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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Rest musst
du selbst bewältigen. Das heißt, du musst dein Meisterstück vorweisen, wenn du deine Werkstätten behalten und mit Teppichen handeln willst.«
    »Ich weiß. Es ist fertig.«
    »Sehr gut! Dann fahre ich nach Lille, dort findet das nächste Treffen der Webergilde des Nordens statt. Ich werde mich mit den Richtern auseinandersetzen, die sich dir in den Weg stellen, und versuchen sie davon zu überzeugen, dass deine Arbeit gut ist.«
    Er erhob sich und ging im Zimmer auf und ab.
    »Dein Meisterstück ist also fertig. Hast du es denn bei dir?«
    »Mein Kutscher Leo wartet unten. Mein Teppich ist im Wagen. Beinahe hätte ich ihn auf der Reise nach Rom verloren.«
    Und sie erzählte ihm die Geschichte von dem Überfall auf dem Mont Cenis in den Alpen.
    »Da sieht man ja, dass du dich ständig vor Fallen hüten musst! Wer ist denn dieser André Mirepoix? Ich kenne einen Mirepoix aus Lyon. Er ist Seidenhändler. Früher, als ich noch im Val de Loire lebte, habe ich oft mit ihm zu tun gehabt.«
    »Dieser Mirepoix ist sein Vater.«
    »Das höre ich gern. Solche Freunde muss man haben. Und wie geht es Julio?«
    »Er hat nur einen Wunsch, nämlich Euch so bald wie möglich wiederzusehen.«
    Jean lächelte zufrieden und klingelte dann nach seinem Sekretär.
    »Ich würde dein Meisterstück gern sehen, Alix. Hast du etwas dagegen, wenn ich es holen lasse?«
    »Nein, ganz im Gegenteil.«
    Seine Augen funkelten noch genauso leidenschaftlich wie früher, und er hatte auch nicht zugenommen. Kardinal Jean de Villiers war noch immer eine imposante Erscheinung.

    Wenige Minuten später entrollte er den kleinen Teppich. Das Ensemble bestand aus drei historischen Motiven.
    »Ich kann sehr gut Jacquous Handschrift erkennen, die er von seiner Mutter Léonore geerbt hatte, die eine glühende Verehrerin von Blumen und Einhörnern war. Wie ich sehe, hast du aber noch Madonnen hinzugefügt.«
    Er trat etwas zurück, um die Arbeit von weitem zu betrachten. »Jacquou hat dir das Geheimnis der leuchtenden Farben verraten, habe ich recht?«
    »Ja.«
    »Sehr gut, wenn er das nicht gemacht hätte, hätte ich es gleich heute noch getan. Ich werde die Gutachter zwingen, deinen Teppich aus der Entfernung zu betrachten, damit jeder sehen kann, wie wunderbar die Farben leuchten, obwohl sie ohne Goldfaden gewebt sind. Sie werden sehr beeindruckt sein. Diesen wichtigen Punkt werde ich unbedingt ins Feld führen, umso mehr als ich sehr viel vom Weben mit Gold halte.«
    Er kam wieder näher und befühlte mit einem sorgfältig manikürten Finger vorsichtig die gewebte Struktur.
    »Ja, ich werde mich für die Farben verwenden, für die Qualität der Stiche und für die Harmonie des Ensembles. Leider kann ich nicht den Fürsprecher für das Thema machen, auch wenn ich es noch so gern täte, weil es Weltliches mit Geistlichem vermischt. Aber was soll’s!«, lachte er »bestimmt hast du Freunde in der Gilde, die das dann für mich erledigen werden. Ich werde mir jedenfalls einen oder zwei Verbündete suchen, die ich gut kenne und die mir nicht widersprechen können.«
    Er lächelte Alix an, fasste ihr Kinn und sah ihr in die Augen.
    »Mach dir keine Sorgen, Alix, du wirst in die Gilde aufgenommen, und wenn ich der einzige Prälat bin, der dich unterstützt. Leider finden sich nämlich viel zu wenige Geistliche, die die
Arbeit der Frauen verteidigen. Sie loben immer nur die braven Frauen am Herd.«
    »Das weiß ich.«
    »Sei dennoch unbesorgt, mein Einsatz für dich gewinnt so nur noch an Gewicht.«
    Wieder hatte er nach seinem treu ergebenen Sekretär gerufen, der ihn jedes Mal erneut höflich grüßte, und um ein Getränk aus Orangenblüten, Honig und Koriander gebeten. Sie nahmen einen Schluck, und er kam auf ein anderes Thema zu sprechen, das ihm auch sehr wichtig war.
    »Bist du zufrieden mit Julio?«
    »Ja, Jean, er ist ein großartiger Mensch.«
    Es schien ihn nicht zu stören, dass sie ihn Jean genannt hatte. Und da sie ungestört waren, fuhr sie auch mit dieser neuen, ungewohnten Vertraulichkeit fort.
    »Ich kann den Gedanken kaum ertragen, ich könnte ihn eines Tages verlieren, Jean. Einen Freund wie ihn würde ich wohl kaum wieder finden. Er ist einfühlsam, rücksichtsvoll, treu und klug. Ich glaube aber, dass ihm der Vatikan und ganz besonders Ihr manchmal sehr fehlen. Dann macht er so ein trauriges Gesicht und denkt voller Heimweh an Rom. Wird er denn hierbleiben?«
    »Das glaube ich kaum, weil ich ihm die Chance seines Lebens anbieten

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