubine

Titel: Die Sehnsucht der Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Furnivall
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aus ihr. Hätte sie sich nicht freuen, ja sogar beeindruckt zeigen können – und ganz gewiss doch dankbar dafür, dass er sie diesen Nachmittag mitnahm? Doch nein. Dickköpfig und maulfaul war sie. Ihre lohfarbenen Augen wichen ihm aus. Alles, was sie tat, war, starr aus dem Fenster zu schauen, als wollte sie sich den Weg einprägen. Vielleicht tat sie das ja auch. Und der Gedanke beunruhigte ihn.
    Oder war es Angst? Es überraschte ihn, dass er daran noch gar nicht gedacht hatte. Fürchtete seine Schwester sich etwa? Auf einmal durchströmte ihn trotz ihres störrischen Gehabes ein zärtliches Gefühl für sie, denn er wusste, dass Angst etwas war, das Lydia nie zugegeben hätte. Lieber hätte sie sich die Zunge abgebissen.
    »Lydia«, sagte er, weil er versuchen wollte, sie aus ihrer Isolation herauszureißen, »der Lastwagen hat die Gefangenen heute am frühen Morgen zu den Hangars gebracht. Er ist noch nicht zurückgekehrt, weshalb wir glauben, dass sich Jens genau in diesem Moment dort aufhält.«
    Sie blickte stirnrunzelnd zu Maxim. »Sind deine wory- Leute ihm gefolgt?«
    » Da , natürlich.«
    »Was, wenn sie entdeckt worden wären?«
    »Ha! Sie wurden nicht entdeckt.«
    »Aber wenn, dann würden dort Soldaten und die Polizei auf uns warten.«
    Er lachte, ein tiefes, amüsiertes Lachen, das die Kühle in dem Wagen etwas zu erwärmen schien. »Meine Männer sind wory . Die sind schwerer aufzuspüren als Schatten im Schnee. Kapiert?«
    Sie nickte. Doch Alexej war sich nicht sicher, ob sie wirklich verstanden hatte. Ihr war nicht klar, wie diese Männer funktionierten, oder dass sie außerhalb der normalen Grenzen der Gesellschaft agierten. Für sie waren es einfach nur Kriminelle. Es lag auf der Hand, dass sie ihnen nicht traute, doch zu seiner Überraschung hatte sie nicht darauf bestanden, auch diesen Trottel Popkow mitzunehmen. Wenn es darum ging, sich den Rücken freizuhalten, dann war es ausgerechnet dieser dreckige Kosak, auf den sie sich gerne verließ. Gott allein wusste, warum.
    »Heute wird nichts passieren«, rief er ihr ins Gedächtnis, denn er war sich durchaus dessen bewusst, wozu sie in der Lage war. »Wir fahren dort raus, um Beobachtungen anzustellen. Sonst nichts.«
    »Ich weiß.«
    »Also erwarte nicht zu viel.«
    »Ich erwarte gar nichts.«
    »Das ist schon mal ein guter Anfang«, kicherte Maxim.
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Landschaft draußen zu. Mittlerweile hatten sie die Straßen der Stadt hinter sich gelassen, waren vor einiger Zeit an der stinkenden Gummifabrik Roter Herkules vorbeigekommen und fuhren jetzt in nördlicher Richtung aus Moskau heraus. Immer wieder kamen sie an kleinen Weilern vorbei, die aus ein paar isbas, Bauernhäuschen, mit einer Kuh vor dem Haus und einem Gemüsegärtchen dahinter, bestanden und die Eintönigkeit der flachen Landschaft durchbrachen. Die Straße verlief schnurgerade wie ein Gefängnisgitter. In einem der Dörfer wuschen ein paar Frauen gerade ihre Bettlaken im Fluss und blickten einen Moment lang neugierig auf, doch ansonsten war da nichts, nicht einmal Verkehr auf den Straßen, nur der unregelmäßige Rand des Kiefernwaldes, der sich zu beiden Seiten am Horizont erstreckte.
    Das Auto blieb stehen.
    »Raus«, befahl Igor.
    Alle bis auf den Fahrer kletterten in die windgepeitschte Landschaft hinaus, und der Wagen bog von der verlassenen Straße auf ein Stück unbebautes Gelände ab, wo der Fahrer prompt damit begann, einen Reifen zu wechseln.
    »Und jetzt?«, wollte Maxim wissen.
    »Da drüben.« Alexej zeigte auf einen dunklen Umriss, der sich zwischen den Bäumen abzeichnete. Es war ein kleiner, abgedeckter Armeelastwagen.
    Er stand an einem Punkt, wo die Kiefern sehr nahe an die Straße heranwuchsen und ein kleiner Trampelpfad sich durch den dichten Bestand aus hohen, gertenschlanken Stämmen wand. Der Weg wurde offenbar häufig benutzt, denn schwere Räder hatten tiefe Furchen in die gefrorene Oberfläche gegraben.
    Maxim kniff die Augen zusammen, bis es nur noch schmale Schlitze waren. »Weiter fahre ich nicht.«
    Alexej nickte, legte dem älteren Mann eine Decke über die Schultern und stieg dann in das Fahrzeug der sowjetischen Armee, das er in der vergangenen Nacht gestohlen hatte. Er drehte den Zündschlüssel um, und schon beim ersten Versuch sprang der Motor an. Zufrieden trat er im Leerlauf aufs Gas, um ihn warm werden zu lassen.
    »Du kannst hier warten, wenn dir das lieber ist«, rief er Lydia zu.
    »Nein.«
    »Dann

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