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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Fortsetzung des Theaterstücks rief.
    Was würde geschehen, wenn Luise tatsächlich käme?
    Einerseits freute Paulina sich auf ein Wiedersehen mit der kleinen, lebhaften Prinzessin, andererseits fürchtete sie es auch. War sie nicht besser die ungekrönte Königin der biederen Crefelder Gesellschaft als eine unter ihrem Stand verheiratete Baroness mit zweifelhafter Vergangenheit am preußischen Hof?
    Langsam öffnete sich die Tür.
    Paulinas Herz begann wie wild zu klopfen.
    Ein engelsgleiches Wesen rauschte herein und erfüllte den kleinen Raum mit seiner Gegenwart: Luise, lebenslustige Spielkameradin aus Darmstädter Tagen, nun eine junge Frau in der Blütezeit ihres Lebens und Gemahlin des zukünftigen Königs von Preußen.
    Paulina sprang auf und versank in eine tiefe Referenz.
    «Ich bitte Sie, erheben Sie sich!», ertönte Luises wohlbekannte Stimme. Die Prinzessin nahm Paulinas Hände. «Ich freue mich so, Sie zu sehen!»
    «Die Freude ist ganz meinerseits, Hoheit», sagte Paulina überwältigt und richtete sich auf.
    Luises warmherzige Augen begegneten ihr. «Seien Sie nicht so schrecklich formell! Die Gräfin Voß wird schon nicht durchs Schlüsselloch äugen.» Sie zog sich einen zweiten Schemel heran. «Diese Etikette am preußischen Hof bringt mich noch um den Verstand! Nun muss ich mich schon heimlich in eine winzige Theatergarderobe zwängen, um eine Freundin zu treffen.»
    «Woher wussten Sie, dass ich in Berlin bin?», fragte Paulina.
    «Ich habe Sie erst heute Abend entdeckt.»
    «Sie haben mich unter all den Zuschauern bemerkt?»
    «Aber Madame! Sie sind eine der schönsten Frauen in diesem Theater! Es ist unmöglich, dass Sie nicht auffallen! Mein Gatte war es sogar, der auf Sie aufmerksam wurde – und das will etwas heißen. Er hat mich gefragt, ob ich dieses ausgesprochen gut aussehende Paar kennen würde, und dann entpuppte sich der weibliche Part zu meiner Überraschung als meine liebe Freundin aus längst vergangenen Darmstädter Tagen. Therese wird staunen, wenn ich ihr schreibe, dass ich Ihnen im Königlichen Nationaltheater zu Berlin begegnet bin.»
    Paulina beugte sich vor. «Wie geht es Therese? Hat sie … ich meine, nach dem Tod der kleinen Charlotte war sie so traurig …»
    «Ob sie ein weiteres Kind bekommen hat?», fragte Luise fröhlich. «Aber ja! Sie hat einen fast zweijährigen Sohn und ist außerdem schon wieder guter Hoffnung. Es geht ihr prächtig! Sie residiert wie eine Königin in ihrem neu gestalteten Palais in Frankfurt. Ihre Feste und Empfänge sind die prunkvollsten der ganzen Stadt.»
    «Richten Sie ihr bitte aus, dass ich den Brief, den sie mir vor etwa drei Jahren schrieb, erhalten habe. Ich bin froh, dass sie mir nicht mehr böse ist.»
    Luises Miene verdüsterte sich etwas. «Sie haben damals, als Sie so plötzlich aus Frankfurt abgereist sind, großen Aufruhr verursacht. Therese war zutiefst enttäuscht von Ihnen. Der Fürst von Thurn und Taxis tobte, dass Sie niemals wieder einen Fuß über seine Schwelle setzen dürften. Großmutter George verkündete, dass sie nun genug von Ihren kleinen Kabinettstückchen hätte. Und was Friederike und mich betrifft …», Luise machte einen Schmollmund, «… wir waren kreuzunglücklich, als wir zur Kaiserkrönung nach Frankfurt kamen und Sie nicht wie erwartet dort antrafen. Stimmt es eigentlich, dass Sie zu Ihrem Vater an den Niederrhein gefahren sind?»
    Paulina lächelte wehmütig. «Mir blieb nichts anderes übrig, Hoheit. Meine Geschichte ist leider nicht sehr rühmlich. Ich hatte alles verloren und musste mich weit unter meinem Stand verheiraten.»
    «Ja», seufzte Luise mit ehrlichem Bedauern. «Ich war sehr erstaunt, als die Gräfin Voß mir berichtete, dass Sie die Gattin eines Seidenfabrikanten seien. Sie war überzeugt, dass ich Sie verwechselt hätte. Aber ich hätte Sie unter Tausenden erkannt …» Wieder nahm sie Paulinas Hände. «Es ist so schön, Sie zu sehen. Wir müssen uns recht oft treffen.»
    «Ich weiß nicht, Hoheit, ob das eine gute Idee ist …»
    «Natürlich nicht bei Hof, Madame! Ich fürchte, dass ich Sie dort nicht empfangen kann. Sie sind durch Ihre Heirat wohl nicht mehr hoffähig. Aber es ist mir gleichgültig, ob Sie adelig sind oder nicht – ich werde mir nicht verbieten lassen, Sie zu treffen.»
    «Hoheit, mein Gatte und ich müssen bald wieder abreisen.»
    «Sie reisen schon ab?», rief Luise enttäuscht. «Fahren Sie etwa zurück nach Crefeld? Bleiben Sie doch lieber in

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